Eindrücke vom BVT-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Roland Winkler
BVT-Ausschuss

Pilnacek übt Kritik an Informationsfluss

In der parlamentarischen Untersuchung der Vorgänge um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ist die Seite der Justiz im Fokus: Am Mittwoch stand Christian Pilnacek, Generalsekretär im Justizministerium, dem Ausschuss zur umstrittenen Razzia beim BVT Rede und Antwort – vieles in der Causa hält er für „wenig üblich“, Kritik übte er am mangelnden Informationsfluss.

Im Fokus stand, wie bzw. wann Pilnacek von den Ermittlungen und der späteren Razzia erfahren habe: Aufgrund von Medienrecherchen zum Konvolut und entsprechenden Anfragen von Journalisten habe man ab Juni/Juli 2017 begonnen zu recherchieren, sagte Pilnacek. Im Herbst 2017 sei es ihm ein Anliegen gewesen, das Konvolut, das bei mehreren Staatsanwaltschaften „angeschlagen“ war, zu überprüfen.

„Die WKStA (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Anm.) sollte die Stichhaltigkeit der Anzeigen prüfen“, so Pilnacek. Doch hätte er sich erwartet, dass der Dienstweg eingehalten wird, dass der Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, etwa nicht direkt zur WKStA geht, sondern zu ihm.

„Kontaktaufnahme wäre angemessen gewesen“

Dass die WKStA ihn nicht informiert hat, sei zwar rechtmäßig, es hätte aber trotzdem dazu kommen können: „Ich hätte es für angemessen empfunden, dass die Kontaktaufnahme auf der gleichen Hierarchieebene stattfindet“, so Pilnacek. Zu dem Vorgehen habe wohl auch der Umstand beigetragen, dass insbesondere die WKStA von viel Selbstständigkeit und „auch von einem hohen Ausmaß an Selbstbewusstsein geprägt ist“, so Pilnacek.

„Wenig an dem Fall üblich“

Gleichzeitig verwies Pilnacek auf die Besonderheit des Falles: „Es ist außergewöhnlich und es ist in diesem Umfang nicht vorgekommen, dass so eine Institution der Republik untersucht wird, insofern ist wenig an dem Fall üblich“, so der Justizministeriumsgeneralsekretär wiederholt. Warum diese Vorgangsweise gewählt wurde, müsse man die WKStA und Goldgruber fragen, nicht ihn.

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Pilnacek hätte sich die „Einhaltung des Dienstwegs“ erwartet

Von den Razzien erfahren habe er durch den Bericht, der am Tag danach verfasst wurde. Man habe erörtert, wieso man nicht früher in Kenntnis gesetzt wurde – da sei klar geworden, dass die WKStA über einzelne Ermittlungsschritte nicht berichten müsse. Aber auch darüber hinaus habe sie „keinen Anlass gefunden, uns in Kenntnis zu setzen“. „Naturgemäß“ habe er zur Razzia auch keine Wahrnehmungen, weil er ja auch nicht informiert gewesen sei.

Dringlichkeit „nicht nachvollziehbar“

Auf entsprechende Frage sagte Pilnacek, dass er die Vorwürfe, wie sie durch die WKStA geschildert wurden, für nicht schwerwiegend genug gehalten habe. „Man hätte das mit gelinderen Mitteln vornehmen können“, so Pilnacek einmal mehr zur Razzia. „Für mich war nicht nachvollziehbar, warum in einer derart raschen Abfolge diese Anordnungen erlassen wurden.“ Das habe später auch das Oberlandesgericht (OLG) so gesehen.

Staatsanwältin Ursula Schmudermayer – sie veranlasste die Razzia – hätte nach Ansicht Pilnaceks auch die Möglichkeit gehabt, die Anordnung mündlich zu erteilen. „Aber sie wollte besonders gründlich sein und hat es schriftlich gemacht.“ Pilnacek sagte erneut, dass er es für besser gehalten hätte, wenn die Bewilligung nicht beim Journalrichter eingeholt worden wäre, sondern beim Haft- und Rechtsschutzrichter.

„Recht massive Vorwürfe“

Pilnacek schilderte „recht massive Vorwürfe“, die er intern und aus dem Innenministerium erhalten habe. Er habe deshalb WKStA-Leiterin Ilse Vrabl-Sanda um weitere Informationen ersucht, um die Verhältnismäßigkeit der Razzia zu untermauern. Es habe Beschwerden von Beschuldigten und Zeugen gegeben, so Pilnacek, „es war eine aufgeregte Situation, bei uns und im BMI (Innenministerium, Anm.)“ – es habe großes Interesse bestanden, dass man das so aufklärt, „dass es von den Betroffenen und der Öffentlichkeit verstanden wird“.

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Pilnacek übte auch Kritik an der Razzia – auch „gelindere Mittel“ wären möglich gewesen

„Einheit mit dem nötigen Personal“

Auch Thema war die Rolle der die Razzia durchführenden Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS): Laut Berichten der WKStA sei die Rolle der EGS die Sicherung der Razzia gewesen. Pilnacek verwies auf ensprechende Nachfrage auf Erklärungen der WKStA, wonach es sich um eine „Einheit mit dem nötigen Personal und ohne Verbindungen zu Verdächtigen oder Personen im BVT“ handeln müsse.

Die Frage, ob er statt der Hausdurchsuchung den Weg der Amtshilfe empfohlen hätte, um an die gewünschten Unterlagen zu kommen, wollte Pilnacek nicht direkt beantworten, weil es sich um eine „Was-wäre-wenn-Frage“ handle. Mehrmals, auch in der Frage nach etwaigen Ermittlungsfehlern, verwies er aber auf das OLG Wien, das die Razzia inzwischen größtenteils für unzulässig erklärt hat. Das OLG habe keine Dringlichkeit für eine Hausdurchsuchung erkennen können und die Amtshilfe für den besseren Weg erklärt.

„Meine mitunter zutage tretende Emotionalität“

Pilnacek schilderte, dass ÖVP-Justizminister Josef Moser durch ihn informiert worden sei – schließlich habe es sich um einen bedeutsamen Fall gehandelt. Er verwies auf vielfältige Kontakte im In- und Ausland. Angesprochen darauf, dass er das Vorgehen des Kabinetts von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in einer Dienstbesprechung zwischen Justizministerium und WKStA als „Skandal“ bezeichnete: „Wer mich kennt, kennt auch meine mitunter zutage tretende Emotionalität.“

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