Verfassungsrechtler hält Änderung bei UVP für unzulässig

Die von Opposition und NGOs geäußerte Kritik an der von der Regierung vorgelegten und gestern im Umweltausschuss beschlossenen Novelle zum UVP-Gesetz ist für den Wiener Verfassungsrechtler Heinz Mayer nachvollziehbar. Empörung hat die im Entwurf enthaltene Bestimmung hervorgerufen, dass nur noch NGOs mit mindestens 100 Mitgliedern Parteienstellung in Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung erhalten sollen.

Dafür sollen die Umweltorganisationen nach den Vorstellungen der Regierung ihre Mitgliederlisten offenlegen. „Diese Offenlegung halte ich für unzulässig“, sagte Mayer heute. Sollte diese Bestimmung beschlossen werden, würde sie seiner Ansicht nach nicht halten, weil sie der Datenschutzgrundverordnung widerspreche.

Mayer: „Ganz unschöne Sache“

Auch das von der ÖVP ins Treffen geführte Argument der Transparenz – nach schwedischem Vorbild – ist für den Verfassungsjuristen nicht haltbar. „Österreich hat europaweit das strengste Amtsgeheimnis – im Gegensatz dazu wird der ‚gläserne Bürger‘ verlangt“, meinte der ehemalige Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien im Gespräch mit der APA.

Seiner Ansicht nach gebe es keinen gerechtfertigten Grund, Öffentlichkeit und Behörden darzulegen, wer Mitglied einer NGO ist. „Das kann nur dazu dienen, Druck auf Leute auszuüben – eine ganz unschöne Sache“, konstatierte Mayer.

„Was die Größe von Umweltorganisationen angeht – da kann man argumentieren“, meinte der Jurist. Für ihn ist vorstellbar, sehr kleine Organisationen mit nur zwei oder drei Mitgliedern von UVP-Verfahren auszuschließen, nicht jedoch solche mit 70 oder 80 Mitgliedern. „Die Zahl 100 ist durch nichts gerechtfertigt“, sagte Mayer und gab gleichzeitig zu bedenken, dass Umweltorganisationen schon jetzt die Anerkennung durch das Ministerium benötigen.

NGOs appellieren an Köstinger

Die Umweltschutzorganisationen selbst liefen weiter Sturm gegen die Regierungspläne. Greenpeace, Global 2000 und WWF appellierten an Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Diese solle dafür sorgen, dass die Regierungsparteien den Antrag in drei Wochen im Nationalrat zurücknehmen. Andernfalls wäre die Ministerin in ihrer politischen Rolle nicht mehr tragbar.

„Der jetzige Vorstoß ist der Höhepunkt einer langen Serie von Angriffen auf den Umweltschutz“, meinte Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit. Man werde an Praktiken wie unter Premier Viktor Orban in Ungarn erinnert, wo zivilgesellschaftliche Organisationen gezielt eingeschüchtert würden, kritisierte Greenpeace. „Das ist demokratiefeindlich, rechtswidrig und verstößt gegen den Datenschutz“, kritisierte auch Hanna Simons, stellvertretende Geschäftsführerin des WWF Österreich.

Köstinger sieht Spielraum für Gespräche

Köstinger kann die harsche Kritik nicht nachvollziehen: „Faktum ist, dass wir über die Umsetzung der Aarhus-Konvention die Mitwirkungsrechte der NGOs gestärkt haben.“ Gesprächsbereitschaft ließ sie aber durchklingen, wobei Köstinger in einer Pressekonferenz nicht müde wurde zu betonen, dass sie mit der Angelegenheit eigentlich nichts zu tun habe.

Der Antrag sei von den Parlamentsklubs eingebracht worden und nicht Teil der Regierungsvorlage gewesen. Aber: „Die Umweltsprecher der beiden Parlamentsklubs haben bereits Signale gesendet, dass sie sich mit den NGOs zusammensetzen wollen“, so Köstinger.