Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) neben einem Tempo-140-Schild
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„Gegen Verbote“

Hofer hält an Tempo 140 fest

Ungeachtet der am Montag kolportierten Empfehlung vom Umweltbundesamt hält Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) wenig von einem flächendeckenden Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf Österreichs Autobahnen. Ganz in diesem Sinn verteidigt Hofer auch den Tempo-140-Testlauf auf der Westautobahn in Nieder- und Oberösterreich.

Der auf ein Jahr ausgelegte Testlauf auf den zwei Autobahnabschnitten werde demnach auch weiterlaufen, teilte Hofer am Montag in einer Aussendung mit, in der er sich „für Anreize und gegen Verbote“ aussprach. Mit einem Verweis auf die bisher „durchaus positiven“ Rückmeldungen lieferte Hofer dabei auch ein weiteres Indiz dafür, dass Tempo 140 nach dem Testjahr nicht vom Tisch sein dürfte.

Dem Verkehrsminister zufolge werde man sich die Ergebnisse zwar „genau ansehen“. Hofer deutete laut Medienberichten aber bereits Mitte September an, dass Tempo 140 auf rund zwei Dritteln von Österreichs Autobahnen kommen könnte. „Ich glaube, dass unsere Autobahnen 140 km/h vertragen – nicht überall, aber auf weiten Strecken“, wurde Hofer damals etwa von der „Presse“ zitiert. „Wo es nicht geht, werden wir das mit Verkehrsbeeinflussungsanlagen eben herunterregeln“, sagte Hofer zudem laut „Österreich“.

Grafik zeigt die beiden Tempo-140-Teststrecken
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/ASFINAG

Experten empfehlen Tempo 100

Für ein von Expertenseite empfohlenes Tempolimit von 100 km/h auf allen Schnellstraßen und Autobahnen, von dem der „Standard“ mit Verweis auf ein vom Verkehrsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten berichtet, gibt es der Zeitung zufolge indes auch kaum Rückhalt innerhalb der Bevölkerung. Laut einer repräsentativen Umfrage vom Meinungsforschungsinstitut GfK sprechen sich lediglich acht Prozent für Maßnahmen wie diese aus – wobei laut „Standard“ „39 Prozent strikt dagegen sind und weitere 28 Prozent die Maßnahmen ablehnen oder zumindest kritisch sehen“.

Das Umweltbundesamt (UBA) ließ sich dennoch nicht davon abhalten, im „Sachstandsbericht Mobilität“ eine klare Empfehlung für die offensichtlich unpopuläre Maßnahme auszusprechen. Den „Standard“-Angaben zufolge habe das Verkehrsministerium vom UBA „durchrechnen lassen“, mit welchen Maßnahmen die im Pariser Klimaabkommen gesteckten Ziele und damit eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 36 Prozent bis 2030 auch erreicht werden können. Unter dem Punkt „Maßnahmen Personenverkehr“ werde dabei eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h empfohlen. Eine Ausnahme solle es nur noch für „Zero Emission Vehicles“ – Elektroautos – geben, die auch weiterhin 130 km/h fahren dürften.

Warten auf Veröffentlichung

Mit welchen konkreten Maßnahmen Österreich die Klimaschutzziele bis 2030 erreichen will, dürfte spätestens am Ende des Jahres feststehen – bis dahin müssen die Pläne der EU vorgelegt werden. Der „Sachstandsbericht Mobilität“ soll als Diskussionsgrundlage dienen und beinhaltet 50 Einzelmaßnahmen. Dass bei vielen der Fokus auf dem Straßenverkehr liegt, hängt damit zusammen, dass der Verkehr mit 45 Prozent in Österreich der größte Verursacher von Treibhausgasen ist.

Um hier Reduktionen zu erzielen, hat das UBA den Sachstandsbericht „bewusst so ausgelegt, dass alle möglichen Maßnahmen enthalten sind“, sagte dessen Verkehrsexperte Günther Lichtblau im Gespräch mit der APA. Der Bericht enthalte alle Maßnahmen, die beim Verkehrsministerium liegen, und soll als „wissenschaftliche Grundlage“ dienen und voraussichtlich Mitte Oktober publik werden.

