Wolfgang Preiszler, Vizechef der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS)
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BVT-U-Ausschuss

„Unauffällig, geräuschlos, schnell – rein“

Neue Details zur umstrittenen Razzia im Staatsschutz: Einsatzleiter Wolfgang Preiszler schilderte am Mittwoch vor dem BVT-U-Ausschuss, wie seine Einheit in das Gebäude eindrang: „Unauffällig, geräuschlos, schnell – rein“, fasste er den Plan zusammen. Alles andere als eine „List“ sei aber nicht möglich gewesen.

Konkret hatte Preiszler vorgegeben, einen Gesprächstermin im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zu haben. Dafür hatten drei Polizisten der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) eine Krawatte getragen, „es war ein Termin“, so Preiszler, der die Razzia im BVT leitete. „Irgendetwas haben wir ja sagen müssen, dass wir reinkommen. Weil wenn eine Fernlöschung droht, müssen wir ja rein ins Gebäude.“

Danach seien die Beamten „reingegangen, schnell gegangen und haben die Polizeiüberziehwesten angezogen. Dann war den Kollegen vom BVT alles klar“, so Preiszler. Er sei davon ausgegangen, dass die BVT-Bediensteten bewaffnet seien. Aber es sei ruhig gewesen, keine Spur „von Sturmtrupp oder so etwas“. Mit Widerstand habe Preiszler aber ohnehin nicht gerechnet, weil es „Polizeikollegen sind“. In der Sicherheitszentrale habe er seine Visitenkarte herausgeholt und nach der Schlüsselkarte gefragt. „Bis dahin habe ich gar nicht gewusst, ob es diese Karte überhaupt gibt.“

Goldgruber lieferte Informationen zu BVT

„Spärliche“ Informationen über das BVT und „Sperrverhältnisse“ habe Preiszler, der auch FPÖ-Gemeinderat ist, einen Tag vor der Razzia von Peter Goldgruber, Generalsekretär im von der FPÖ geführten Innenministerium, erhalten. So etwa, dass man durch die mit zwei Personen besetzte Sicherheitszentrale muss, um in das Gebäude zu gelangen, und wo das Extremismusreferat ist. Woher Goldgruber dieses Hintergrundwissen über das BVT hatte, wisse er nicht. Preiszler selbst war nach eigenen Angaben vorher noch nie im Staatsschutz gewesen.

Wolfgang Preiszler, Vizechef der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS)
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Wolfgang Preiszler leitete die Razzia im BVT und stellte sich am Mittwoch den Fragen im U-Ausschuss

Ohne die Schlüsselkarte – von anderen Auskunftspersonen auch als Masterkeycard bezeichnet – wäre der Einsatz nicht möglich gewesen. Von einer Gewaltandrohung während der Razzia sei man aber weit entfernt gewesen. Als „hierarchisch übergeordneter Beamter“ habe er zwar gesagt, dass bei Widerstand „dienstrechtliche Konsequenzen“ drohen könnten. Aber das sei eine „kollegiale Serviceleistung von mir“ gewesen, „damit er (BVT-Mitarbeiter in der Sicherheitszentrale, Anm.) nichts zum Befürchten hat“, sagte Preiszler, gegen den wegen Verdachts auf Nötigung ermittelt wird.

Zur Vorbereitung der Razzia sagte Preiszler nicht mehr als seine EGS-Kollegen vor ihm. Vieles sei spontan passiert, ein paar Skizzen wurden nur angefertigt, insgesamt habe die Planung „schlicht und flott" stattgefunden. Zuvor sei er von Goldgruber am 21. Februar, also eine Woche vor der Razzia, angerufen und über einen möglichen Einsatz informiert worden, das Wort “Hausdurchsuchung“ sei nie gefallen. Inhalt des Gesprächs sei die Fragestellung gewesen, ob die EGS aus dem Stand heraus einsatzbereit sei.

