Soldaten einer Gurkha-Brigade
Reuters/Ahim Rani
Männerbastion fällt

Gurkhas nehmen erstmals Frauen auf

Die mehr als 200 Jahre alte britische Eliteeinheit der Gurkhas in Nepal nimmt ab 2020 erstmals Frauen auf. Die sportlichen Aufnahmetests zählen weiter zu den härtesten der Welt. Nur maximal 250 von Zehntausenden Bewerbern erfüllen die Anforderungen.

Das berüchtigte „Doko-Rennen“, 25 Kilogramm Sand und Steine, in einem Weidenkorb mit einem Riemen am Kopf befestigt, im Laufschritt fünf Kilometer weit bergauf zu schleppen, ist nur ein Teil des beinharten Auswahlverfahrens der Elitesoldaten. Dazu mindestens acht Klimmzüge, einen 800-Meter-Lauf unter 2:45 Minuten, 70 Sit-ups innerhalb von zwei Minuten und 75 Sprünge über eine Sitzbank binnen einer Minute.

Die Liste der Anforderungen, die eine angehende Spitzensoldatin und ein Spitzensoldat der Gurkhas schaffen muss, ist um einiges länger: Mehr als vier Zahnfüllungen oder falsche Zähne sowie laseroperierte Augen sind nicht erlaubt, außerdem werden ein Körpergewicht von mindestens 50 Kilogramm bei einer Mindestgröße von 1,58 Meter und gute Englischkenntnisse erwartet.

Enormer Andrang trotz harter Auslese

Das britische Verteidigungsministerium betont, dass sämtliche Funktionen in der Spezialeinheit ausschließlich von Fitnesskriterien abhängig seien und keine Rücksicht auf das weibliche Geschlecht genommen werde.

Um die Mitgliedschaft in der derzeit 3.000 – bisher ausschließlich – Mann starken Kampfeinheit der Royal Army mit dem Wahlspruch „Lieber sterben, als ein Feigling zu sein“ (Better to die than be a coward) rittern jährlich Zehntausende Bewerber, nur 250 werden aufgenommen. Auf die Auserwählten warten ein – für nepalesische Verhältnisse ausgezeichnetes – Jahresgehalt von mehr als 18.000 britischen Pfund (ca. 20.000 Euro), ein britischer Pass und im Alter eine lebenslange Armeepension.

Nepalesische Jugendliche trainieren für das „Doko Race“
picturedesk.com/EPA/Narendra Shrestha
Gurkha-Anwärter müssen beinharte Auswahlkriterien bestehen

Nachdem die Heimat der Spezialeinheit, das männerdominierte Nepal, seit drei Jahren mit Präsidentin Bidhya Devi Bhandari von einer Frau regiert wird, sollen laut BBC nun auch Frauen als Kämpferinnen in der traditionsreichen Einheit aufgenommen werden. Für Generalleutnant Nick Pope, den Kommandanten der Gurkhas, spiegelt diese Entscheidung die „Offenheit und Vielfalt der britischen Armee“ wider. „Die Gurkhas sind bekannt als eine der besten Kampfeinheiten weltweit“, ergänzte der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson, es sei daher absolut richtig, dass nun auch Frauen in dieser Eliteeinheit ihrer Majestät dienen dürfen.

Nepalesinnen bereiten sich mit Höhentraining vor

Nepalesinnen und Nepalesen, die die ersten Aufnahmetests bestanden haben, müssen dann noch ein zehnwöchiges Trainingscamp in der englischen Grafschaft North Yorkshire absolvieren und einen Kurs über die englische Sprache und Kultur belegen, bevor ihre eigentliche militärische Ausbildung beginnt.

Hunderte Nepalesinnen haben als angehende Rekrutinnen inzwischen ein spezielles Höhentraining begonnen, um sich für die Spezialeinheit zu qualifizieren. Der pensionierte Gurkha-Soldat Yam Bahadur Gurung trainiert einige dieser Anwärterinnen und freut sich über deren Interesse: „Viele dieser Frauen werden von Männern noch nicht ernst genommen. Sie werden als schwach angesehen, aber ich sehe das anders“, sagt Bahadur Gurung. Diese Frauen arbeiten auf dem Himalaya als Trägerinnen und sind unglaublich fit, es gibt keinen Grund, warum sie nicht neben Männern bestehen können, so der Ex-Elitesoldat.

Soldaten einer Gurkha-Brigade
AP/Richard Pohle
Stolze Soldaten im Dienst der Queen

Gurkhas – Elitekämpfer mit Tradition

„Es gibt keinen sichereren Platz als dort, wo Gurkhas sind“, sagt auch Prinz Harry, der 2007 selbst mit dem ersten Gurkha-Bataillon im Afghanistan-Einsatz war. Die Geschichte der zähen und genügsamen Elitetruppe begann 1815, als das Königreich Gorkha, das spätere Nepal, der britischen Ostindien-Kompagnie, seinem ehemaligen Feind, nach einem Friedensabkommen erlaubte, nepalesische Söldner zu rekrutieren.

1857, bei einer Meuterei der Truppen der Ostindien-Kompagnie, zeichneten sich die Gurkhas durch besonderes taktisches Geschick im nordindischen Hügelland und große Loyalität gegenüber den Briten aus und wurden offiziell in die britische Armee aufgenommen.

Seither haben die insgesamt zehn Gurkha-Bataillone in vielen Kriegen in aller Welt für Großbritannien gekämpft. In beiden Weltkriegen waren mehr als 230.000 Gurkhas im Kampfeinsatz, 43.000 wurden dabei getötet. Seit gut 50 Jahren sind etwa 3.000 Mann von Zypern über die Falkland-Inseln, das Kosovo, bis in den Irak und in Afghanistan vor allem als Infanteristen, Techniker und Logistiker für die britische Armee im Einsatz.

Österreichische Bundesheer-Soldatin
APA/Georg Hochmuth
Österreichische Beobachtungsunteroffizierin in Kampfausrüstung

Frauen im Kampfeinsatz

In Großbritannien sind Frauen zwar seit 1918 – etwa in der Women’s Royal Air Force, einer Hilfseinheit der Luftwaffe – im Einsatz, und der Frauenanteil der britischen Armee liegt derzeit bei etwa neun Prozent. An Kampfeinsätzen teilnehmen dürfen die britischen Soldatinnen allerdings erst seit 2016. Zuvor waren sie vor allem als Systemerhalterinnen im Militärdienst aktiv. Im Gegensatz zur deutschen Bundeswehr, wo Frauen seit 1975 im Sanitätsdienst und seit 1988 auch in allen Waffengattungen als Soldatinnen im Einsatz sind.

Beim österreichischen Bundesheer sind Frauen erst seit 1998 zugelassen. Im Gegensatz zu den Gurkhas gelten für sie erleichterte Aufnahmekriterien. So müssen Rekrutinnen etwa 15 statt 25 Liegestütze schaffen und einen 2,4-Kilometer-Lauf in 12:30 anstatt 11:30 Minuten absolvieren.