Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
ORF.at/Roland Winkler
U-Ausschuss

Ex-Beamtin belastet BVT und empört

Die frühere BVT-Beamtin Ria-Ursula P. hat am Dienstag im Untersuchungsausschuss den Staatsschutz mit Vorwürfen belastet. Sie sprach von Gehässigkeiten und Mobbing im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Konkreter wurde P. aber nicht. Stattdessen sorgte sie mit einer Aussage über den Ausschuss für Empörung.

P., die von 2015 bis 2017 im Staatsschutz im Nachrichtendienst arbeitete, nun aber karenziert ist, war eine jener vier Belastungszeugen, die Mitte Februar von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) über Vorgänge im BVT einvernommen worden sind. Aufgrund der Aussagen kam es zur Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten des BVT und an vier Privatadressen. Der Vorwurf der Opposition lautet, dass das Kabinett von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) die vier Belastungszeugen für die Staatsanwaltschaft präpariert habe – was das Ressort zurückweist.

Am Dienstagvormittag schilderte P., dass sie wegen „verschiedener Umstände in Karenz gehen musste“. Auf Nachfrage konkretisierte die Ex-BVT-Beamtin, dass sie die Vorgänge im Staatssschutz unter dem Schlagwort „Mobbing“ subsumieren würde. Deshalb habe sie sich vorgenommen, „Missstände im BVT“ dem zuständigen Innenminister – „egal, wer es nach der Wahl ist“ – zu melden. Ihr BVT-Kollege und Belastungszeuge Anton H., der am Mittwoch im Ausschuss geladen ist, habe den Kontakt zu Udo Lett, Kabinettsmitarbeiter im Innenressort, hergestellt. Daraufhin gab es ein Gespräch mit Kickl, Lett und dem Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber.

Konkrete Vorwürfe blieben aus

Der Innenminister habe nach etwa fünf Minuten das Gespräch verlassen und auf Goldgruber verwiesen. „Goldgruber hat dann gesagt: ‚Das, was Sie mir sagen, ist eine Straftat, das muss ich anzeigen. Das heißt, Sie müssen als Zeugin aussagen‘“, sagte P. vor dem Ausschuss. Ein paar Tage später, konkret am 21. Februar, wurde sie von WKStA-Staatsanwältin Ursula Schmudermayer befragt. Den Kontakt hatte abermals Lett hergestellt. P. selbst erklärte, dass sie bei der WKStA keine strafrechtlichen relevanten Vorwürfe vorgebracht habe.

Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
ORF.at/Roland Winkler
Die Vorsitzende Doris Bures musste am Dienstag öfters als sonst in die Befragung eingreifen

Es seien „Kleinigkeiten“ und „Spitzfindigkeiten“ gewesen, die den Alltag erschwert hätten. „Mir sind sehr viele Dinge aufgefallen, die so nicht passen können. Ich musste in Karenz gehen, weil die Situation nicht mehr machbar war“, sagte P. Zudem sprach sie von Machtspielen, Sicherheitsrisiken und Diskriminierungen. Erst auf Nachfrage ließ sie Unterlagen mit dokumentierten Vorwürfen verteilen. Es handelt sich offenbar um eine WhatsApp-Gruppe der Asienabteilung. „Das wurde immer weitergeschickt“, sagte P. Als sie ihren Vorgesetzten von den Missständen erzählte, soll er gesagt haben: „Bitte hör auf mit dem Schas. Wennst deppert wirst, wirst versetzt.“

Interessant an den Unterlagen ist, dass sich darin Auszüge aus dem Jahr 2018 bzw. nach ihrer Zeit im Staatsschutz finden. Auf die Frage, warum P., die ja in Karenz ist, noch immer in dieser Gruppe sei, sagte die Auskunftsperson, dass sie drinnen bleiben wollte, um die Nachrichten zu dokumentieren. Auf eine hartnäckige Nachfrage vonseiten der ÖVP-Fraktion reagierte P. verärgert. „Ich lege ihnen Vorwürfe vor, und Sie unterstellen mir, dass ich für die Missstände verantwortlich bin. Das finde ich schon arg.“

Über Alkoholkonsum und Sprachkenntnisse

Wie schon bei der Einvernahme in der WKStA im Februar erwähnte sie ihren Ex-Vorgesetzten Bernhard P. (Leiter im Nachrichtendienstreferat, Anm.), den sie als „cholerisch“ bezeichnete und dem sie mangelnde Englischsprachkenntnisse unterstellte. „Wir haben mit ausländischen Diensten zu tun, aber das Englisch von Herrn P. ist wirklich schlecht. Sie müssen sich vorstellen, wir waren bei einem Mittagessen, und Herr P. hat die Speisekarte übersetzt und P. hat statt Rehbraten mit Bambi Meat übersetzt. Ich habe mich wirklich geniert“, erzählte die Zeugin. Ihr Ex-Chef habe bei Treffen auch sehr viel Alkohol konsumiert, „das kann gefährlich sein, weil da hat man dann keinen klaren Kopf mehr“.

Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
ORF.at/Roland Winkler
Die Abgeordnete Kai Jan Krainer (SPÖ) und Stephanie Krisper (NEOS) wollten mehr über die Vorwürfe gegen das BVT wissen

Für Empörung sorgte P., als sie abermals über ihre Aussagen in der WKStA gefragt wurde. Konkret wollte NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper wissen, ob die Ex-Beamtin vor ihrer Einvernahme von ihrer Amtsverschwiegenheit entbunden wurde. „Ich weiß nicht, warum Sie mich immer das Gleiche fragen“, sagte P. Daraufhin erklärte Krisper, dass das „schon seinen Sinn“ habe. P. anschließend: „Ich sage Ihnen, was ich weiß. Also ich weiß nicht, ob das ein Untersuchungsausschuss oder ein Vertuschungsausschuss sein soll.“ Die Vorsitzende des U-Ausschusses, Doris Bures, ermahnte P.

Auch als sich ÖVP-Fraktionsschef Werner Amon zur Geschäftsordnung meldete, unterbrach ihn P. „Wenn ich mich zur Geschäftsordnung melde, unterbrechen Sie mich bitte nicht“, maßregelte Amon die Auskunftsperson. Mehrmals hat P. auf Fragen der Abgeordneten mit Gegenfragen geantwortet. „Warum fragen Sie mich das? Warum fragen Sie mich das nochmals?“, so die Zeugin, die sich auch mit ihrer Vertrauensperson Franz Scharf, der laut seinem Lebenslauf auch schon im Innenministerium tätig war, öfters beraten hat.

Ex-Abteilungsleiter weist Vorwürfe von sich

Als zweite Auskunftsperson stand der ehemalige Leiter der Abteilung 2 im BVT, Martin W., dem Ausschuss Rede und Antwort. Auch W., der seit 31. März dieses Jahres wegen den Folgen eines Unfalls karenziert ist, wurde von der WKStA einvernommen. Medienberichten zufolge wollte W. stellvertretender BVT-Chef werden, wurde aber übergangen. Es wird gemutmaßt, dass der Ex-Abteilungsleiter hinter dem anonymen Konvolut mit Vorwürfen steckt, das im Frühjahr 2017 durch die Medien kursierte. Er selbst stritt am Dienstag jegliche Beteiligung am Dossier ab. Er wisse auch nicht, wer der Autor bzw. die Autorin sein könnte.

Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
ORF.at/Roland Winkler
Der FPÖ-Fraktionschef Hans-Jörg Jenewein erklärte sich die vagen Aussagen von P. damit, dass sie eingeschüchtert war

Zu Kabinettsmitarbeiter Lett, der die Belastungszeugen an die WKStA vermittelt hatte, sei er gekommen, weil er über seine Karenzierung sprechen wollte. Der erste Termin fand am 2. Februar statt, der zweite am 9. Februar, wo auch Generalsekretär Goldgruber anwesend war, der W. dann auf das Konvolut angesprochen habe. Goldgruber habe W. mitgeteilt, dass er eine Anzeige bei der WKStA einbringen werde (Anzeige wurde bereits eingebracht, Anm.) und sagte, dass W. wohl als Zeuge geladen werde. „Er ist der oberste Polizist, wenn er das sagt, muss ich das zur Kenntnis nehmen“, so W., der das Konvolut bei seiner Einvernahme in der WKStA zum ersten Mal gesehen haben will.

Strafrechtlich Relevantes im BVT hat W. – wie auch Auskunftsperson P. – nach eigenen Angaben nicht wahrgenommen. „Wenn wir Daten haben, die wir nicht haben dürfen, ist das ein strafrechtliches Thema. In meiner Abteilung haben wir versucht, sofort den gesetzmäßigen Zustand wieder herzustellen“, betonte W. vor dem Ausschuss. Als er von den Vorwürfen des Datenmissbrauchs erfahren habe (Daten von Anwalt Gabriel Lansky wurden nicht gelöscht, Anm.) sei er diesen nachgegangen. Letztlich sei es aber die Verantwortung von BVT-Chef Peter Gridling, Anzeige zu erstatten.

Ex-Referatsleiter P. im Zentrum der Befragung

Auch bei W. wurde der Ex-Referatsleiter des Nachrichtendienstes, Bernhard P., im BVT thematisiert. Laut der Auskunftsperson sei dieser Referatsleiter geworden, weil jemand für ihn vorgesprochen habe. Das habe ihn BVT-Chef Gridling erzählt. Auf Nachfrage, wer für Bernhard P. vorgesprochen hat, antwortete W.: „Der damalige Sicherheitssprecher der ÖVP.“ Eigentlich wäre für eine Referatsleitung ein Jusstudium vorgesehen, so W. Bernhard P., der ebenfalls schon im Ausschuss befragt wurde, ist nach eigenen Angaben acht Jahre lang Referatsleiter gewesen – bevor er nach der Razzia entlassen wurde. ÖVP-Sicherheitssprecher war 2010 Günter Kössl.

Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
ORF.at/Roland Winkler
Peter Pilz fragte gezielt nach parteipolitischen Interessen, die im Fall Lansky zum Vorschein kommen

Aber nicht nur Bernhard P. war Thema im U-Ausschuss, sondern auch der Ex-Vizechef des BVT, Wolfgang Z. Laut W. pflegte dieser „engen Kontakt“ mit Michael Kloibmüller, Ex-Kabinettschef des damals von der ÖVP geführten Innenministeriums. Auf Nachfrage von Peter Pilz (Liste Pilz), welches parteipolitische Hickhack hinter den Ermittlungen gegen den SPÖ-nahen Anwalt Lansky stecke, sagte W.: „SPÖ gegen ÖVP.“ Die Volkspartei habe sich Material gegen die SPÖ verschaffen wollen, stellte W. nach langem Zögern in den Raum.