Streit über „Brexit“-Pläne – May will nicht nachgeben

Die britische Premierministerin Theresa May will trotz harter Kritik vonseiten der EU und aus den eigenen Reihen an ihren „Brexit“-Plänen festhalten. Das sagte der britische „Brexit“-Minister Dominic Raab gestern in einem Interview mit der BBC nach einer mehrstündigen Kabinettssitzung in London.

„Nerven bewahren“

„Die Premierministerin hat klargemacht, dass wir uns nicht aus der Ruhe bringen lassen, die Nerven bewahren und die EU hinsichtlich einiger ihrer Kritikpunkte unter Druck setzen“, sagte Raab.

Führende EU-Politiker hatten Mays Vorschläge für die künftigen Wirtschaftsbeziehungen Großbritanniens mit der EU auf dem Gipfel in Salzburg vergangene Woche in wesentlichen Punkten abgelehnt. May wertete das als Affront und verlangte in scharfen Worten mehr Respekt und neue Vorschläge aus Brüssel.

Auch in ihrer Partei rumort es. Eine Gruppe um den erzkonservativen Abgeordneten Jacob Rees-Mogg und Ex-„Brexit“-Minister David Davis stellte gestern eigene „Brexit“-Pläne vor.

Merkel für Trennung „in Freundschaft“

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sprach sich derweil für eine freundschaftliche Trennung aus. „Mir liegt sehr viel daran, dass wir das in Freundschaft machen“, sagte Merkel bei einer Bürgerfragestunde gestern in Hannover. In der Vergangenheit hätten viele britische Regierungen schlecht über Europa geredet, da müsse man sich nicht wundern, wenn eine entsprechende Stimmung in der Bevölkerung entstanden sei, so Merkel. „Immer wenn was nicht gut ist, dann sagt man: Das kommt von Brüssel. Das ist nicht redlich.“

Die „Brexit“-Verhandlungen stecken derzeit in einer Sackgasse. Sollte bis Ende März 2019 kein Abkommen stehen, droht Großbritannien ein chaotischer „Brexit“ mit schwerwiegenden Konsequenzen. London veröffentlichte gestern eine weitere Tranche an Dokumenten, die sich mit den möglichen Folgen eines „No Deal“-Ausscheidens (kein Abkommen) beschäftigen. Dabei gestand die Regierung unter anderem ein, dass es zu Ausfällen bei Flügen zwischen der EU und Großbritannien kommen könnte.

Labour hält Option auf zweites Referendum offen

Die Labour-Partei hält sich unterdessen die Option auf ein zweites Referendum über den EU-Austritt des Landes offen. Das berichteten britische Medien gestern nach einer Marathonsitzung von Delegierten am Labour-Parteitag in Liverpool. Die Hoffnung vieler EU-Befürworter bei Labour, eine zweite Volksabstimmung zum „Brexit“ könnte offizielle Parteilinie werden, wurde demnach aber enttäuscht.

Die Labour-Delegierten hatten sich den Berichten zufolge am Sonntag auf einen Resolutionstext geeinigt, der ein zweites „Brexit“-Referendum als Option „auf dem Tisch“ lässt, sollte sich eine Neuwahl als unmöglich erweisen. Abgestimmt werden soll darüber heute. Sowohl eine Neuwahl als auch ein zweites Referendum werden für möglich gehalten, wenn May mit einem „Brexit“-Abkommen im Parlament in London scheitert.