„Brexit“: Schwierige Kabinettssitzung für May

Einen Tag vor dem möglicherweise entscheidenden EU-Gipfel zum „Brexit“ trifft sich heute das britische Kabinett in London. Premierministerin Theresa May will ihre Minister und Ministerinnen auf einen Kompromiss bei den „Brexit“-Gesprächen einschwören, muss allerdings mit heftigem Widerstand rechnen.

Medienberichten zufolge trafen sich mehrere Regierungsmitglieder gestern Abend zum Pizzaessen, um eine gemeinsame Strategie gegen May zu vereinbaren. Bei dem Treffen waren Berichten zufolge unter anderen „Brexit“-Minister Dominic Raab, Außenminister Jeremy Hunt und Umweltminister Michael Gove dabei.

EU-Vertreter: Vorbereitungen auf harten „Brexit“ forcieren

Bereits am Wochenende hatte es Gerüchte gegeben, bis zu vier Kabinettsmitglieder könnten zurücktreten, sollte die Regierungschefin der EU zu weit entgegenkommen. Das scheint dem Vernehmen nach nun vorerst abgewendet. Doch die Hoffnungen, dass bereits beim morgigen Gipfel ein Abkommen zustande kommt, sind stark gedämpft.

Die Europäische Union sollte sich nach den Worten eines ranghohen EU-Vertreters verstärkt darauf vorbereiten, dass es keinen Vertrag zum EU-Austritt Großbritanniens geben wird. Die Verhandlungen seien schwieriger als erwartet, sagte der EU-Vertreter heute in Brüssel. Es sei auch nicht selbstverständlich, dass es im November einen EU-Sondergipfel zum „Brexit“ geben werde. Doch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte, dass er gern ein Abkommen hätte, „weil kein Abkommen heißt: Katastrophe“.

Großbritannien meldet überraschenden Jobabbau

Wie die heute veröffentlichten Zahlen zeigen, wurden in Großbritannien ein gutes halbes Jahr vor dem „Brexit“ überraschend Jobs abgebaut. Für den Zeitraum Juni bis August meldete das Statistikamt ONS ein Stellenminus von 5.000. Einen Abbau von Jobs hatte es in der Statistik seit fast einem Jahr nicht mehr gegeben. Volkswirte hatten mit einem Stellenaufbau um 11.000 gerechnet. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 4,0 Prozent und damit auf dem tiefsten Stand seit 1975.

Der Lohnzuwachs für die Beschäftigten – ohne Bonuszahlungen – fiel zugleich mit 3,1 Prozent relativ üppig aus: So stark stiegen die Gehälter seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr – allerdings stieg auch die Inflation. Für die anstehenden Verbraucherpreisdaten für September erwarten Experten ein Plus von 2,6 Prozent. Damit dürfte die Inflation erneut einen Großteil der Lohnzuwächse aufzehren.