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ORF.at/Carina Kainz
Rauchverbot

Regierung lehnt Volksabstimmung weiter ab

Die Regierung bleibt hart: Es wird keine Volksabstimmung über das Rauchverbot in der Gastronomie geben. Das machten ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer und FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz am Montag in einer ORF-„Runder Tisch“-Sendung klar. Einige Stimmen in der ÖVP sprechen sich indes für ein Referendum aus.

Nehammer und Rosenkranz verwiesen hingegen jeweils auf ihre Koalitions- bzw. Pakttreue und auf das Regierungsprogramm, das die automatische Abstimmung nach erfolgreichen Volksbegehren erst ab 2022 vorsehe. Daran hätten auch 900.000 oder eine Million Unterschriften nichts geändert, stellte Rosenkranz klar.

Die „Don’t Smoke“-Initiative blieb mit 881.569 Unterschriften knapp unter 900.000 – die die Initiatoren Ärztekammer und Krebshilfe immer als Ziel ausgaben, unter Hinweis darauf, dass FPÖ-Chef Vizekanzler Heinz-Christian Strache dann eine Volksabstimmung in Aussicht gestellt habe.

Thema im Nationalrat

Die Anmerkung, dass es für die Nichtraucherinitiative trotz des großen Zuspruchs jetzt „ab in die Schublade“ heißt, wollten die Koalitionsklubchefs dennoch nicht gelten lassen. Man werde sich mit diesem Volksbegehren ebenso intensiv im Nationalrat auseinandersetzen wie mit dem Frauenvolksbegehren und jenem gegen die ORF-Gebühren – die auch jeweils deutlich über die 100.000er-Grenze kamen, so Nehammer und Rosenkranz. Und man werde wie im Regierungsprogramm vorgesehen die direkte Demokratie in den nächsten Jahren ausbauen.

Schon im Vorfeld der Fernsehdiskussionsrunde sagte Nehammer, dass Volksbegehren für die ÖVP „generell wichtig“ seien, und verwies auf die für 2022 geplante Reform der direkten Demokratie. Das Volksbegehren soll bereits davor aufgewertet werden. Auch Rosenkranz zeigte sich „sehr zufrieden, dass ein freiheitliches Anliegen, nämlich die direkte Demokratie, von den Österreicherinnen und Österreichern angenommen wird“.

Strache: Hürde nicht erreicht

Strache schrieb Montagabend via Facebook neuerlich, dass die Freiheitliche Partei „jederzeit bereit“ wäre, „direkte Demokratie als Recht des Volkes analog zur Schweiz auch früher umzusetzen“. Zugleich fügte Strache an, dass 85 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten das erfolgreichste der drei Volksbegehren nicht unterschrieben hätten und die angepeilte 900.000-Unterschriften-Hürde nicht erreicht worden sei.

Strache versprach aber, „dass alle Volksbegehren sorgfältig und intensiv im Nationalrat behandelt werden. Nicht nur das medial massiv unterstützte generelle Rauchverbot in der Gastronomie und das Frauenvolksbegehren, sondern natürlich auch das medial verschwiegene ORF-Volksbegehren zur Abschaffung der GIS-Zwangsgebühr“.

Stimmen in ÖVP für Referendum

Unterdessen kommen erste Stimmen aus der ÖVP, die für einen Volksentscheid in Sachen Rauchen in der Gastronomie plädieren. Der Grazer ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl, der für das Nichtrauchervolksbegehren selbst die Werbetrommel gerührt hatte, sprach sich im „Kurier“ für ein Referendum aus. „Jetzt sollte es auf jeden Fall eine Volksabstimmung geben. Wenn ein Thema politisch nicht zum Heben ist, muss man den Publikumsjoker nehmen“, so Nagl. Auch der Salzburger ÖVP-Bürgermeister Harald Preuner meinte dort, dass „bei einer so hohen Beteiligung ein verbindlicher Volksentscheid möglich gemacht werden“ sollte.

„Ich würde dafür plädieren, dieses Volksbegehren zum Anlass zu nehmen, schon früher einen verbindlichen Volksentscheid einzuleiten, nicht erst 2021“, sagte auch der ÖVP-Bürgermeister und Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl im „Kurier“. Riedl kommt aus der niederösterreichischen ÖVP, die der Rücknahme des Rauchverbots von Anfang an kritisch gegenüberstand. „Der Zulauf zeigt, dass unser Koalitionspartner auf Bundesebene die Situation neu bewerten sollte“, so der niederösterreichische ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner. Es sei klar, „dass man den Willen der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen hat“.

Opposition sieht klaren Auftrag

Von der Opposition hagelte es dafür Kritik: „Von ihrer Dankbarkeit und ihren Gratulationen haben weder die, die es eingeleitet, noch die, die es unterschrieben haben, etwas“, hielt der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried den Regierungsvertretern unter Hinweis auf die „lebensgefährlichen“ Gesundheitsrisiken des Rauchens vor. Er appellierte an sie, gemeinsam einen Antrag für eine Volksabstimmung zu beschließen.

