Eindrücke vom BVT-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Roland Winkler
BVT-U-Ausschuss

„Direkte Einflussnahme“ nach Razzia

Am dritten Tag des BVT-Untersuchungsausschusses ist abermals die Razzia Ende Februar thematisiert worden. Die Behörde, die im Normalfall solche Hausdurchsuchungen durchführt, wurde dieses Mal nicht beauftragt. Nach der Razzia gab es aber Anrufe aus dem Innenressort.

Der Direktor des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK), Andreas Wieselthaler, schilderte am Dienstag vor dem Ausschuss, dass es nach den Hausdurchsuchungen im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Kontakt vom Innenministerium gegeben habe. Ein BAK-Mitarbeiter sei von Kabinettsmitarbeiter Udo Lett kontaktiert und gefragt worden, ob er als Ermittler für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zur Verfügung stehe, sagte Wieselthaler. Für gewöhnlich wird der Leiter selbst kontaktiert, nicht ein Mitarbeiter.

Eindrücke vom BVT-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Roland Winkler
Die SPÖ-Fraktion vor Beginn der Befragung von BAK-Chef Andreas Wieselthaler

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer fragte nach, wie oft es bisher vorgekommen sei, dass ein Kabinettsmitarbeiter von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) direkt einen Mitarbeiter des BAK anruft. Laut Wieselthaler nie: Es sei das erste Mal gewesen, dass es eine „direkte Einflussnahme“ auf einen Mitarbeiter gegeben habe. „Und wir haben dann gewusst: Wenn diese Tür aufgestoßen wird, dann ist sie immer offen“, sagte der BAK-Chef. Man habe versucht, das Innenressort schriftlich darauf hinzuweisen, dass das nicht der übliche Vorgang ist. Aber „gefruchtet“ habe es nicht.

BAK-Mitarbeiter: Anfrage von Lett

Stephanie Krisper, NEOS-Fraktionsvorsitzende, zitierte aus den Aufzeichnungen eines BAK-Mitarbeiters, dass dieser von Lett gefragt worden sei, ob er Teil eines Ermittlerteams zum BVT werden wolle. Daraufhin habe er gesagt, er wolle das lieber erst mit seinem Chef (Wieselthaler, Anm.) besprechen. Lett soll schließlich sinngemäß geantwortet haben: bitte davon Abstand nehmen. Eine interne Weisung im BAK, direkte Einflussnahme zu melden, musste laut Wieselthaler zurückgenommen werden. Der Generalsekretär des Innenministeriums, Peter Goldgruber, habe das verlangt, da nicht explizit angeführt worden sei, dass sie bei Gefahr in Verzug nicht gelte.

Neben der Einflussnahme wurde auch eine andere Flanke im U-Ausschuss aufgerissen. Für gewöhnlich führt das BAK Hausdurchsuchungen durch. Für jene Razzia im BVT und an vier Privatadressen wurde aber die Einsatzgruppen zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) unter Leitung des FPÖ-Gemeinderats Wolfgang Preiszler herangezogen. „Ich denke, dass die EGS auf die Umsetzung so einer Hausdurchsuchung nicht spezialisiert ist“, so Wieselthaler. Warum nicht das BAK die Razzia durchführte, „entzieht sich meiner Kenntnis“.

Eindrücke vom BVT-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Roland Winkler
Für BAK-Chef Wieselthaler war die EGS nicht auf die BVT-Razzia spezialisiert

Den Grund für die Nichtberücksichtigung erfuhr der BAK-Chef offenbar rund zwei Wochen nach den Hausdurchsuchungen. Am 15. März habe ein Gespräch mit einem WKStA-Staatsanwalt stattgefunden. Dort sei ihm gesagt worden, dass drei Mitarbeiter des BAK in dem anonymen Konvolut vorkommen, das seit Frühjahr 2017 in Umlauf und mit Vorwürfen gegen BVT-Bedienstete gespickt sei. Deshalb sei das BAK übergangen worden, sagte Wieselthaler, der den Vorwürfen in dem Konvolut nach eigenen Angaben aber wenig Wert beimisst.

