Rettungskräfte versorgen eine verletzte Person
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Tsunami

Indonesien bittet um internationale Hilfe

Indonesien hat nach der Tsunami-Katastrophe um internationale Hilfe gebeten. Präsident Joko Widodo bat die Investitionsbehörde des 260-Millionen-Einwohner-Landes, die Hilfe zu koordinieren. Das teilte der Chef der Behörde, Thomas Lembong, am Montag in der Hauptstadt Jakarta mit.

Zuvor hatten schon zahlreiche Staaten und internationale Organisationen Hilfsangebote gemacht, auch die Europäische Union. Rettungskräfte versuchen vor allem, in die Region Donggala vorzudringen, zu der es bisher kaum Kontakt gab. Dort wird das Schlimmste befürchtet. Schon jetzt beziffert die Polizei laut Medien die Zahl der Toten mit über 1.200.

Das indonesische Nachrichtenportal Kumparan berichtete am späten Sonntagabend (Ortszeit) unter Berufung auf die nationale Polizei von mindestens 1.203 Toten. Offiziell gab es dafür zunächst keine Bestätigung. Die Katastrophenschutzbehörde sprach bisher von mindestens 832 Todesopfern auf der Insel Sulawesi. Die Regierung hatte jedoch schon die Befürchtung geäußert, dass die Zahl der Todesopfer durch die Flutwelle und die zwei vorhergehenden Erdbeben am Freitag in die Tausende geht.

Menschen warten auf Evakuierung
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Das Militär begann am Sonntag, Menschen von der Insel zu fliegen

Bilder der Zerstörung

Indonesische Rettungsteams brauchen aufgrund der stark beschädigten Infrastruktur teilweise mehrere Stunden, um ins Katastrophengebiet vorzudringen. Die Region wird weiterhin von Nachbeben erschüttert. Der Katastrophenschutz des Landes teilte am Sonntag mit, das betroffene Gebiet sei größer als anfangs vermutet. Viele Opfer seien noch unter eingestürzten Gebäuden begraben. Am Sonntag konnte eine Frau aus den Trümmern eines Hotels lebend geborgen werden.

Eingestürzte Brücke
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Eine völlig zerstörte Brücke

Mehr als 48 Stunden nach der Katastrophe gab es nur aus Palu, einer Stadt mit gut 350.000 Einwohnern, ein einigermaßen klares Bild – und das ist verheerend. Tausende Häuser wurden zerstört, darunter Spitäler, Einkaufszentren und Hotels.

Erste Plünderungen

In der Bevölkerung wuchs indes die Verzweiflung: „Wir haben nichts zu essen, nichts“, sagte ein Mann, der einen Supermarkt plünderte. „Die Situation zwingt uns dazu, das zu tun, wir brauchen alles“, berichtete ein Jugendlicher. Säckeweise trugen Menschen Lebensmittel aus Geschäften. Die Behörden kündigten an, die Inhaber zu entschädigen und Plünderer nicht zu bestrafen.

Menschen stehen Schlange für Hilfsgüter und Benzin
AP/Tatan Syuflana
Menschen nehmen in Palu Benzin aus einem Tankwagen und versuchen die Gegend zu verlassen

Viele Bewohner von Palu zimmerten sich notdürftige Unterkünfte oder schliefen aus Angst vor weiteren Beben im Freien. Vielerorts gab es keinen Strom. Auch Wasser und Benzin waren knapp. Das Mobilfunknetz war aufgrund zahlreicher zerstörter Masten massiv eingeschränkt.

Militär im Einsatz

Präsident Widodo entsandte mittlerweile Soldaten in die Krisenregion, die Rettungsmannschaften bei der Suche nach Überlebenden und der Bergung von Leichen helfen sollen. Der Flughafen von Palu war vorübergehend geschlossen, mittlerweile können aber Maschinen wieder landen und abheben.

Weitere Suche nach Überlebenden in Indonesien

Einsatzkräfte suchen auf der von einem Tsunami schwer verwüsteten indonesischen Insel Sulawesi weiterhin nach Überlebenden. Teile der Region sind nach wie vor nicht erreichbar.