Was ist ein Volksbegehren wert?

Nach dem Ende der Eintragungsfrist für die Volksbegehren zu den Themen Rauchverbot, Frauenrechte und ORF-Beiträge diskutierten Spitzenvertreter der fünf Parlamentsparteien über die – möglichen – Konsequenzen.

Koalitionstreue sei sicherlich „ein wichtiges Gut“, stellte NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reinsinger fest – aber: ÖVP und FPÖ sollten sich doch „einen Ruck geben und rauskommen aus der Selbstfesselung“, in die sie sich da begeben hätten. Knapp 900.000 Österreicher hätten ein „klares Signal“ gegeben, damit Österreich nicht mehr „der Aschenbecher Europas“ genannt wird. Auch Liste-Pilz-Klubobmann Wolfgang Zinggl sieht die fast 900.000 Unterschriften als „klaren Auftrag“. Wird ein dermaßen unterstütztes Volksbegehren nicht ernst genommen, sei das ein „Generator für Frustrationen“.

Für Initiatoren Strache gefordert

Auch die Initiatoren sehen die Regierung gefordert: „Vizekanzler Strache hat dem Volksbegehren eine Marke von 900.000 Unterschriften für eine verbindliche Volksabstimmung vorgegeben. Die Bevölkerung hat imposant geantwortet – nun liegt es an ihm, ob er die Stimmen von 881.569 Österreicherinnen und Österreichern auch ernst nimmt“, heißt es von den Initiatoren. Am Wochenende lag die Initiative bei rund 800.000 Unterschriften. Mit diesem Ergebnis ist es nun das sechsterfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte.

„Die Regierung muss endlich auf die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger achten und ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie einführen“, so der Präsident der Wiener Ärztekammer, Thomas Szekeres. Die SPÖ-ÖVP-Vorgängerregierung beschloss ein derartiges generelles Rauchverbot bereits für Mai 2018. Die ÖVP-FPÖ-Regierung kippte dieses jedoch im März im Nationalrat.

Alles andere wäre aus Sicht der beiden Initiatoren „medizinisch grob fahrlässig“. „Gerade Vizekanzler Strache, der nun wieder Vater wird, sollte besonders um das Wohlergehen der künftigen Generationen bemüht sein. Wir appellieren daher an ihn, auch im Sinne seiner eigenen Kinder ein gesünderes Morgen in der Gastronomie zu schaffen“, so die Initiatoren. Die Arbeit von „Don’t Smoke“ würde nun auch fortgesetzt werden, „bis ein Umdenken in der Politik stattfindet“, sagte Szekeres auch Dienstagfrüh im Ö1-Morgenjournal – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Halbe Million unterstützt Frauenvolksbegehren

Knapp eine halbe Million Österreicher und Österreicherinnen unterzeichneten unterdessen das Frauenvolksbegehren. Insgesamt kam es laut Innenministerium auf 481.906 Unterschriften. Damit fand die Neuauflage weniger Zuspruch als das erste Frauenvolksbegehren. Dieses kam im Jahr 1997 mit 644.665 Unterschriften bzw. 11,2 Prozent in die Top Ten.

„Mit diesem Ergebnis werden wir nun der Regierung und allen Oppositionsparteien den Dialog anbieten. Diesen Auftrag hat uns die österreichische Bevölkerung gegeben. Sowohl Frauenministerin Juliane Bogner Strauß als auch Bundeskanzler (Sebastian, Anm.) Kurz (beide ÖVP, Anm.) betonten mehrfach, mit vielen der Forderungen einverstanden zu sein. Wir wollen keine Lippenbekenntnisse mehr. Wir wollen Taten“, sagte Lena Jäger, Projektleiterin und Mitinitiatorin des Volksbegehrens.

Alle drei Volksbegehren nehmen Hürde

Dass das Volksbegehren im Nationalrat behandelt werden muss, war bereits klar, es wurden in der ersten Phase laut Innenministerium bereits 247.619 Unterstützungserklärungen gesammelt. Die Hürde, um im Nationalrat behandelt zu werden, liegt bei 100.000 Unterschriften.

Neben dem Frauen- und dem Nichtraucherschutzvolksbegehren lag auch das Volksbegehren „ORF ohne Zwangsgebühren“ auf. Dieses wird mit einem Gesamtergebnis von 320.239 Unterschriften nun ebenfalls im Nationalrat thematisiert, wie das Innenministerium mitteilte. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sagte, er wolle die Unterstützung für das Volksbegehren der Christlichen Partei Österreich ernst nehmen.

„Auch wenn in Summe rund fünf Prozent der rund 6,5 Millionen Österreicher, die die ORF-Angebote nutzen“, dieses unterzeichnet hätten, werde man den „Dialog fortsetzen“, gerade mit den Unterstützerinnen und Unterstützern. Der ORF wolle „für alle Österreicher da sein, auch für seine Kritiker“, so Wrabetz.