Amtshilfeersuchen vor Razzia

Grundsätzlich hätte Wieselthaler keine Razzia durchgeführt. Auf die Frage, ob das BAK mit 35 Beamten in das BVT einmarschiert wäre – wie die EGS es getan hatte –, antwortete der BAK-Chef: „Warum? Im staatlichen Bereich schließe ich die Anwendung von Zwang zu 99 Prozent aus.“ Es soll nämlich zu keiner Situation kommen, wo einander „zwei bewaffnete Gruppen“ gegenüberstehen. Der BAK-Chef betonte, dass im staatlichen Bereich eine Amtshilfe, die zwingend ausgeführt werden muss, immer gegenüber Hausdurchsuchungen bevorzugt werden müsse.

Eindrücke vom BVT-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Roland Winkler
Die FPÖ-Fraktion gab sich vor der Befragung im BVT-U-Ausschuss geeint

Wieselthaler hätte auch deshalb eine Amtshilfe einer Razzia vorgezogen, weil das medial weit weniger hohe Wellen geschlagen hätte und der Imageschaden nicht so groß wäre. „Wir sind schon stolz darauf, dass unsere Hausdurchsuchungen kein mediales Echo hervorrufen“, so der BAK-Chef. Die FPÖ-Fraktion wollte noch wissen, ob man mit Amtshilfe besser bedient gewesen wäre als mit einer Razzia. Wieselthaler sagte dazu, dass das Amtshilfeersuchen nicht an ihn, sondern an die übergeordnete Weisungsebene gegangen wäre – also die Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis.

Überhaupt sei das BAK in die Ermittlungen gegen den Staatsschutz gar nicht involviert gewesen. Wieselthaler habe von der Razzia aber durch „Zufall“ noch am selben Tag erfahren. Denn BVT-Chef Peter Gridling sei wegen einer Einvernahme im BAK gewesen. Dieser wurde dann über die Hausdurchsuchung informiert, und die Einvernahme sei abgebrochen worden. Auf die Befragung Gridlings im BAK, das sich immerhin mit der Korruptionsbekämpfung beschäftigt, wollte der BAK-Chef nicht näher eingehen.

Schnelle Runde mit BVT-Sicherheitsbeauftragten

Ziemlich flott ging die Befragung der zweiten Auskunftsperson, des Sicherheitsbeauftragten im BVT, vonstatten. Der in dieser Position seit 15 Jahren tätige Thomas T. war zum Zeitpunkt der Razzia nicht in der „Kaserne“, wie er sagte. Er sei erst um etwa 13.00 Uhr eingetroffen und habe sich informieren lassen, was in seiner Abwesenheit passiert ist. Kontakt hatte der Zeuge nach eigenen Angaben nur zu Kollegen, nicht aber zu EGS-Polizisten.

Neue Erkenntnisse zur Hausdurchsuchung lieferte T. nicht. Der Fokus lag vielmehr darauf, wie sich das BVT künftig von einer Razzia schützen will. „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Sonst hätte ich keinen Job. Aber Spaß beiseite. Ich glaube, dass wir für die Zukunft Vorkehrungen getroffen haben“, so die Auskunftsperson. Künftig werde einiges anders laufen als am 28. Februar. So werde die Schlüsselkarte, die alle Türen im BVT öffnet, nicht aus der Hand gegeben, und der Vorgesetzt werde umgehend verständigt, so T. weiter.

Kurz flammte eine Diskussion auf, weil T. aus Sicherheitsgründen nicht auf alle Fragen der Fraktionen einging. Grundsätzlich geht es um die Gebäudesicherheit – etwa Videokameras –, zu der er nichts sagen dürfe. Nach einer Unterbrechung wurde die Befragung fortgeführt und binnen weniger Minuten beendet. Auch Verfahrensrichter Eduard Strauss verzichtete auf weitere Fragen. „Nein, danke“, sagte er.