Person dämpft eine Zigarette in einem Aschenbecher aus
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„Don’t Smoke“-Volksbegehren

Opposition sieht klaren Auftrag

900.000 Unterschriften wollte das „Don’t Smoke“-Volksbegehren erreichen, damit es zu einer von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in Aussicht gestellten Volksabstimmung kommt. Diese Marke wurde am Montag nur knapp verfehlt. Die Opposition sieht darin einen klaren Auftrag an die Regierung – diese gibt sich aber im Hinblick auf eine verpflichtende Abstimmung zurückhaltend.

Nur 18.431 Unterschriften fehlten dem Volksbegehren nach den Zahlen des Innenministeriums. Am ORF-„Runden Tisch“ sagte Wolfgang Zinggl, Klubobmann der Liste Pilz, dass er darin einen „direkten Auftrag“ sehe. Ihm gegenüber saßen ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer und FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz, die sich jedoch zurückhaltend gaben.

Schon im Vorfeld der Fernsehdiskussionsrunde sagte Nehammer, dass Volksbegehren für die ÖVP „generell wichtig“ seien, und verwies auf die für 2022 geplante Reform der direkten Demokratie, das Volksbegehren soll bereits davor aufgewertet werden. Auch Rosenkranz zeigte sich „sehr zufrieden, dass ein freiheitliches Anliegen, nämlich die direkte Demokratie, von den Österreicherinnen und Österreichern angenommen wird.“

„Argumentationsnotstand“ bei Regierung

Politologe Peter Filzmaier sagte in der ZIB2, dass das „Don’t Smoke“-Volksbegehren ein großer Erfolg für die Initiatoren gewesen sei, besonders im Hinblick darauf, dass es nicht von einer Partei ins Leben gerufen wurde.

Politologe Peter Filzmaier im Interview

Der Politologe Peter Filzmaier analysiert in der „ZIB2“ das Ergebnis der Volksbegehren.

Die Regierungsparteien, vor allem die FPÖ, sieht Filzmaier in einem „Argumentationsnotstand“. „Natürlich“ könne man sich auf das Regierungsprogramm berufen, aber es sei vor allem für die FPÖ „schwierig zu argumentieren“, wenn man noch vor einem Jahr verpflichtende Volksabstimmungen ab 250.000 Unterschriften wollte. Auch Sebastian Kurz wollte einst verpflichtende Volksabstimmungen ab 500.000 Unterschriften, so Filzmaier.

Die Anmerkung, dass es für die Nichtraucherinitiative trotz des großen Zuspruchs jetzt „ab in die Schublade“ heißt, wollten die Koalitionsklubchefs nicht gelten lassen. Man werde sich mit diesem Volksbegehren ebenso intensiv im Nationalrat auseinandersetzen wie mit dem Frauenvolksbegehren und jenem gegen die ORF-Gebühren, versicherten Nehammer und Rosenkranz.

SPÖ will gemeinsamen Antrag für Abstimmung

Von der Opposition hagelte es dafür Kritik: „Von ihrer Dankbarkeit und ihren Gratulationen haben weder die, die es eingeleitet, noch die, die es unterschrieben haben, etwas“, hielt der neue stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried den Regierungsvertretern unter Hinweis auf die „lebensgefährlichen“ Gesundheitsrisiken des Rauchens vor. Er appellierte an sie, gemeinsam einen Antrag für eine Volksabstimmung zu beschließen.

Koalitionstreue sei sicherlich „ein wichtiges Gut“, sagte NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reinsinger – aber: ÖVP und FPÖ sollten sich doch „einen Ruck geben und rauskommen aus der Selbstfesselung“, in die sie sich da begeben hätten.

Initiatoren sehen Strache gefordert

„Vizekanzler Strache hat dem Volksbegehren eine Marke von 900.000 Unterschriften für eine verbindliche Volksabstimmung vorgegeben. Die Bevölkerung hat imposant geantwortet – nun liegt es an ihm, ob er die Stimmen von 881.569 Österreicherinnen und Österreichern auch ernst nimmt“, heißt es von den Initiatoren. Am Wochenende lag die Initiative bei rund 800.000 Unterschriften. Mit diesem Ergebnis ist es nun das sechsterfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte.

„Die Regierung muss endlich auf die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger achten und ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie einführen“, so Szekeres. Die SPÖ-ÖVP-Vorgängerregierung beschloss ein derartiges generelles Rauchverbot bereits für Mai 2018. Die ÖVP-FPÖ-Regierung kippte dieses jedoch im März diesen Jahres im Nationalrat.

Alles andere wäre aus Sicht der beiden Initiatoren „medizinisch grob fahrlässig“. „Gerade Vizekanzler Strache, der nun wieder Vater wird, sollte besonders um das Wohlergehen der künftigen Generationen bemüht sein. Wir appellieren daher an ihn, auch im Sinne seiner eigenen Kinder ein gesünderes Morgen in der Gastronomie zu schaffen“, so die Initiatoren. Die Arbeit von „Don’t Smoke“ würde nun auch fortgesetzt werden. „Bis ein Umdenken in der Politik stattfindet“, sagte Szekeres.

