Präsident Alexander Van Der Bellen
AP/Andreea Alexandru
Weltklimabericht

„Wir müssen mehr tun als bisher“

Angesichts des Sonderberichts des Weltklimarats IPCC zur geplanten Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montag vor „dramatischen Folgen für unser Leben auf der Erde“ gewarnt.

„Die internationale Staatengemeinschaft ist gefordert, rasch, entschlossen und gemeinsam alles daranzusetzen, um wirksame Maßnahmen einzuleiten“, schrieb er auf Twitter. Der eindringliche Appell des Weltklimarates sei „ein klarer Weckruf. Wir müssen mehr tun als bisher.“ Die Weltgemeinschaft habe die nötigen technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, um die Klimakrise zu meistern. „Jetzt liegt es an uns, nachfolgenden Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen“, betonte der Bundespräsident.

NEOS reagierte „alarmiert“ auf den IPCC-Bericht und sah auch ÖVP und FPÖ gefordert. „Die Regierung muss sich endlich klar zu einer mutigen Klima- und Umweltpolitik bekennen. Die Menschen und die Erde haben keine Zeit mehr für zauderndes Handeln, das hat die Warnung des Expertengremiums der UNO deutlich gemacht“, sagte NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard in einer Aussendung.

Opposition nimmt Köstinger in Pflicht

Ebenso wie Bernhard plädierte Liste-Pilz-Umweltsprecher Bruno Rossmann für eine sozial-ökologische Steuerreform und ortete ein „Warnsignal“ an Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). „Die aktuellsten Erkenntnisse verweisen die Umwelt- und Klimastrategie der Bundesregierung endgültig zurück an den Start. Wir brauchen keinen Marketingprospekt, wir brauchen Maßnahmen. Heiße Luft haben wir dank Klimaerwärmung schon jetzt mehr als genug“, kritisierte der Klubobmann der Liste Pilz.

„Österreich auf sehr gutem Weg“

Köstinger selbst sieht Österreich nach dem alarmierenden Bericht auf „sehr gutem Weg“. Die Klima- und Energiestrategie der Regierung „zeigt den richtigen Weg auf, wie wir diese Reduktion des CO2-Ausstoßes zustande bringen können“, sagte sie im Ö1-Mittagsjournal. Der IPCC-Bericht spreche klar an, dass es auch weltweites Handeln braucht.

„Jetzt ist es wichtig, dass wir auch in die Umsetzung gehen. Das betrifft vor allem die Bereiche Verkehr und Gebäude“, so die Ministerin. „Ich bin überzeugt davon, dass wir es sehr wohl schaffen können“, sagte sie angesprochen auf Kritik von Experten, mit den geplanten Maßnahmen sei eine Reduktion der CO2-Emissionen um 36 Prozent in Österreich nicht machbar. „Wir haben Maßnahmen aus der Klima- und Energiestrategie jetzt bereits vorgezogen wie beispielsweise den Ausstieg aus Ölheizungen“, so Köstinger. Sie kündigte zudem Vereinfachungen bei Förderungen an – Audio dazu in oe1.ORF.at.

WWF: „Ist längst fünf nach zwölf“

Der WWF Österreich forderte ein „drastisches Umdenken und rasche Schritte“ der europäischen und nationalen Politik. „Es ist längst fünf nach zwölf. Daher braucht es ein mutiges Sofortprogramm gegen die Klimakatastrophe statt zahnloser Klimastrategien“, sagte Lisa Plattner, Klima- und Energieexpertin der Naturschutzorganisation. Als EU-Vorsitzland sei Österreich besonders gefordert. Es brauche eine starke Erhöhung der EU-Klimaziele, einen raschen Ausstieg aus fossilen Energien und eine naturverträgliche Energiewende. Eine „große Ökosteuerreform“ sei seit Jahren überfällig.

„Diese eindringliche Warnung der Klimaforschung muss jetzt Gehör finden, um katastrophale Folgen noch abwenden zu können“, betonte Johannes Wahlmüller, Klimasprecher von Global 2000. Es dürften keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr installiert werden, es brauche 100 Prozent emissionsfreie Fahrzeuge in der Neuzulassung spätestens im Jahr 2030, ein Ende der Kohleverstromung bis zum Jahr 2020 und eine ökologische Steuerreform, empfahl die österreichische Umweltschutzorganisation.

„Muss massiv umgesteuert werden“

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) wies in einer Aussendung darauf hin, dass in Österreich die CO2-Emissionen des Verkehrs zuletzt nicht gesunken, sondern gestiegen sind. Die VCÖ-Experten forderten eine ökologische Steuerreform, einen großen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Radinfrastruktur sowie einen rascheren Ausstieg aus Benzin und Diesel.

„Das 1,5-Grad-Ziel wäre erreichbar, aber im Bericht wird deutlich, wie massiv umgesteuert werden muss“, erläuterte Klimaforscher Helmut Haberl vom Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. „Nötig wäre eine sozial-ökologische Transformation zu einer raschen und deutlichen Verringerung des Verbrauchs von Rohstoffen und Energie. Das erfordert es, das massive Wachstum der gesellschaftlichen Materialbestände wie Gebäude, Straßen und andere Infrastrukturen zu begrenzen und diese rohstoffsparender zu gestalten“, betonte er.