Frauenhände bei einer Hochzeit
Getty Images/Hinterhaus Productions
„Ehe für alle“ kommt

Regierung gibt sich geschlagen

Lange hatte sich die Regierung dagegen gesträubt, genützt hat es nichts: Ab 1. Jänner stehen sowohl Ehe als auch eingetragene Partnerschaft allen – Homo- und Heterosexuellen – offen. Auf eine Neuregelung der vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) beanstandeten Regelung wird mangels Aussicht auf Erfolg verzichtet.

Das Ansinnen der FPÖ, eine Lösung zu finden, um die Ehe Heterosexuellen vorzubehalten, sei nicht umsetzbar, teilten die Klubobmänner August Wöginger (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) am Donnerstag per Aussendung mit. Die Klubchefs hielten fest, dass weder SPÖ noch NEOS bereit seien, die Ehe zwischen Mann und Frau mit Zweidrittelmehrheit in der Verfassung zu verankern. Also „hat die ÖVP/FPÖ-Koalition mit ihrer einfachen Mehrheit im Nationalrat die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zu akzeptieren, der die Ehe auch für Homosexuelle geöffnet hat“.

Beide Parteien hatten sich im Nationalratswahlkampf 2017 gegen die Öffnung der Ehe positioniert. Der VfGH hatte aber im Dezember 2017 die gesetzliche Regelung aufgehoben, die homosexuellen Paaren den Zugang zur Ehe verwehrt – und zwar per 31. Dezember 2018. Sollte bis dahin nichts geschehen, worauf jetzt alles hindeutet, werden ab 1. Jänner 2019 die Ehe und die eingetragene Partnerschaft geöffnet. Beide Rechtsinstitute stehen dann sowohl Paaren verschiedenen als auch gleichen Geschlechts zur Verfügung.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger und FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz
APA/Roland Schlager
Wögingers und Rosenkranzs Suche nach einem Ausweg blieb erfolglos

Kirche sieht „Generationenfolge“ in Gefahr

Kardinal Christoph Schönborn hatte noch vor einer Woche in der Wiener Kirchenzeitung die Regierung aufgefordert, gewissenhaft zu prüfen, „ob es Wege gibt, das Erkenntnis so umzusetzen, dass es keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mehr gibt und trotzdem die Unverwechselbarkeit der Ehe bleibt – in ihrer Doppelfunktion des öffentlichen Gelöbnisses und der Sicherung der Generationenfolge durch Mann und Frau“. Nicht nur die Kirche, sondern auch die Vernunft sage daher, dass die Ehe auch in ihrer rechtlichen Form aus zwei Elementen bestehen solle, und zwar „der gegenseitigen Liebe mit ihrem öffentlichen Bekenntnis und der Ausrichtung auf die Generationenfolge“.

Opposition: „Im 21. Jahrhundert angekommen“

Sehr erfreut, aber mit Kritik an der „rückwärtsgewandten“ Regierung reagierten dagegen SPÖ und NEOS auf die Mitteilung der Klubchefs von ÖVP und FPÖ. „Auch die Koalitionsparteien akzeptieren endlich das Urteil des Verfassungsgerichtshofes“, sprach SPÖ-Abgeordneter Mario Lindner von einem „guten Tag für die Gleichstellung in unserem Land“. „Traurig“ fand er es, dass die Regierung Monate der öffentlichen Diskussion „für die simple Erkenntnis gebraucht hat, dass das Urteil unseres Höchstgerichts umzusetzen ist“.

Der stellvertretende NEOS-Klubchef Niki Scherak sagte, dass Österreich nur dank des VfGH-Spruchs im 21. Jahrhundert angekommen ist, sei „ein Armutszeugnis“. Das Parlament hätte selbst die Ehe reformieren und öffnen sollen – und sollte jetzt zumindest „gleich ein modernes Eherecht“ beschließen. Jedenfalls aber sei es „großartig“, dass nun ab 1. Jänner Ehe und eingetragene Partnerschaft allen offenstehen.

Österreich Nummer 16 in Europa

In Europa steht die Ehe gleichgeschlechtlichen Paaren bisher in 15 Ländern offen, mit Österreich werden es 16. Vorreiter waren die Niederlande als weltweit erstes Land, in dem 2001 die Eheschließung vor dem Standesamt auch Homosexuellen zugestanden wurde. In den Jahren danach folgten Belgien, Spanien, Norwegen, Schweden, Portugal, Island, Dänemark, Frankreich, Großbritannien (mit Ausnahme Nordirlands), Luxemburg, Irland, Finnland, Malta und Deutschland. In den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Spanien, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland haben homosexuelle Paare das volle Adoptionsrecht.