Schiffe mit Containern im Hafen von Liberias Hauptstadt Monrovia
Reuters/James Giahyue
Tatsächlich weg?

Liberia rätselt über Container voller Banknoten

Im afrikanischen Liberia soll eine große Menge Banknoten verschwunden sein. Die Rede ist von ganzen „Containern“ voller frisch gedruckter Scheine. Wer hinter dem mutmaßlichen Diebstahl steckt, ist unklar, die frühere Präsidentin bestreitet, dass überhaupt Geld fehlt. Nun formiert sich eine Bewegung, die fordert: „Bringt uns unser Geld zurück!“

Die Summe, um die es in der Causa geht, soll beträchtlich sein. Die Rede ist von 16 Mrd. liberianischen Dollar (etwa 88 Mio. Euro). Der Betrag macht mehr als drei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung des westafrikanischen Landes, das jahrelang unter Warlords und Bürgerkrieg litt, aus. Wann das Geld wohin verschwunden sein soll, ist nicht bekannt und wird derzeit untersucht.

In unterschiedlichen Medienberichten der letzten Tage war jedenfalls die Rede von Schiffscontainern bzw. Säcken voll mit Banknoten, die in Schweden gedruckt und per Schiff nach Liberia gebracht worden seien. Eine Vermutung laute, dass das Geld nie in der Hauptstadt Monrovia ankam, eine andere, dass es zwar ankam, das aber nie offiziell registriert wurde.

Für Ex-Präsidentin gibt es keinen Fall

Der liberianische „Daily Observer“ zitierte Justizminister Frank Musa Dean letzte Woche mit den Worten, die Behörden seien nie über die Lieferung informiert worden. Ellen Johnson Sirleaf, Friedensnobelpreisträgerin und bis Anfang des Jahres Präsidentin Liberias, bestritt, dass es überhaupt einen Diebstahl gibt. Eine „klare Lüge“, zitierte sie das Blatt: „Es gibt kein verschwundenes Geld.“ Beamte ihrer Regierung und einer ihrer Söhne stünden im Verdacht, irgendetwas mit der Causa zu tun zu haben.

Ziemlich vage Anhaltspunkte

Das Geld sei irgendwann zwischen November 2017 (als Sirleaf noch Präsidentin war) und letztem August abhandengekommen, heißt es in Berichten dazu. Staatsoberhaupt ist seit Jänner der frühere Fußballstar George Weah. Die frühere Staatschefin meint, dass die Zentralbank den mutmaßlichen Diebstahl untersucht und herausgefunden habe, dass kein Geld fehle.

Mehr noch: Es gebe sogar einen Bericht dazu, auf dem die Notenbank Central Bank of Liberia (CBL) „sitzt“, sagte sie dem „Observer“ und warnte, dass der gute Ruf des Landes auf dem Spiel stehe. „Wissen die, was das Bruttoinlandsprodukt des Landes ist?“ Das Land hat etwa vier Mio. Einwohnerinnen und Einwohner, grob die Hälfte der österreichischen Bevölkerung, seine Wirtschaftsleistung beträgt mit nicht einmal drei Mrd. Euro weniger als ein Prozent der heimischen. Weahs Versprechen, mit der Korruption im Land aufzuräumen, sei noch weit entfernt von der Erfüllung, hieß es in einem Kommentar.

Liberianer wollen Geld wiedersehen

Auch die aktuelle Regierung ist sich in der Frage, ob tatsächlich Geld gestohlen wurde, nicht einig. Finanzminister Samuel D. Tweh sagte, es fehle kein Geld, niemand suche nach irgendwelchen Milliarden. Trotzdem beschäftige der angebliche Diebstahl der „astronomischen“ Summe die Menschen und Medien im Land, seit er bekannt wurde. Eine Kampagne, die immer mehr Zulauf erhält, fordert: Geld zurück. Tausende Menschen gehen mittlerweile dafür auf die Straße, Werbung dafür machen sie auf Twitter unter dem Hashtag „#BringBackOurMoney“ (Bringt uns unser Geld zurück).

Demonstranten it Schild „Bring back our Money“ in Monrovia
Reuters/Derrick Snyder
Die Forderung lautet: „Bringt uns unser Geld zurück“

Afrikanische Medien berichteten von zahlreichen Haftbefehlen, darunter auch für Charles Sirleaf, einen Sohn der früheren Präsidentin, und den ehemaligen Gouverneur der CBL. Sirleaf bleibt dabei: Es gebe klare Aufzeichnungen und keinen Diebstahl. Ob es den nun tatsächlich gibt oder nicht, Präsident Weah hat die Causa jedenfalls die erste politische Krise beschert. Für Ärger in der Bevölkerung sorge insbesondere auch, dass die Regierung dazu unterschiedliche Angaben macht.

Staatschef hofft auf „logische Erklärung“

Weah wandte sich zuletzt mit einem Aufruf an die Bevölkerung mit der Bitte um Geduld. Personen, die an der Untersuchung beteiligt sind, ersuchte er um Kooperation. Er sei sicher, am Ende werde es eine „logische Erklärung“ geben. Sollte sich tatsächlich jemand etwas zuschulden kommen haben lassen, werde die oder der bestraft werden. Er sehe sein Mandat als eines dafür, die Korruption im öffentlichen Bereich zu „beenden“. Und dieser Aufgabe widme er sich voll und ganz, versprach Weah, 1995 Weltfußballer des Jahres, der bei AS Monaco, Paris Saint-Germain und AC Milan spielte.

Liberias Präsident George Weah bei einer Rede im UN-Hauptquartier in New York
Reuters/Carlo Allegri
Für Präsident und Ex-Fußballstar Weah (im Bild während einer Rede vor der UNO 2017) ist der Fall die erste Belastungsprobe

Weah, geboren 1966 und als Fußballer ein Volksheld in seinem Land, gründete 2005 eine eigene Partei, unterlag aber damals bei der Präsidentschaftswahl Sirleaf, die später, 2011, für ihren Kampf für die Frauenrechte den Friedensnobelpreis erhielt. 2017 gewann Weah die Wahl. Vor Sirleaf, der ersten Präsidentin des westafrikanischen Landes (und Interimsstaatschef Moses Blah), war Charles Taylor, berüchtigter Warlord aus dem liberianischen Bürgerkrieg, Staatschef gewesen. Er wurde 2012 wegen Kriegsverbrechen vor einem internationalen Gericht zu 50 Jahren Haft verurteilt. Taylor hatte unter anderem jahrelang im Konflikt im benachbarten Sierra Leone mitgemischt und sich laut Anklage mit „Blutdiamanten“ bezahlen lassen.