Deutsche Polizisten der Spezialeinheit
Reuters/Thilo Schmuelgen
Geiselnahme in Köln

Polizei „ermittelt in alle Richtungen“

Nach der Geiselnahme auf dem Kölner Hauptbahnhof am Montag schließt die Polizei einen Terrorhintergrund nicht aus. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, so eine Polizeisprecherin am Montagabend bei einer Pressekonferenz in Köln. Am Tatort wurden Papiere eines Syrers gefunden – die Identität des Täters sei aber noch nicht eindeutig geklärt, hieß es.

Der Mann hatte sich am Montagnachmittag mehrere Stunden lang mit einer Geisel in einer Apotheke des Gebäudes verschanzt, bevor die Polizei die Geiselnahme blutig beendete. Zuvor hatte er in einem Bahnhofsrestaurant einen Molotowcocktail gezündet. Der Täter wurde im Zuge der Verhaftung schwer verletzt und musste reanimiert werden.

Die Geisel, eine Angestellte der Apotheke, ist laut Aussagen der Feuerwehr mittelschwer verletzt – sie erlitt einen Schock und eine Benzingasvergiftung. Eine 14-Jährige erlitt in Folge der Explosion Verbrennungen am Fuß, eine weitere Person erlitt eine Rauchgasvergiftung.

Geisel „massiv bedroht“

Beim Zugriff der Einsatzkräfte habe der Täter die Frau massiv bedroht und versucht sie anzuzünden. Das hätten die Einsatzkräfte verhindert. Der Mann habe eine Schusswaffe in der Hand gehabt, noch unklar sei, ob es sich um eine echte Waffe oder einen Gasrevolver handelte.

Der Täter soll mehrere Gaskartuschen genutzt und in der Apotheke auf dem Hauptbahnhof gelagert haben. Es seien blaue Campinggaskartuschen und Brandbeschleuniger gefunden worden, von denen einige mit Klebeband verbunden gewesen seien, sagte ein Polizeisprecher bei der Pressekonferenz.

Polizeieinsatz in Köln
APA/AFP/dpa/Oliver Berg
Die Einsatzkräfte waren mit einem Großaufgebot am Tatort

Geiselnehmer forderte freien Abzug

Bei der Geiselnahme soll der Mann nach Angaben eines weiteren Sprechers auch geäußert haben, dass er zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehöre. Die Staatsanwaltschaft Köln leitete gegen den Geiselnehmer ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Mordes und Körperverletzung ein. Das teilte eine Sprecherin der Behörde am Montagabend mit.

Der Geiselnehmer soll nach Angaben der Polizei freien Abzug gefordert haben. Er habe außerdem einen Koffer und eine Reisetasche verlangt, sagte der leitende Polizeidirektor. Koffer und Tasche habe er zuvor im Cafe eines Schnellimbisses liegen gelassen, in dem er einen Brandbeschleuniger gezündet hatte. Zudem habe der Mann die Freilassung einer Tunesierin gefordert.

In der Bahnhofsapotheke wurden laut Kriminalpolizei Papiere eines 55 Jahre alten Syriers gefunden. Der Besitzer dieser Papiere habe eine Duldung bis Mitte 2021 erhalten. Der Geiselnehmer sei mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ der Passinhaber, hieß es. Die Ermittler betonten gleichzeitig, dass die Identität des Täters aber noch nicht eindeutig geklärt sei. Der Inhaber des gefundenen Dokuments von 2016 sei umfangreich wegen verschiedener Delikte wie Diebstahl und Bedrohung bekannt.

Hauptbahnhof wieder offen

Am Montagabend wurde der gesperrte Hauptbahnhof wieder freigegeben. Es komme aber weiterhin zu Verspätungen rund um den viel befahrenen Schienenknotenpunkt, hieß es gleichzeitig. Nach Schätzungen der Deutschen Bahn NRW waren Hunderte Züge von der stundenlangen Sperrung betroffen. Fernzüge, Regionalbahnlinien und S-Bahnen sollten umgeleitet werden. Einige Züge endeten vorzeitig.