US-Capitol
Getty Images/Claire Gentile
Test für Trump

Parteien für Midterms aufgestellt

Die Vorwahlen in den USA sind geschlagen, und die Kandidaten für die Midterm-Wahlen im November stehen fest. Bei den Republikanern punkteten viele mit Trump-Nähe, bei den Demokraten setzte sich oftmals das Establishment durch. Zugleich sind so viele Frauen wie noch nie im Rennen. Bei den Zwischenwahlen werden nun die Weichen für die Zukunft der beiden Parteien gestellt.

Auf den ersten Blick scheint die demokratische Partei in Bewegung gekommen zu sein. Die 28-jährige Alexandria Ocasio-Cortez setzte sich gegen den langjährigen Amtsinhaber Joseph Crowley in New York durch. In Connecticut wurde die erste transsexuelle Frau für den Gouverneursposten nominiert. Erfolgreich war dort auch Jahana Hayes, die als erste schwarze Demokratin des US-Bundesstaates Connecticut in den Kongress einziehen könnte. Und mit Minnesotas Ilhan Omar und Michigans Rashida Tlaib könnten die ersten muslimischen Frauen in den US-Kongress gehen.

Dennoch behielt bei den Demokraten das Establishment die Oberhand: In New York setzte sich beispielsweise der amtierende Gouverneur Andrew Cuomo gegen die Schauspielerin Cynthia Nixon durch. Auch im Mittleren Westen, etwa in Ohio und in Michigan, treten mit Richard Cordray und Gretchen Whitmer traditionelle Demokraten bei den Midterms an. Moderat fielen mit Tony Evers und Tim Walz auch die Wahlen in Winsconsin und Minnesota aus.

US-Präsident Donald Trump
APA/AP/Alex Brandon
Das Rennen um Sitze im US-Kongress und im Senat wird vor allem auch eine Abstimmung zur Politik Trumps

Der Trump-Faktor

Ein gänzlich anderes Bild ergibt sich bei den „roten“ Republikanern, die sich einer Neuaufstellung unterzogen haben. Bei einigen Vorwahlen setzten sich die Kandidaten durch, die innerparteilich von Präsident Trump unterstützt wurden. In Arizona war mit Martha McSally eine von Trump unterstützte Anhängerin der Grand Old Party (GOP) erfolgreich. Im „Swing-State“ Florida setzte sich ebenso ein Trump-naher Republikaner durch – Ron DeSantis. Gleichzeitig zogen sich aber auch parteiinterne Trump-Kritiker wie die Senatoren Jeff Flake und Bob Corker zurück.

Die Midterms, oder Zwischenwahlen, im November gelten darüber hinaus als Stimmungsbarometer für den US-Präsidenten. Rund 90 Millionen Menschen in den USA werden ihre Stimme bei den Zwischenwahlen zum Abgeordnetenhaus und zum Senat abgeben. Sie stimmen dabei über alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus sowie über 35 der 100 Senatorinnen und Senatoren ab. Derzeit halten die Republikaner sowohl im Senat als auch im Kongress die Mehrheit – doch das könnte sich ändern.

Verluste bei Republikanern erwartet

Für eine Verschiebung der Gewalten sprechen eine Reihe von Faktoren – allen voran die Vergangenheit. Denn die Partei, die das Land regiert, verbucht bei den Zwischenwahlen in der Regel Verluste. „Es ist wohlbekannt, dass die Amtsinhaber bei den Midterms Sitze verlieren“, sagte auch James Campbell, Wahlforscher und Professor für Politische Wissenschaften an der Universität Buffalo gegenüber der dpa. Seit Anbruch des 20. Jahrhunderts hat die regierende Partei in 26 von 29 Wahlen zur Mitte der Amtsperiode des Präsidenten Sitze verloren.

Ähnliche Tendenzen belegen eine Reihe an Umfragen. Diese gehen davon aus, dass die demokratische Partei mehr als zwanzig Sitze im Kongress von den Republikanern zurückgewinnen könnte und sich somit nach Jahren möglicherweise wieder die Mehrheit im Repräsentantenhaus holt. Mit einem Sieg der Demokraten drohen dem Präsidenten aller Voraussicht nach auch neue Ermittlungen.

Für die Demokraten schwerer zu knacken ist allerdings der Senat, denn dort sind nur 35 Sitze neu zu vergeben – ganze 26 davon verteidigt die demokratische Partei. Für die Kontrolle über die US-Gesetzgebung sowie zur Einschränkung von Trumps Gestaltungsfreiheit wäre eine Mehrheit in beiden Häusern notwendig. Für ein oftmals diskutiertes Amtsenthebungsverfahren, ein Impeachment, des Präsidenten bedarf es überdies einer Zweidrittelmehrheit im Senat.