Hofer setzt auf „Schaffung von Anreizen“

Hofer verweist in diesem Zusammenhang auf die bereits im April vorgestellte Klima- und Energiestrategie „#mission2030“, in die auch das UBA eingebunden sei. Mit Blick auf den nun vom UBA erarbeiteten Maßnahmenkatalog „war und ist es“ das Ziel, „aus den 50 Maßnahmen einzelne herauszunehmen, um die Klimaziele zu erreichen“. Der Weg dorthin führe Hofer zufolge „über die Schaffung von Anreizen und nicht über Verbote“.

„Wir investieren 13,9 Mrd. Euro für den Ausbau der Infrastruktur der Schiene, dazu kommen 750 Mio. Euro zusätzlich für die Förderung des Schienen-Personenverkehrs und weitere 100 Mio. Euro für die Förderung des Güter-Schienenverkehrs“, so Hofer. Dazu komme ab 2020 dann auch eine „Nahverkehrsmilliarde“, mit der „dekarbonisierte Projekte zur Entlastung des motorisierten Individualverkehrs in den Städten“ finanziert werden sollen.

Laut einem Sprecher des Verkehrsministeriums gehe es hier unter anderem darum, „dass Straßenbahnen dann über die Stadtgrenze führen, um so Staus zu vermeiden“ und neue Konzepte für Park-&-Ride-Anlagen. Festhalten wolle die Regierung auch an der „E-Mobilitätsoffensive“, womit etwa auch der Ankauf eines E-Autos weiter mit einer Prämie des Bundes gefördert werden solle.

Ein Tempo-100-Schild mit dem Zusatz „IG-L“
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Bereits jetzt gilt auf vielen Autobahnabschnitten ein Tempo-100-Limit

„Ohne Vorarbeiten und lange Vorlaufzeit“

Unterdessen liegen dem „Standard“ zufolge aber auch die Vorzüge der diametral zu Hofers Tempo-140-Plänen stehenden Tempo-100-Maßnahmen auf der Hand: „Ohne Vorarbeiten, ohne lange Vorlaufzeit“ könnten mit dieser Maßnahme 450.000 Tonnen Treibhausgas pro Jahr eingespart werden. Kritik an Tempo 140 kam zuvor auch vom Verkehrsklub Österreich (VCÖ). Mit Blick auf die von der Regierung beschlossenen Klimaziele brauche Österreich „genau das Gegenteil“, so VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen.

Bei einer Geschwindigkeit von 140 km/h sei der CO2-Ausstoß um rund zehn Prozent höher als bei 130 km/h. Zudem würden rund 16 Prozent mehr gesundheitsschädliche Stickoxide ausgestoßen. Eine weitere Folge des höheren Tempos ist laut Rasmussen ein erhöhter Spritverbrauch, denn „wer schneller fährt, muss häufiger tanken“. Das betrifft laut VCÖ auch Elektroautos, deren Reichweite bei höheren Geschwindigkeiten sinke.

Ruf nach Aus von Verbrennungsmotoren

„Anstatt mit Tempo 140 das Klima weiter aufzuheizen, muss der Minister das Aus für den Verbrennungsmotor fixieren“, hieß es indes von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Laut einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) seien die Pariser Klimaschutzziele in Europa durchaus erreichbar, dafür dürften allerdings nach 2028 keine Autos mit Verbrennungsmotoren verkauft werden.

Parkplatz der Shopping City Süd (SCS) in Vösendorf
APA/Herbert Pfarrhofer
In Summe schlägt das Umweltbundesamt 50 Maßnahmen vor. Diese umfassen auch die Raumplanung.

Erklärtes Ziel ist es der Studie zufolge, die Anzahl an Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren in der EU bis zum Jahr 2035 um 80 Prozent zu reduzieren. Anfang der 2040er Jahre sollten die Straßen schließlich gänzlich frei von Diesel-Pkws, Benzinern und Hybridfahrzeugen sein.

TV-Hinweis

Ein „Report spezial“ widmet sich am Dienstag um 21.07 Uhr in ORF2 dem Klimawandel. Zu Wort kommt neben Verkehrsminister Hofer auch Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) – mehr dazu in tv.ORF.at.

Abseits der Tempo-100-Empfehlung liegt ein weiterer Schwerpunkt offenbar auf Maßnahmen der Raumplanung. Den „Standard“-Angaben zufolge wären hier je nach Intensität der Umsetzung zwischen 220.000 und 440.000 Tonnen Einsparung bei Treibhausgasen möglich. Dazu dürften Einkaufszentren und Gewerbeparks auf der grünen Wiese keine Bewilligung mehr bekommen, Ortskerne müssten verdichtet und Wege zu Einkauf und Arbeit verkürzt werden.