Italienischer Polizist neben Zaun
APA/AFP/Alessandro Fucarini
Paket aus 42 Punkten

Italien verschärft Einwanderungspolitik

Die italienische Regierung hat am Montag eine deutliche Verschärfung des Einwanderungsrechts beschlossen. Mit dem Migrations- und Sicherheitspaket sollen laut Regierung der Kampf gegen Mafia, Terrorismus und illegale Migration verschärft werden. Das Paket ist ein Eckpfeiler im Programm der rechten Regierungspartei Lega.

Entworfen wurde er von Innenminister Matteo Salvini: Ziel des Maßnahmenkatalogs mit 42 Punkten sei eine effiziente Neustrukturierung des Systems zur Anerkennung des internationalen Schutzes, um es an die europäischen Standards anzupassen, erklärte Premier Giuseppe Conte am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Salvini in Rom.

Staatsbürgerschaften können aberkannt werden

Konkret soll das Einwanderungsrecht deutlich verschärft und die Ausweisung erleichtert werden. Mit dem Dekret könnten künftig Asylanträge ausgesetzt werden, wenn der Antragsteller als „sozial gefährlich“ eingestuft werde oder in erster Instanz verurteilt worden sei, sagte Salvini. Ausländer, die bereits die italienische Staatsbürgerschaft erhalten haben, sollen diese verlieren, wenn sie eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen.

Conte und Salvin
Reuters/Alessandro Bianchi
Conte und Salvini bei der gemeinsamen Pressekonferenz zum „Salvini-Dekret“

Asylanträge von Bewerbern, denen Drogenhandel oder Taschendiebstahl zur Last gelegt werde, würden abgelehnt. Das humanitäre Bleiberecht, die in den vergangenen Jahren rund ein Viertel der Asylwerber in Italien erhielten, soll künftig die Ausnahme sein. Das humanitäre Bleiberecht sollen nur noch Opfer schwerer Arbeitsausbeutung, Opfer von Menschenhändlern, von familiärer Gewalt sowie von Naturkatastrophen erhalten.

Auch Ausländer, die eine besondere medizinische Behandlung benötigen, sowie Geflüchtete, die sich mit Gesten von „zivilem Wert“ auszeichnen, sollen den internationalen Schutz erhalten, berichtete Salvini. Auch die Verteilung und Unterbringung von Asylbewerbern wird neu organisiert. Die meisten Asylbewerber sollen künftig in großen Auffangzentren untergebracht werden.

„Rechte der wahren Flüchtlinge verteidigen“

Lediglich unbegleitete Minderjährige und anerkannte Flüchtlinge werden nach dem Willen der Regierung weiterhin im Land verteilt, um ihre Integration zu erleichtern. „Wir wollen die Rechte der wahren Flüchtlinge verteidigen“, sagte Salvini. Conte meinte, niemand werde von heute auf morgen Menschen verjagen, doch Italien bemühe sich um ein effizienteres Rückführungssystem.

Bis Herbst soll ein weiteres Paket verabschiedet werden, um die Ausgaben für die Versorgung von Asylsuchenden zu kürzen, kündigte Salvini an. Damit sollen jährlich 1,5 Mrd. Euro gespart werden, die laut Salvini in den Sicherheitsbereich investiert werden sollen.

Deutlich weniger Flüchtlinge

Seit dem Amtsantritt der Regierung im Juni seien 7.000 Geflüchtete in Italien eingetroffen, im Vergleichszeitraum 2017 waren es 43.000 gewesen. „Das ist ein absolut positives Resultat“, meinte Salvini, der am Donnerstag eine Reise nach Tunesien plant. Danach werde er zusammen mit EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos nach Nigeria reisen.

Laut dem Regierungsdekret sollen außerdem der lokalen Polizei mehr Kompetenzen übertragen werden. Das Personal der nationalen Behörde, die konfisziertes Eigentum der Mafia verwaltet, wird aufgestockt. Die Strafen für Personen, die Wohnungen, Immobilien, oder Grundstücke illegal besetzen, werden verschärft.

Parlament muss Paket noch verabschieden

„Man muss den Mafiosi Villen, Geschäfte, Bankkonten und Unternehmen wegnehmen. Die Mafia ist überall. Das Einzige, was hilft, ist den Mafiosi das Geld und ihr Besitztum zu entziehen, das sie mit Waffen- und Drogenhandel angesammelt haben“, sagte Salvini.

„Wir haben einen Schritt nach vorn gemacht, um Italien sicherer zu gestalten, um die Schlepper, die Mafiosi zu bekämpfen und die illegale Einwanderung zu bekämpfen. Wir wollen auch den Sicherheitskräften mehr Kompetenzen geben“, so der Innenminister. Das Maßnahmenpaket wird jetzt dem Parlament vorgelegt, das es verabschieden muss. Änderungen zum Dekret sind im Parlament noch möglich.

Salvini will illegale Roma-Siedlungen schließen

Bis zum Ende der fünfjährigen Legislaturperiode will Salvini zudem alle illegalen Siedlungen schließen, in denen Angehörige der Minderheit der Roma leben. „Unser Ziel ist, null Roma-Siedlungen bis Ende der Legislaturperiode zu haben“, kündigte Salvini bei einer Pressekonferenz in Rom an.

Der Abriss der Roma-Siedlungen sei nicht Teil des Sicherheitspakets. „Ansonsten wäre ein Chaos ausgebrochen, doch wir halten an unserem Ziel fest“, sagte Salvini. Im Juni hatte der Innenminister bereits für massive internationale Kritik gesorgt, als er eine Zählung der in Italien lebenden Angehörigen der Minderheit ankündigte. Er wolle prüfen, wie viele Roma in Italien leben und unter welchen Umständen, sagte er.

Etwa 150.000 Roma leben in Italien

Im Juli war in Rom ein Camp mit mehreren hundert Angehörigen der Minderheit geräumt worden. In Italien leben rund 150.000 Roma, davon 30.000 in illegalen Behelfssiedlungen. 8.000 Roma leben in der Hauptstadt Rom, die Hälfte davon in Barackensiedlungen.

Menschenrechtsgruppen und kirchliche Organisationen fordern von der italienischen Regierung eine bessere Integrationspolitik für die Roma. Die katholische Kirche drängt auf sichere Unterkünfte, aber auch Bildungsmaßnahmen für Kinder der Minderheit. Zudem müsse den Bewohnern der an die Siedlungen grenzenden Stadtviertel die Angst vor den Roma genommen werden, indem man sie besser über das Leben der Minderheit informiert.