Grafik zu den Wahlen zum US-Senat und Repräsentantenhaus
Grafik: ORF.at; Quelle: theguardian.com

Sorge um Skandale und Enthüllungsbücher

Obendrein alarmieren die Republikaner auch die fallenden Zustimmungswerte Donald Trumps. Derzeit akzeptieren nur noch 38 Prozent der Bevölkerung dessen Politik. Gründe für die schwindende Akzeptanz gibt es viele: Einerseits herrscht in der Bevölkerung Beunruhigung rund um die Folgen des Handelskriegs mit China, andererseits schaden Enthüllungsbücher Trumps Image – von Pulitzer-Preisträger Bob Woodward, dem entlassenen Vizechef der Ermittlungsbehörde FBI, Andrew McCabe, sowie die erwarteten Memoiren der Pornodarstellerin Stormy Daniels.

Auch die Russland-Affäre, die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Trumps Supreme-Court-Kandidaten und der Skandal rund um die Schweigegeldzahlungen an ein „Playboy“-Model beschäftigen nach wie vor Politik sowie Medien. Doch gerade in der Ära Trump gelten Umfragen mehr als Momentaufnahmen denn als verlässliches Abbild der Meinungslage.

Nachdem über die Sommermonate und im Zuge der Vorwahlen immer wieder auch Berichte zu einer „Blue Wave“ – also einem überwältigenden Sieg der „blauen“ Demokraten – die Schlagzeilen machte, setzte Trump zum Gegenschlag an. Im August zeigte er sich über die vermeintliche Akzeptanz in der Bevölkerung erfreut und tweetete: „Eine starke Wirtschaft, Militär, einfach so ziemlich alles – Wir schreiben bessere Zahlen als Obama zum selben Zeitpunkt. Wir gewinnen an jeder Front und deshalb wird es keine blaue, sondern eine rote Welle geben.“

Die blaue und die rote Welle

Für große Überraschung sorgte schon bei den Vorwahlen die immense Wahlbeteiligung von demokratischen Anhängern. Anders als bei den Vorwahlen in den Jahren zuvor gingen wesentlich mehr von ihnen in die Wahllokale. Wesentlich zugenommen habe etwa die Beteiligung junger Erwachsener sowie der afroamerikanischen Bevölkerung, so der Fernsehsender NBC News.

An die Jungen wandte sich in den vergangenen Wochen auch Ex-Präsident Barack Obama, der mehrere Wahlkampfveranstaltungen besuchte: „Es gibt mittlerweile in eurer Generation mehr Wahlberechtigte als in jeder anderen Altersgruppe. Eure Generation hat mehr Macht als alle anderen, die Dinge zu verändern. Wenn ihr geglaubt habt, Wahlen ändern sowieso nichts, dann hoffe ich, die vergangenen beiden Jahre haben euch eines Besseren belehrt.“

Ex-US-Präsident Barack Obama
APA/AP/David Dermer
Ex-Präsident Barack Obama startete einen Mobilisierungsversuch der demokratischen Wählerschaft

„Wer Trump am meisten unterstützte, gewann“

Wenngleich bei den Vorwahlen einzelne linke Kandidaten wie die 28-jährige Alexandria Ocasio-Cortez in New York und Ayanna Pressley in Massachusetts gegen Parteigranden brillierten und von einem Parteibeben die Rede gewesen sei, habe das Establishment sich zu 97 Prozent der Fälle durchgesetzt, sagte der „New York Times“-Kolumnist David Brooks. „Es hat keinen Schwung nach links gegeben,“ so Brooks. Bestes Beispiel sei etwa die umstrittene, 78-jährige Nancy Pelosi, die noch einmal Vorsitzende des Repräsentantenhauses werden möchte.

Mehr Veränderung ortet der Kolumnist im Fernsehsender PBS bei den Republikanern. Die Vorwahlen hätten gezeigt, dass die Republikanische Partei jetzt Trump gehöre: „Wer Trump am meisten unterstützte, gewann. Republikaner, die ihn kritisierten, flogen raus. Die Republikaner sind jetzt eine Trump-Partei.“

Historisches Jahr für Frauen

Mit Spannung werden bei den Midterms auch die Ergebnisse der 257 Frauen, die sich im Rennen um Sitze im Kongress befinden, erwartet. Denn bei den Vorwahlen konnten sich so viele Kandidatinnen wie noch nie zuvor durchsetzen. Ihre Chancen bei den Midterms variieren laut Medienberichten, unter anderem vom Fernsehsender CNN und der „NYT“, teils stark. Die „NYT“ begründet den Rekordtriumph der Frauen auch damit, dass einige in Kongressbezirken gewinnen konnten, die als Territorium der republikanischen Partei gelten.

Grafik zu Kandidatinnen für den US-Kongress im Zeitvergleich
Grafik: ORF.at; Quelle: nytimes.com

Im Repräsentantenhaus werden derzeit 84 Sitze von Frauen besetzt. Der „NYT“ zufolge ist es auch möglich, dass die Anzahl der Frauen im Kongress sowie in den Gouverneursbüros beinahe unverändert bleibt. Bei den Vorwahlen konnten sich einer Umfrage des Center for American Women and Politics der Rutgers University außerdem mehr Demokratinnen (53 Prozent) als Republikanerinnen(44 Prozent) durchsetzen. Als Grund für die Erfolge der Frauen – gerade auf demokratischer Seite – werden immer wieder auch die Unzufriedenheit mit dem Präsidenten sowie die „#MeToo“-Debatte genannt.