Eindrücke vom BVT-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Roland Winkler
BVT-Ausschuss

„WKStA in ungünstiges Licht gerückt“

In der parlamentarischen Untersuchung der Vorgänge um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bleibt die Justiz im Fokus: Zunächst war am Mittwoch Christian Pilnacek, Generalsekretär im Justizministerium, geladen, danach wurde WKStA-Leiterin Ilse Vrabl-Sanda befragt. Sie verteidigte Rolle und Vorgehen der Anklagebehörde.

Die Wirtschafts- und Korrputionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nimmt in der Causa BVT eine zentrale Rolle ein: Die Behörde führt die Ermittlungen und veranlasste die umstrittene Razzia. Leiterin Vrabl-Sanda sieht die „WKStA in ein ungünstiges Licht gerückt“. Das mache sie sehr betroffen, wie sie gleich zu Beginn ausführte. Das Gesetz sehe „keine abweichende Vorgangsweise“ je nach Person oder Institution vor – die Ermittlungsaufgabe sei schlicht „gesetzlich vorgegeben“.

Auch zur Razzia nahm sie Stellung: Aufgrund der Ermittlungen sei man auf einen „bestätigten Tatverdacht“ gekommen. In der Folge sei in solchen Fällen klar: „Wir müssen Beweise sichern“, so Vrabl-Sanda. Im vorliegenden Fall sei es zu einer missbräuchlichen Datennutzung gekommen, „ein schwerwiegender Vorwurf“. „Offenbar hat der Chef des BVT selbst die Hausdurchsuchung angeregt“, so Vrabl-Sanda. Und: „Es musste schnell gehen.“

Warum EGS?

Gefragt zur umstrittenen Auswahl der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) für die Razzia: Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) sei wegen des Anscheins der Befangenheit nicht infrage gekommen, das Bundeskriminalamt (BK) habe man ebenfalls abgelehnt, warum, wisse sie nicht mehr. Besprochen habe man das mit Innenministeriumsgeneralsekretär Peter Goldgruber.

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Vrabl-Sanda sieht kein Versagen ihrer Mitarbeiter und keine Instrumentalisierung durch das Innenministerium

Der Fraktionsvorsitzende des Liste Pilz (LP), Peter Pilz, konnte nicht verstehen, wieso nicht das BAK ausgesucht wurde. Vrabl-Sanda argumentierte, dass man sich für eine „nicht involvierte Einheit“ entscheiden wollte. In diesem Fall habe „besonderes Geheimhaltungsinteresse“ bestanden. Die EGS sei nicht „zum Ermitteln“ eingesetzt worden, sondern nur zum Sammeln der Daten.

„Auftrag lautet Aufklärung“

Das OLG-Urteil, wonach die Razzia rechtswidrig war, sei „zu akzeptieren“. Der Auftrag des Gesetzes laute „Aufklärung“, so Vrabl-Sanda. Es sei nicht die Aufgabe der WKStA, in brisanten Fällen, in denen ein Imageschaden für die betreffende Behörde zu befürchten ist, wegzuschauen. Im Gegenteil: Genau dort hinzuschauen sei die Aufgabe dieser Behörde. Dazu sei die WKStA schließlich auch eingerichtet worden.

Vrabl-Sanda argumentierte entlang der Linie von WKStA-Gruppenleiter Wolfgang Handler, erst am Vortag im Ausschuss. Auch sie sei der Ansicht, dass der Imageschaden des BVT nicht auf die Razzia zurückzuführen ist, sondern auf die Tatvorwürfe gegen ranghohe Mitarbeiter der Behörde. Es sei ein heikles Verfahren, es sei „nicht angenehm, wenn die innerministeriellen Einheiten hier agieren“.

Verweis auf Schmudermayers Fallkenntnis

Da die WKStA aber keine eigene Ermittlungstruppe habe, habe man auf eine Einbindung der Polizei verzichtet, die leitende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer (sie war am Dienstag geladen) habe sich allein darum gekümmert. Das Strafverfahren sei aufgrund von eingelangten Mails und Konvoluten von Anzeigen im Sommer 2017 eingeleitet worden.

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Die WKStA-Leiterin warb im Ausschuss für ihre Behörde

Von der Planung der Razzia habe sie am 27. Februar 2018 erfahren. Dass die Bewilligung von einem Journalrichter erteilt wurde, habe sie erst im Nachhinein erfahren. Den gleichen Informationsstand wie Schmudermayer könne sie „nie haben“, dafür sei der Umfang der Verfahren einfach zu groß. „Im Detail ist immer nur der Fallführende betraut“, so Vrabl-Sanda. Die Staatsanwältin kenne die Akten jedenfalls besser.

„Verfahren ist ein unübliches“

Warum sich Goldgruber nicht an den Generalsekretär des Justizressorts, Christian Pilnacek, gewendet habe, könne sie nicht beantworten. Doch gebe es keinen Dienstweg, der Goldgruber vorschreibe, sich an Pilnacek zu wenden und nicht an Schmudermayer.

Eine Zeugenvermittlung von Kabinetten sei ihr noch nicht untergekommen – „das kann ich als unüblich bezeichnen“. Vrabl-Sanda: "Das Verfahren ist ein unübliches, das kann man so sagen. Dass Goldgruber gleichzeitig Anzeiger und Berater der Staatsanwaltschaft war, welche Polizeieinheit man einsetzt, sei ihr noch nicht untergekommen.

Doch, so Vrabl-Sanda, das sei in dieser Causa notwendig gewesen – „dass man das mit jenen bespricht, die dazu etwas beitragen können“. Wenn der Anzeiger der höchste Beamte des Innenministeriums ist, gebe es die Annahme, dass er etwas beitragen könne, so die WKStA-Leiterin. Die beiden Rollen sah sie nicht als Widerspruch.

Wer war informiert?

Von den Briefings der Zeugen im Innenministerium habe sie durch die parlamentarische Anfragebeantwortung von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) erfahren. Aber nicht durch die Beantwortung selbst, sondern im Vorfeld durch die Bitte an die WKStA, man möge über die Vorgänge Bericht erstatten. Auf die Frage, wen Kickl gemeint haben könnte, wenn er sagte, die WKStA sei im Vorfeld schon über die Briefings informiert worden, sagte Vrabl-Sanda: „Also wir drei (sie selbst, Handler, Schmudermayer) nicht.“ Auf Spekulationen wollte sie sich nicht einlassen.

Schilderungen des Zeugen glaubhaft

Auch der Verdacht auf Fernlöschung von Daten, Grund für die Dringlichkeit der Hausdurchsuchung, war im Zuge der Befragungen mehrfach ein Thema: „Diese Fernlöschung muss man auch entmystifizieren“, sagte Vrabl-Sanda – sie müsse sich auf die „IT-Experten in der WKStA verlassen“. Und diese hätten die Schilderungen des Zeugen als glaubhaft bezeichnet. „Ich gehe davon aus, dass das viele können – mit dem Handy einen Fernzugriff zu haben.“ Auf entsprechende Frage bestätigte sie, das BVT mit dem US-Fahrdienstleister Uber verglichen zu haben – auch bei Uber seien im Vorfeld einer Razzia per Fernzugriff Daten vernichtet worden.