Erste EGS-Razzia in einer Behörde

Erst am 26. Februar wurde ihm dann vom Goldgruber mitgeteilt, dass die Ehrung der EGS-Einheit, die am 27. Februar stattfinden hätte sollen, abgesagt wird und stattdessen eine Besprechung in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) stattfindet. Goldgruber habe ihn den anwesenden Staatsanwälten vorgestellt, mit Namen und Dienstgrad und wofür er zuständig sei. Ihm wurde erst dort mitgeteilt, dass man die WKStA bei einer Razzia im BVT unterstützen werde.

Doris Bures
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Doris Bures (SPÖ) leitete am Mittwoch wieder den Ausschuss, nachdem sie am Vortag vorzeitig die Hofburg verlassen hatte

Die EGS hat nach Angaben von Preiszler insgesamt etwas über 1.000 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Die Razzia im BVT war aber die erste in einer Behörde. Er wies auf Nachfrage etwas lakonisch darauf hin, dass er schon öfters etwas gemacht habe, was für ihn zunächst neu war. Die Zivilbeamten der EGS widmen sich üblicherweise der Straßenkriminalität. Da Mitarbeitern im Staatsschutz Amtsmissbrauch vorgeworfen wird, wäre das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) die zuständig Stelle gewesen.

Preiszler sei auf seine Frage, warum die EGS die WKStA unterstützen soll, mitgeteilt worden, dass es Vorwürfe gegen Mitarbeiter des BAK gebe. Diese könnten deshalb nicht herangezogen werden. „Ich habe nach der Besprechung (am 27. Februar, Anm.) die Kollegen versammelt und gesagt, dass es streng geheim ist“, sagte Preiszler. Dienstantritt sei am 28. Februar um 5.00 Uhr gewesen. Das Team, das die vier Privatadressen durchsuchte, sei früher angetreten. Diese hätten erst am Einsatztag die Adressen bekommen. „Normalerweise macht man zwei Tage vorher eine Meldeabfrage, schaut, wer sonst noch dort wohnt, ob es Waffen gibt. Das war alles nicht möglich.“

Interne Schulung vor U-Ausschuss

Grundsätzlich antwortete Preiszler kurz und knapp auf die Fragen. Die Razzia sei ein Auftrag gewesen, die Geheimhaltung habe er ernst genommen. „Einsatz ist ein Einsatz, Befehl ist ein Befehl, Weisung ist eine Weisung“, sagte er. Außerdem habe er jede Dokumentation nach der Razzia vernichten müssen, wenn sie nicht mehr gebraucht wird. Diesen Auftrag habe er abermals von Goldgruber erhalten. Auf die FPÖ-Frage, ob das normal sei, antwortete Preiszler: „Ja, klar, das ist normal, keine Schmierzettel herumliegen lassen, die man nach dem Einsatz nicht mehr braucht.“

Wolfgang Preiszler und Manfred Arbacher-Stöger
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Wolfgang Preiszler mit seiner Vertrauensperson, dem Anwalt Manfred Arbacher-Stöger

Thematisiert wurde auch ein mögliches Coaching von EGS-Beamten, die vor den U-Ausschuss geladen sind. Preiszler bestätigte die Schulung, die sein Kollege Gernot S. am Dienstag erwähnt hatte. „Ich habe dort gelernt, dass man ehrliche, korrekte Antworten gibt und gut auftritt“, sagte er. Die Schulung habe aber nicht in der Sicherheitsakademie (SIAK) stattgefunden, wie S. sagte, sondern in der EGS durch SIAK-Bedienstete. Man habe geübt, wie man vor der Kamera Fragen beantwortet. „Die Trainer waren Staatsanwalt, einer Richter, einer Zeuge.“

Übrigens wollte sich Preiszler zu Sitzungsbeginn generell der Aussage entschlagen, wurde aber darauf hingewiesen, dass das gemäß der Verfahrensordnung nicht möglich sei. Auch ein weiterer Punkt wurde geklärt, nämlich Preiszlers genaue Funktion in der Polizei. Er sei nicht der „Leiter“ der EGS: „Ich bin der stellvertretende Leiter Assistenzdienste im Landespolizeikommando Wien. Daher untersteht mir die EGS.“