Laut Katastrophenschutz gehen die meisten Toten auf das heftigere der beiden Erdbeben zurück, das mit einer Stärke von 7,4 am Freitagabend (Ortszeit) ganz Sulawesi erschütterte. Zuvor hatte es ein Beben der Stärke 5,9 gegeben. Das Zentrum des zweiten Erdbebens lag in rund zehn Kilometer Tiefe etwa 80 Kilometer nördlich von Palu.

Weiter kaum Informationen aus Krisenregion

Behörden und Einsatzkräfte ringen indes weiter darum, in das Katastrophengebiet zu kommen, um Menschenleben zu retten. Von der 300.000-Einwohner-Region Donggala, die ebenfalls vom Tsunami getroffen wurde, gibt es bisher kaum Informationen. Diese liegt näher am Epizentrum der Beben. Am Sonntag hatte es zunächst geheißen, Die Kommunikation nach Donggala sei „völlig unterbrochen“. Später konnten die Behörden erste Erkundungsflüge über das Gebiet machen. Offizielle Informationen, wie stark die Region getroffen wurde, gab es aber am Sonntag noch keine.

Keine Tsunami-Warnung für Bevölkerung

Der Tsunami traf die Menschen offenbar ohne Vorwarnung: Der Sprecher der Katastrophenschutzbehörde, Sutopo Nugroho, sagte: „Es gab keine Sirene. Viele Menschen waren sich der Gefahr nicht bewusst.“ Das nationale Zentrum für Meteorologie und Geophysik hatte zwar am Freitag eine Tsunami-Warnung ausgegeben, sie nach nur einer halben Stunde aber wieder aufgehoben – aus Sicht von Kritikern viel zu früh.

Das Warnsystem an sich habe funktioniert, sagte Josef Zens vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam. Eine Warnung für das Gebiet war Zens zufolge am Freitag bereits fünf Minuten nach dem Erdbeben im Lagezentrum des Tsunami-Frühwarnsystems eingetroffen. Das System habe eine Warnung für die Inselhauptstadt Palu vor einem Tsunami zwischen einem halben und drei Meter Höhe ausgegeben.

Zerstörte Moschee in Palu
APA/AFP/Adek Berry
Von den Wassermassen zerstörte Moschee in Palu

Der Tsunami habe dann nach 25 Minuten an der Insel Sulawesi die Küste getroffen. Die Vermutung sei also, dass „irgendetwas bei der menschlichen Übermittlung der Warnung vor Ort in Sulawesi nicht funktioniert hat“, sagte Zens der Zeitung.

Tote bei Beben im Sommer

Indonesien – mit mehr als 260 Millionen Einwohnern einer der bevölkerungsreichsten Staaten – liegt auf dem Pazifischen Feuerring, einer geologisch sehr aktiven Zone. Dort bebt die Erde immer wieder. Bei mehreren Erdstößen auf der bei Touristen beliebten Insel Lombok – der Nachbarinsel von Bali – kamen im Sommer mehr als 500 Menschen ums Leben. Auch Vulkanausbrüche sind in Indonesien keine Seltenheit.

Spendenaufruf von Hilfsorganisationen

Im Dezember 2004 löste ein Erdbeben nördlich der indonesischen Insel Sumatra einen Tsunami über weite Teile des Indischen Ozeans aus, bei dem in 13 Ländern rund 226.000 Menschen getötet wurden – mehr als 120.000 davon in Indonesien. Seit damals haben Hilfsorganisationen wie die Caritas ihre Kompetenzen und Kapazitäten in der Region ausgebaut. Spenden sind nach der aktuellen Katastrophe aber dringend erforderlich. Auch das Rote Kreuz in Österreich sowie World Vision riefen zu Spenden auf.

Von der Europäischen Union hieß es, man stehe an der Seite der indonesischen Menschen und Behörden und habe bereits Hilfe angeboten. Zudem sei der Copernicus-Dienst für Katastrophen- und Krisenmanagement (EMS) aktiviert worden. Es könnten auch Lagekarten erstellt werden, die ein detailliertes Ausmaß der Schäden zeigen.