Maßnahmenvollzug: „Dramatischer Reformbedarf“

Überprüfbare Therapiekonzepte, eine Patientenvertretung für Betroffene, Mindeststandards bei psychiatrischen Gutachten und die Beseitigung von groben Mängeln in der Nachbetreuung hat die „Plattform Maßnahmenvollzug“ bei einer Pressekonferenz in Wien gefordert. „Grundsätzlich müssen sich die Einweisungsvoraussetzungen für den Maßnahmenvollzug ändern“, sagte Obmann Markus Drechsler.

Mit Stichtag 1. Juni wurden österreichweit 996 straffällig gewordene Personen vorläufig angehalten bzw. waren im Maßnahmenvollzug untergebracht, weil sie entweder als zurechnungsunfähig oder aufgrund ihrer geistig-seelischen Verfassung als gefährlich eingestuft wurden.

Am 1. September waren es bereits 1.011. Dass sich darunter auch Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 21 befinden, kritisierte Katharina Beclin vom Institut für Strafrecht und Kriminologie scharf. Nicht Volljährige hätten im Maßnahmenvollzug nichts verloren.

Die Leiterin der Drogenambulanz am Wiener AKH, Gabriele Fischer, bezeichnete es als „Skandal“, dass junge, in den Maßnahmenvollzug eingewiesene Patienten und Patientinnen mitunter in Alters- oder Pflegeheimen „geparkt“ werden, so Fischer. Weil Nachbetreuungseinrichtungen fehlen, werde in etlichen Fällen die bedingte Entlassung aus der Maßnahme nicht vorgenommen, obwohl an sich die dafür vorgesehenen Voraussetzungen längst vorlägen. Hinsichtlich der Nachsorge gebe das Justizministerium „nicht wenig Geld aus, aber es gibt eine Fehlsteuerung“, sagte Fischer, die insgesamt einen „dramatischen Reformbedarf“ ortete.