EGS-Polizist vernahm „positives Feedback“

Nach Preiszler wurde der EGS-Abteilungsinspektor Werner K. befragt. Er selbst hatte nach eigenen Angaben den Auftrag, vor dem Eingang des BVT „als Delegation aufzutreten, um sich so Zutritt zu verschaffen“. Danach diente er als eine Art Schnittstelle zwischen den Gruppenleitern, die die Büros im Staatsschutz durchsuchten, und der zuständigen Staatsanwältin Ursula Schmudermayer. „Nach dem Zutritt kam kein konkreter Auftrag mehr. Alle wussten, dass ich mich in der Nähe der Staatsanwältin befunden habe“, so der Zeuge.

Auch er gab an, dass es eine Weisung von Goldgruber gab, nur Notwendiges vor und während der Razzia zu dokumentieren. Auch von der Staatsanwältin sei Ähnliches gesagt worden. „Ein Einsatzplan wurde nie verschriftlicht. Meine Notizen während der Hausdurchsuchung habe ich Frau Schmudermayer übergeben“, so K. vor dem Ausschuss. Die Vorwürfe, dass der Einsatz rüde gewesen sei, konnte K. nicht verstehen. Er habe „positives Feedback“ von BVT-Bediensteten erhalten, auch Kaffee sei ihm angeboten worden.

Peter Pilz
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Peter Pilz (Liste Pilz) wollte von der Auskunftsperson K. mehr über die Vorbereitung der Razzia im BVT wissen

Allerdings sei die Zeit für die Vorbereitung offenbar zu kurz gewesen. Der Fraktionsführer der Liste Pilz, Peter Pilz, fragte, ob eine seriöse Planung aufgrund des Zeitdrucks überhaupt möglich gewesen sei? „Mit der Kürze dieser Zeit war eine seriöse Vorbereitung …“, sagte der EGS-Zeuge und hielt dann inne. „Sagen Sie es schon“, sagte Pilz. K. sagte nach kurzem Zögern: „In der Kürze der Zeit war es nicht möglich, mehr zu tun, als wir tun konnten.“

EGS-Polizist mit BVT-Vergangenheit

Kurz und knapp beantwortete auch der dritte EGS-Beamte am Mittwochnachmittag die Fragen der Abgeordneten. Wolfgang R. war allen voran wegen seiner Aufgabe während der Razzia und seiner Vergangenheit von Interesse. Seit 2015 ist R. Polizist bei der EGS, von Juni 2017 bis Dezember 2017 war er allerdings auch im BVT tätig, konkret im Terrorismusreferat. Weil er sich also im Staatsschutz auskannte, wurde er am 27. Februar zur Besprechung hinzugezogen. Am 28. Februar gehörte er auch der „Delegation“ an, die sich Zutritt in die Sicherheitszentrale beschaffte.

Preiszler sagt als Zeuge aus

Mit Wolfgang Preiszler, EGS-Einsatzleiter, hat eine Schlüsselperson im BVT-U-Ausschuss ausgesagt. Er gibt an, dass er erst im letzten Moment informiert worden war.

Dort wurde ihm die Schlüsselkarte ausgehändigt, um die Büros, die durchsucht werden mussten, zu öffnen. „Ich weiß, wo sich die Abteilungen befinden, aber nicht, wo die Räume sind“, erklärte R. sein Hintergrundwissen. Auch BVT-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen hätten nämlich nicht überall Zutritt. Am Vorabend wurde aber „teilweise“ besprochen, welche BVT-Personen von der Razzia betroffen seien. „Ihre Räume, Datenträger, müssten durchsucht werden“, so R.

Überrascht war der EGS-Beamte, dass seine Einheit auch Datenträger sicherte. „Wir waren auf die Sicherstellung nicht vorbereitet. Dass wir sicherstellen, wurde vom BVT auch kritisiert“, sagte er. Aber wegen der Vielzahl an Unterlagen habe man „im Lauf des Tages die Anordnung“ dazu bekommen. Zuständig dafür waren eigentlich die anwesenden IT-Experten.