Katze schaut aus einem Flugzeugfenster
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Emotionale Unterstützung

US-Fluglinien im Clinch mit „Assistenztieren“

Der Fall einer Frau, die in Orlando im US-Bundesstaat Florida eines Flugzeugs verwiesen worden ist, weil sie gemeinsam mit einem Eichhörnchen reisen wollte, sorgt derzeit für Schlagzeilen. Es ist nicht der erste Fall dieser Art: Ein US-Gesetz erlaubt Passagierinnen und Passagieren prinzipiell, ein „Assistenztier“ als „emotionale Unterstützung“ an Bord zu nehmen. Kuriose Szenen sind damit programmiert.

Der 1986 in Kraft getretene „Air Carrier Access Act“ verbietet Fluglinien die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung. Eine Regelung dabei besagt, dass diese ein Tier zur Unterstützung mit an Bord nehmen dürfen – und das gratis. Als Fall hatte man wohl einen Blindenhund vor Augen, der Passagiere mit Sehbehinderung unterstützt.

Allerdings sehen die Regeln auch tierische Begleiter für die „emotionale Unterstützung“ vor, etwa für Menschen mit posttraumatischen Störungen. Um welches Tier es sich handelt und welche Hilfe es für die Person darstellt, ist freilich höchst subjektiv – und die Wahl häufig extravagant.

Medizinische Bestätigung keine Hürde

Die Passagiere brauchen für die Mitnahme lediglich eine medizinische Bescheinigung, dass sie auf das Tier angewiesen sind. Diese lässt sich allerdings, berichtet der „Economist“, rasch und billig über Anbieter im Web erwerben. Zumindest theoretisch könnte es also sein, dass ein Passagier behauptet, dass er ohne die psychische Unterstützung und physische Anwesenheit eines um den Hals geschlungenen Pythons sofort in Panik verfällt.

Kuriose Fälle nehmen zu

Wie glaubwürdig der Grund für die Mitnahme des Tieres ist, müssen schließlich die Fluglinien entscheiden. Diese sehen sich mit einer Zunahme an – auch kuriosen – Fällen konfrontiert: Im Vorjahr stieg die Zahl der transportierten Assistenztiere alleine bei der Fluglinie United Airlines von 43.000 auf 76.000, so der „Economist“. Offenbar nutzen die Regelung viele Menschen aus, die ihrem Tier den Transport in Boxen im Frachtraum ersparen wollen. Zudem mehren sich die Fälle, bei denen Menschen eher ungewöhnliche Tiere mit sich führen wollen.

So sorgte die Frau mit Eichhörnchen am Dienstag für eine mehrstündige Verzögerung des Fluges von Orlando nach Cleveland, nachdem Frontier Airlines die Mitnahme verweigert hatte. Die Frau hatte laut US-Medien bei der Buchung angegeben, ein Tier mit an Bord zu nehmen, verschwieg aber die Gattung. In Orlando schaffte sie es, mit dem Eichhörnchen an Bord zu gehen.

Die Sache mit dem Assistenzpfau

Als das Flugpersonal das Tier entdeckte, weigerte sie sich, die Maschine zu verlassen. Alle anderen Passagiere mussten daher das Flugzeug verlassen, die Frau wurde dann gegen ihren Willen – doch unter Beifall der anderen Passagiere – wieder in das Flughafengebäude gebracht. Mit mehrstündiger Verspätung konnte der Flug dann stattfinden.

Ähnliche Fälle passieren in den USA immer wieder. Erst im Jänner war eine Künstlerin einer United-Airlines-Maschine verwiesen worden – gemeinsam mit ihrem „Assistenzpfau“, den sie als Reisegefährten mitnehmen wollte.

Ein Truthahn als Sitznachbar

Ein tragisches Ende nahm heuer im Februar der Versuch einer Studentin in Florida, ihren Hamster Pebbles mit sich reisen zu lassen. Als man ihr die Mitnahme des Tieres verbot, entschied sich die Frau für den wichtigen Flug und gegen den Hamster. Er endete in einer Flughafentoilette. Umgekehrt tauchten in den vergangenen Jahren in Sozialen Netzwerken immer wieder Bilder von Fluggästen auf, die sich plötzlich neben Truthähnen, Schweinen oder Enten wiederfanden.

Delta Airlines verzeichnete laut „Economist“ von 2016 auf 2017 einen Anstieg von tierischen Zwischenfällen um 84 Prozent, zumeist handelt es sich um Störungen durch Urin oder Kot und um aggressives Verhalten der Tiere. In einer im September veröffentlichten Umfrage unter Flugbegleitern gaben 61 Prozent an, schon mindestens einen Zwischenfall mit einem Assistenztier an Bord erlebt zu haben.

Fluglinien ringen um Regeln

Mittlerweile versuchen US-Fluglinien mit neuen Regeln das Problem zu lösen. Frontier erlaubt ab 1. November nur noch Katzen und Hunde als emotionale Unterstützung. Und trainierte Minipferde, die laut US-Gesetz wie Assistenzhunde zu behandeln sind. United Airlines verlangt nach dem Pfau-Zwischenfall Bescheinigungen für die Gesundheit des Tieres.

Und die Besitzer müssen ein Formular ausfüllen, auf dem sie bestätigen, dass sie glauben, dass sich das Tier in der Öffentlichkeit zu benehmen weiß und keine Probleme beim Flug macht. American Airlines wiederum veröffentlichte am 1. Juli eine Liste von Tierarten, die nicht in die Kabine mitgenommen werden dürfen, darunter Amphibien, Insekten, Ziegen, Igel und Nagetiere.