SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner
APA/Erwin Scheriau
„Don’t smoke“

SPÖ nimmt Anlauf für Volksabstimmung

Die designierte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat eine „parteiübergreifende Initiative“ für eine Volksabstimmung über ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie angekündigt. Sie werde in den nächsten Tagen das Gespräch mit den anderen Parteien darüber suchen, sagte Rendi-Wagner.

Da die anderen beiden Oppositionsparteien ohnehin dafür sind, werde sie in erste Linie den Kontakt mit den beiden Regierungsparteien suchen und an deren Verantwortungsbewusstsein appellieren. Sie wolle noch vor dem nächsten Nationalratsplenum mit den anderen Parteien ins Gespräch kommen, so die designierte SPÖ-Chefin.

Man dürfe über die fast 900.000 Unterschriften für das „Don’t Smoke“-Volksbegehren „nicht einfach drüberfahren“. Das Thema sei viel zu wichtig, um es der Parteipolitik zu überlassen. Es gehe um die Gesundheit aller Menschen, vor allem der Kinder und Jugendlichen, da sei Parteipolitik „komplett fehl am Platz“. Alle müssten jetzt Verantwortung übernehmen.

„Hier und jetzt“ möglich

Die „Don’t Smoke“-Initiative blieb mit 881.569 Unterschriften knapp unter 900.000 – die die Initiatoren Ärztekammer und Krebshilfe immer als Ziel ausgaben, unter Hinweis darauf, dass FPÖ-Chef Vizekanzler Heinz-Christian Strache dann eine Volksabstimmung in Aussicht gestellt habe. Die SPÖ-ÖVP-Vorgängerregierung hatte ein generelles Rauchverbot bereits für Mai 2018 beschlossen. Die ÖVP-FPÖ-Regierung kippte dieses jedoch im März im Nationalrat.

Auf die Frage, ob die SPÖ ihre Stimmen für die nötige Zweidrittelmehrheit zur Verfügung stellen würde, um den Plan der Regierungsparteien umzusetzen, ab 2022 bei 900.000 Unterschriften für ein Volksbegehren eine zwingende Volksabstimmung durchzuführen, wollte sich Rendi-Wagner nicht einlassen. Sie betonte, dass eine Volksabstimmung über das Rauchverbot „hier und jetzt“ möglich sei. Das sei nur eine „Frage des politischen Willens“, dafür brauche man jetzt keine Verfassungsänderung.

Rendi-Wagner winkt bei Frauenreferendum ab

Im Gegensatz zur „Don’t Smoke“-Initiative hält Rendi-Wagner beim Frauenvolksbegehren eine Volksabstimmung nicht für geboten, weil hier viele verschiedene Themen angesprochen und ein breites Spektrum am Forderungen enthalten sei. Hier sei es Aufgabe der Politik, damit verantwortungsbewusst umzugehen. Die Regierung sollte die einzelnen Maßnahmen aufgreifen und umsetzen, meinte Rendi-Wagner, die die mehr als 480.000 Stimmen dafür als „respektables Ergebnis“ bezeichnete.

Die designierte SPÖ-Vorsitzende betonte auch, dass zwei Drittel der Bevölkerung ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie unterstützen würden. Als Ärztin sei es ihr auch wichtig hervorzuheben, dass damit pro Jahr 30.000 Spitalsaufenthalte verhindert werden könnten. In fünf Jahren könnten allein mit dem Rauchverbot in der Gastronomie 150.000 Menschen vor schweren Erkrankungen wie Krebs und Herzinfarkt verschont werden.

Auch NEOS drängt Regierung

Auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger drängte die Regierung zu einer Volksabstimmung über das Anti-Rauch-Volksbegehren. „Wenn die Forderung nach direkter Demokratie mehr war als ein schwarz-blauer Wahlkampfschmäh, muss die Regierung eine Volksabstimmung zu ‚Don’t Smoke‘ zulassen“, so Meinl-Reisinger in einer Aussendung. „Direkte Demokratie ist kein Schönwetterprogramm. Das heißt, dass man direkte Demokratie nicht immer nur dann unterstützen darf, wenn es einem gerade in den Kram passt.“

Liste-Pilz-Klubobmann Wolfgang Zinggl sieht die fast 900.000 Unterschriften als „klaren Auftrag“. Wird ein dermaßen unterstütztes Volksbegehren nicht ernst genommen, sei das ein „Generator für Frustrationen“.

ÖVP-Landeshauptmann hofft auf FPÖ-Umdenken

Während sich die Regierungspartner ÖVP und FPÖ auch nach den fast 900.000 Stimmen des „Don’t Smoke“-Volksbegehrens in einer ORF-„Runder Tisch“-Sendung mit Hinweis auf Pakttreue und auf das Regierungsprogramm gegen eine bindende Volksabstimmung in Sachen Nichtrauchen in der Gastronomie ausgesprochen haben, kommen erste Stimmen aus der ÖVP, die für einen Volksentscheid plädieren.

