Italien ordnet Umzug von Flüchtlingen aus Riace an

Nach der Festnahme des Bürgermeisters von Riace hat das italienische Innenministerium angeordnet, die Flüchtlinge aus dem süditalienischen Dorf in Flüchtlingsunterkünften unterzubringen. Wie das Ministerium gestern mitteilte, sollen die Umzüge in der kommenden Woche beginnen.

Riaces Bürgermeister Domenico Lucano, der durch die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen europaweit bekannt geworden war, war vor zehn Tagen festgenommen und unter Hausarrest gestellt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Lucano wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung.

Der Bürgermeister von Riace (Italien) Domenico Lucano winkt aus einem Fenster
AP/Marco Costantino

Ihm wird unter anderem vorgeworfen, Scheinehen zwischen Bewohnern seines Dorfes und Migrantinnen arrangiert zu haben. Außerdem soll er die Müllentsorgung in Riace ohne Ausschreibung an Kooperativen an Flüchtlinge vergeben haben.

Musterbeispiel für Integration

Lucano hatte das Dorf mit 1.800 Einwohnerinnen und Einwohnern in Kalabrien in den vergangenen Jahren zu einem Musterbeispiel für die Integration von Flüchtlingen gemacht. Er nahm dutzende Menschen etwa aus Afghanistan, Eritrea und dem Irak auf und quartierte sie in leerstehenden Häusern in dem von Abwanderung betroffenen Dorf ein. Die Dorfschule wurde wieder geöffnet, von Flüchtlingen und Dorfbewohnern neu eröffnete Geschäfte und Ateliers zogen Touristen und Touristinnen an.

Lucano wurde 2016 von der Zeitschrift „Fortune“ in die Liste der 50 einflussreichsten Persönlichkeiten aufgenommen, der deutsche Regisseur Wim Wenders drehte einen Film über ihn.

Salvini begrüßte Festnahme

Seit dem Sommer regiert in Italien eine Regierung aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtsextremen Lega. Vor allem Vizeregierungschef und Innenminister Matteo Salvini von der Lega-Partei verfolgt einen flüchtlingsfeindlichen Kurs. Er lässt etwa keine Schiffe von Hilfsorganisationen mehr in italienische Häfen und will Asylwerbende in größeren Flüchtlingszentren unterbringen.

Im Fall von Riace will Salvini offenbar verhindern, dass sich andere italienische Städte und Dörfer die Modellgemeinde zum Vorbild nehmen. Salvini hatte Lucanos Festnahme begrüßt und jene Menschen kritisiert, „die Italien mit Einwanderern vollstopfen wollen“.