Busspur
ORF.at/Christian Öser
E-Auto-Privilegien

Koalitionspläne stoßen in Städten auf Kritik

Die ÖVP-FPÖ-Koalition will Autos mit Elektroantrieb bevorzugt behandeln. Doch vor allem der Plan, die Busspuren in den Städten für E-Autos zu öffnen, stieß in manchen Städten bereits auf Skepsis und Ablehnung. Notfalls werde man die Maßnahme auch mit Zwang durchsetzen, ließ die Regierung am Mittwoch wissen.

„Anreize statt Verbote“: Die oftmals wiederholte Devise der Bundesregierung findet auch in der Verkehrspolitik ihren Niederschlag. Dass die ÖVP-FPÖ-Koalition am Auto an sich nicht rütteln will, machte sie bereits in der Vergangenheit deutlich. Sehr wohl ändern soll sich aber die Antriebsart. Die E-Mobilität wird zunehmend zum verkehrspolitischen Steckenpferd der Regierung. Am Mittwoch beschloss die Koalition im Ministerrat ihr weiteres Vorgehen in Sachen Förderung elektrobetriebener Pkws.

Wer ein Auto mit grüner Nummerntafel fährt, soll etwa in Zukunft vom „Luft-100er“ auf Autobahnen nicht mehr tangiert werden. E-Autos sollen auch in den entsprechenden Bereichen 130 km/h fahren dürfen. Auch Parkgebühren sollen für Elektroautos kein Thema mehr sein. Die Regierung wünscht sich für Fahrzeuge mit E-Antrieb eine Befreiung davon. Das geht allerdings nur in Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden. Denn über die Parkraumbewirtschaftung entscheiden allein die Kommunen – und das soll laut Regierung auch so bleiben.

„Machen wir das über die StVO“

Anders sieht die Sache bei einer weiteren geplanten Maßnahme aus, die ebenfalls die Städte betrifft. Die Regierung will die Busspuren für Elektroautos öffnen. Die Einrichtung solcher Spuren obliegt den Städten, ebenso etwaige Ausnahmeregeln. Tatsächlich kann sich die Bundesregierung über eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) hier aber über die Gemeinden hinwegsetzen – und will das im Streitfall auch tun.

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) und Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP)
APA/Herbert Neubauer
Köstinger und Hofer wollen mit ihrer Politik E-Auto-Käufe ankurbeln

Sollten die Gespräche mit den Städten über eine Busspuröffnung scheitern, „machen wir das über die StVO“, sagte Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) am Mittwoch noch vor dem Ministerrat. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verwies nach dem Treffen der Regierung ebenfalls auf „gesetzliche Möglichkeiten“. Er erwarte sich aber Bewegung in den Städten, so der Regierungschef: Gerade die Grünen seien aktiv gegen den Klimawandel, er hoffe daher auf deren Unterstützung.

Ablehung und Skepsis aus einigen Städten

Erste Reaktionen deuten – für so manche Stadt – hingegen eher auf Widerstand denn auf Unterstützung hin. Die Wiener Stadtregierung aus SPÖ und Grünen ließ bereits am Dienstag wissen, dass sie nichts von den Plänen halte – mehr dazu in wien.ORF.at. Am Mittwoch sprachen sich auch die Wiener Linien dagegen aus. Ablehnung kam auch aus dem Westen Österreichs. Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) meldete in einem Brief an Hofer schwere Bedenken gegen eine Busspuröffnung an – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Auch die Grazer Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ) kritisierte, „die Privilegierung von E-Autos ist der falsche Weg“. Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) will über Neuerungen aber zumindest diskutieren – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Kritisch äußerte sich der Salzburger Verkehrsstadtrat, Johann Padutsch (Bürgerliste), wenngleich auch innerhalb der Salzburger Stadtregierung die Meinungen auseinandergehen – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Sorge um öffentlichen Verkehr

Wenig begeistert vom Maßnahmenpaket der Bundesregierung zeigte sich am Mittwoch der Vorarlberger Mobilitätslandesrat Johannes Rauch (Grüne) – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Und während das Land Niederösterreich das E-Mobilitätspaket der Bundesregierung begrüßte, äußerte man sich in St. Pölten skeptisch – mehr dazu in noe.ORF.at. In Linz brachte auch Hofers Parteifreund, Infrastrukturstadtrat Markus Hein (FPÖ), seine Skepsis zum Ausdruck.

Kern der Kritik ist in allen Fällen die Sorge, dass sich die Bevorzugung der Elektroautos nicht ohne Nachteile für öffentliche Verkehrsmittel realisieren lasse. Eine Öffnung der Busspuren würde den öffentlichen Verkehr „dramatisch verlangsamen“, ihn „behindern, statt ihn zu beschleunigen“, und die „Mobilität in den Städten zum Erliegen bringen“, so die Vorwürfe, in die am Mittwoch auch SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger einstimmte. Die Regierung sei „verkehrspolitisch und umweltpolitisch planlos“, so der Oppositionspolitiker.

Lob von Autofahrerclubs

Aufseiten der Koalition sieht man das naturgemäß anders. Die Regeln, die bereits 2019 in Kraft treten sollen, seien als Anreiz für den Umstieg auf die E-Mobilität gedacht, um Emissionen im Straßenverkehr zu reduzieren, sagte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Mittwoch. Im Hinblick auf die Öffnung der Busspuren stellte sie allerdings eine zeitliche Begrenzung als Möglichkeit in den Raum. Sollte sich beispielsweise in fünf Jahren zeigen, dass durch die Zunahme der E-Autos der öffentliche Verkehr behindert werde, „kann man diese Maßnahme wieder zurückziehen“, so die Ministerin.

Auf Rückendeckung kann die Regierung von den Autofahrerclubs bauen. Sowohl ÖAMTC als auch ARBÖ fanden am Mittwoch für die Pläne lobende Worte. Der ÖAMTC führte allerdings mit Hinweis auf Norwegen ins Feld, dass die Öffnung der Busspur nur eine temporäre Maßnahme sein könne. Und der ARBÖ wünschte sich „zusätzlich zum E-Mobilitätspaket eine Verschrottungsprämie“.

Deutlich negativer fielen die Urteil des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ) und der Umweltschutzorganisation Greenpeace aus. „Das E-Mobilitätspaket bedeutet, dass in Zukunft E-Autos mit Bussen um begrenzten Straßenraum konkurrieren. In Wahrheit müssten wir aber den öffentlichen Verkehr stärken – hier setzt die Regierung auf das falsche Pferd“, hieß es von Greenpeace. Für den VCÖ sind die Maßnahmen eine „Enttäuschung. Sie bringen wenig für die E-Mobilität, haben aber zahlreiche negative Seiteneffekte“, so die Organisation.