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) – ein langjähriger Verfechter des Rauchverbots in der Gastronomie – bekräftige am Dienstag seinen Standpunkt. „Ich bleibe bei meiner Meinung: Dieses Rauchverbot wird kommen – früher oder später. Ich hoffe auf ein Umdenken der FPÖ.“

„Ich war der Erste innerhalb der ÖVP, der vor vielen Jahren bereits ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie gefordert hat, damals stieß ich auf breite Ablehnung. Ob es eine Volksabstimmung geben soll, ist Sache der Bundesregierung. Ratschläge erteile ich denen intern“, sagte der steirische Volkspartei-Chef gegenüber der APA. Schützenhöfer hatte bereits 2013, damals noch als Tourismusreferent, ein Rauchverbot in der Gastronomie gefordert: „Man muss der Gastronomie reinen Wein einschenken“, sagte er damals nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Was ist ein Volksbegehren wert?

Nach dem Ende der Eintragungsfrist für die Volksbegehren zu den Themen Rauchverbot, Frauenrechte und ORF-Beiträge diskutierten Spitzenvertreter der fünf Parlamentsparteien über die – möglichen – Konsequenzen.

Auch Gemeindebund-Präsident für Verbot

Der Grazer ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl, der für das Nichtrauchervolksbegehren selbst die Werbetrommel gerührt hatte, sprach sich im „Kurier“ für ein Referendum aus. „Jetzt sollte es auf jeden Fall eine Volksabstimmung geben. Wenn ein Thema politisch nicht zum Heben ist, muss man den Publikumsjoker nehmen“, so Nagl.

Auch der Salzburger ÖVP-Bürgermeister Harald Preuner meinte in der Zeitung, dass „bei einer so hohen Beteiligung ein verbindlicher Volksentscheid möglich gemacht werden“ sollte. „Ich würde dafür plädieren, dieses Volksbegehren zum Anlass zu nehmen, schon früher einen verbindlichen Volksentscheid einzuleiten, nicht erst 2021“, sagte auch der ÖVP-Bürgermeister und Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl im „Kurier“.

Riedl kommt aus der niederösterreichischen ÖVP, die der Rücknahme des Rauchverbots von Anfang an kritisch gegenüberstand. „Der Zulauf zeigt, dass unser Koalitionspartner auf Bundesebene die Situation neu bewerten sollte“, so der niederösterreichische ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner. Es sei klar, „dass man den Willen der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen hat“.

Hartinger-Klein: Keine Sonderbehandlung

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hält eine Sonderbehandlung des Volksbegehrens unterdessen für nicht nötig. Die 900.000 Unterschriften wurden nicht erreicht, das Volksbegehren werde daher im Parlament behandelt wie jedes andere auch, sagte die Ressortchefin laut Parlamentskorrespondenz am Dienstag.

Ihr sei es vorrangig wichtig, „dass Jugendliche erst gar nicht zu rauchen beginnen“. Die Zahl der rauchenden Jugendlichen sei auch stark zurückgegangen, so Hartinger-Klein. Die Ministerin versicherte, die von ihr verordneten strengeren Regelungen für den Aufenthalt von Lehrlingen in der Gastronomie in Raucherräumen würden durch das Arbeitsinspektorat kontrolliert.

Strache: Hürde nicht erreicht

Strache schrieb Montagabend via Facebook neuerlich, dass die Freiheitliche Partei „jederzeit bereit“ wäre, „direkte Demokratie als Recht des Volkes analog zur Schweiz auch früher umzusetzen“. Zugleich fügte Strache an, dass 85 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten das erfolgreichste der drei Volksbegehren nicht unterschrieben hätten und die angepeilte 900.000-Unterschriften-Hürde nicht erreicht worden sei.

Auch im ORF-„Report“ bekräftigte Strache, dass es „keine Nachverhandlungen“ geben werde. Er berief sich auf das Regierungsprogramm und die für 2022 geplanten Änderungen im Hinblick auf die direkte Demokratie. Auf die Frage, ob die Koalition mit der ÖVP „wichtiger“ sei als „einstige Wahlversprechen“ sagte Strache: „Entscheidend“ sei, dass „ich keine absolute Mehrheit habe“.

Strache versprach in seinem Facebook-Posting aber, „dass alle Volksbegehren sorgfältig und intensiv im Nationalrat behandelt werden. Nicht nur das medial massiv unterstützte generelle Rauchverbot in der Gastronomie und das Frauenvolksbegehren, sondern natürlich auch das medial verschwiegene ORF-Volksbegehren zur Abschaffung der GIS-Zwangsgebühr“.