Halbe Million unterstützt Frauenvolksbegehren

Knapp eine halbe Million Österreicher und Österreicherinnen unterzeichneten unterdessen das Frauenvolksbegehren. Insgesamt kam es laut Innenministerium auf 481.906 Unterschriften. Damit fand die Neuauflage weniger Zuspruch als das erste Frauenvolksbegehren. Dieses kam im Jahr 1997 mit 644.665 Unterschriften bzw. 11,2 Prozent in die Top Ten.

„Mit diesem Ergebnis werden wir nun der Regierung und allen Oppositionsparteien den Dialog anbieten. Diesen Auftrag hat uns die österreichische Bevölkerung gegeben. Sowohl Frauenministerin Juliane Bogner Strauß als auch Bundeskanzler Kurz (beide ÖVP, Anm.) betonten mehrfach, mit vielen der Forderungen einverstanden zu sein. Wir wollen keine Lippenbekenntnisse mehr. Wir wollen Taten“, sagte Lena Jäger, Projektleiterin und Mitinitiatorin des Volksbegehrens.

Alle drei Volksbegehren nehmen Hürde

Dass das Volksbegehren im Nationalrat behandelt werden muss, war bereits klar, es wurden in der ersten Phase bereits laut Innenministerium 247.619 Unterstützungserklärungen gesammelt. Die Hürde, um im Nationalrat behandelt zu werden, liegt bei 100.000 Unterschriften.

Neben dem Frauen- und dem Nichtraucherschutzvolksbegehren lag auch das Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“ auf. Dieses wird mit einem Gesamtergebnis von 320.239 Unterschriften nun ebenfalls im Nationalrat thematisiert, wie das Innenministerium mitteilte. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sagte, er wolle die Unterstützung für das Volksbegehren der Christlichen Partei Österreich ernst nehmen.

„Auch wenn in Summe rund fünf Prozent der rund 6,5 Millionen Österreicher, die die ORF-Angebote nutzen“, dieses unterzeichnet hätten, werde man den „Dialog fortsetzen“, gerade mit den Unterstützerinnen und Unterstützern. Der ORF wolle „für alle Österreicher da sein, auch für seine Kritiker“, so Wrabetz.

Die nächsten zwei zeichnen sich ab

Die drei Volksbegehren waren Nummer 40 bis 42, seit im Jahr 1963 Volksbegehren ermöglicht wurden. Die nächsten zwei zeichnen sich bereits ab: „Asyl europagerecht umsetzen“ und „Für verpflichtende Volksabstimmungen“ haben bereits die für den Einleitungsantrag nötige Anzahl an Unterschriften.

Für den Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens und damit dessen einwöchige Auflage braucht man zumindest 8.401 Unterstützungserklärungen. Das von der „IGE – Initiative Gemeinsam Entscheiden“ rund um Anatolij Volk gewünschte Begehren „Asyl europagerecht umsetzen“ wurde nach eigenen Angaben bereits fast 80.000-mal (Stand 4. Oktober) unterstützt.

Die Initiatoren haben versucht, die Eintragungswoche der drei anderen Begehren zu nützen, um schon in dieser ersten Phase die 100.000er-Hürde für die Behandlung im Parlament zu nehmen. Denn die Unterstützungserklärungen werden „angerechnet“, sie zählen ebenso wie die Unterschriften in der Eintragungswoche.

Erste Hürde genommen

Davon noch weit entfernt, aber immerhin über der Antragshürde, ist Robert Marschall mit seiner Initiative „Für verpflichtende Volksabstimmungen“. 8.686 Unterstützer (Stand 3. Oktober) hat der frühere Chef der EU-Austrittspartei mit seiner neuen Liste „Wir für Österreich“ bereits laut Website.

Marschall hat derzeit noch sieben weitere Initiativen laufen, von „Autobahnmaut abschaffen“ bis „Weniger Fluglärm“. Für die meisten hat er bisher erst zwischen 3.000 bis 4.000 Unterschriften beisammen. Schon näher an der Hürde ist er mit der Forderung nach einer CETA-Volksabstimmung (6.689) und nach Wiedereinführung der Grenzkontrollen (4.660).

Insgesamt zehn Begehren registriert

Beim Innenministerium ist noch ein zehntes Begehren für das Sammeln von Unterstützungserklärungen registriert: Der Verein Generation Grundeinkommen rund um Helmo Pape will die Einführung eines „Bedingungslosen Grundeinkommens“ erreichen. Das Ziel, per Crowdfunding bis Ende September 300.000 Euro für die Kampagne zu sammeln, hat man verfehlt, aber auf der Website wird weiter um Unterstützung für den Einleitungsantrag geworben.

Das Unterschriftensammeln ist jetzt leichter: Seit heuer können Begehren auch online und nicht mehr nur am Hauptwohnsitz, sondern auf jedem Gemeindeamt Österreichs unterstützt werden.