Screenshot der schwedischen Satiresendung
EBU
China und Schweden im Clinch

Comedyshow sorgt für diplomatischen Eklat

Der Grat zwischen Schmäh und Schmähung ist bekanntlich schmal. Doch als eine schwedische Comedyshow dramatische Szenen zwischen chinesischen Touristen und der Polizei aufs Korn nahm, war für China Schluss mit lustig. Die Lage eskalierte – und China fühlt sich von Schweden schwer beleidigt.

Alles begann Mitte September, als die schwedische Polizei eine Touristenfamilie eines Hotels in Stockholm verwies. Die Polizei habe eingreifen müssen, da sich ein chinesischer Mann und seine Eltern geweigert hätten, die Lobby zu verlassen, berichtete die BBC. Der Mann habe darauf bestanden, er habe ein Zimmer gebucht. Das sei aber nicht der Fall gewesen – der Mann sei 15 Stunden vor seiner Buchung im Hotel aufgetaucht, heißt es vonseiten des Hotelmanagements. Es sei kein Zimmer frei gewesen.

In mehreren Videos in Social Media, ist anschließend zu sehen, wie zwei Polizistinnen den Mann aus dem Hotel tragen und ihn auf der Straße absetzen. In einem Clip schreit ein Mann auf Englisch „Das ist Mord! Das ist Mord!“ („This is killing! This is killing!“). Anschließend lässt der Mann sich dramatisch auf den Gehsteig fallen. Eine Frau, offenbar die Mutter des Mannes, sitzt auf dem Asphalt, weint und ruft nach Hilfe. Zwei Polizistinnen stehen daneben, eine von ihnen versucht einzugreifen.

Erheiterung in Schweden

Schnell wurde der Clip auf YouTube und Co. geteilt, Millionen Menschen in Europa sahen die Videos. Die Schweden und Schwedinnen machten sich größtenteils lustig über die Szenen, manche kritisierten aber auch die schwedischen Polizeibeamtinnen, die ihrer Meinung nach mehr hätten tun können. Doch auch in China, in der eine scharfe Restriktion der Sozialen Netzwerke herrscht, fanden die Videos ihren Weg ins Internet. Die chinesischen User und Userinnen reagierten konträr: Sie zeigten sich schockiert über das Verhalten der schwedischen Polizei.

Zur diplomatischen Angelegenheit aber wurden die Videos, als sich schließlich die chinesische Botschaft einschaltete. Sie warf Schweden vor, die Polizei habe „die Menschenrechte chinesischer Bürger verletzt“ sowie deren „Leben gefährdet“, und forderte Sonderermittlungen. Diese lehnte Stockholm mit dem Verweis ab, es gebe „keinen Hinweis“ auf Fehlverhalten bei der Polizei. Daraufhin gab China eine Reisewarnung für Schweden heraus.

Rassismusvorwurf nach TV-Sendung

Noch bevor die allgemeine Aufregung abflachen konnte, nahm sie weiter an Fahrt auf – und zwar durch die schwedische Satiresendung „Svenkska Nyheter“. In einem Clip, der im schwedischen TV-Sender SVT lief, wurde der Vorfall aufgegriffen und satirisch beschrieben, wie chinesische Urlaubende ein Aufeinanderprallen der Kulturen verhindern können. Der Sprecher sagte etwa, Touristinnen und Touristen dürften nicht ihre Notdurft vor historischen Sehenswürdigkeiten verrichten – oder während des Essens.

„Wenn Sie eine Person auf der Straße sehen, die ihren Hund Gassi führt, heißt das nicht, dass sie gerade ihr Mittagessen holen“, sagt der Sprecher anschließend und bediente damit ein bekanntes Klischee der chinesischen Bevölkerung. Chinesische Reisende seien zwar willkommen, würden aber verprügelt, sollten sie sich nicht anständig zu benehmen wissen. Das Video wurde mit Untertiteln in Mandarin unterlegt. SVT verbreitete den Clip selbst auf Youku, dem chinesischen Äquivalent zu YouTube, und sorgte dort unmittelbar für heftige Reaktionen und Rassismusvorwürfe.

„Boykottiert Ikea, H&M und Volvo“

Unzählige Chinesen und Chinesinnen kritisierten die Sendung auch auf der chinesischen Social-Media-Plattform Sina Weibo, die mit Twitter zu vergleichen ist. Rasch entwickelte sich der Hashtag „#SwedishTVShowInsultsChinesePeople“, der ungefähr 34 Millionen Beiträge zur Folge hatte. „Das ist nicht zu verzeihen“, schrieb ein User an Schweden gerichtet. „Sie sollten sich entschuldigen.“ Ein anderer kritisierte die Untertitel: „Ganz offensichtlich wollten sie uns damit beleidigen“, so der Nutzer. Ein weiterer wiederum rief gar dazu auf, schwedische Marken zu boykottieren. „Ihr könnt Schweden entgegentreten, indem ihr es boykottiert. Reist nicht dorthin, boykottiert Ikea, H&M und Volvo.“

Auch die chinesische Regierung schaltete sich ein. „Dieses Programm beinhaltet ekelhafte Beleidigungen und bösartige Attacken gegen China und die chinesische Bevölkerung“, verlautbarte Geng Shuang, Sprecher des chinesischen Außenministeriums. „Wir verurteilen das zutiefst.“ Der Beitrag enthalte „Diskriminierung, Vorurteile und Provokationen“ gegen China und andere ethnische Gruppen, so Shuang weiter. Die Botschaft habe bereits Protest bei der Regierung eingelegt.

Satire – in China nicht ganz einfach

SVT verwies darauf, dass es sich offensichtlich um Satire handle, das aber womöglich nicht gut verständlich sei, wenn man kein Schwedisch spreche. Jedoch räumte Thomas Hall, Unterhaltungschef bei SVT, ein, das Video hätte nicht auf Youku gestellt werden sollen. „Das war ein Fehler, da der gesamte Inhalt unserer Botschaft und die Absicht somit verloren gegangen sind. Wir sehen, dass das als Beleidigung gesehen werden kann, und dafür entschuldigen wir uns.“

Es ist nicht das erste Mal, dass westliche Medien in China für Furore sorgen. So durfte etwa der Film „Christopher Robin“, der von der Geschichte Winnie Poohs handelt, in China nicht gezeigt werden, da in den letzten Jahren in Sozialen Netzwerken immer wieder Memes auftauchten, die Staatschef Xi Jinping dem tapsigen Bären gegenüberstellen. Die Userinnen und User trieben es sogar so weit, dass China Winnie Pooh komplett aus dem Internet verbannte.