Rettungseinsatzkräfte mit Verletzten vor der Schule
Reuters/Reuters TV
Krim

Zahlreiche Tote bei Schulmassaker

Bei einem Angriff auf eine Schule auf der Krim sind mindestens 19 Menschen getötet und mehr als 40 verletzt worden. Die russischen Behörden gingen am Mittwoch zunächst von einem Terroranschlag in der Stadt Kertsch aus. Später stellte sich allerdings heraus, dass ein Schüler für das Massaker verantwortlich ist.

Der 18-Jährige soll in der Schule um sich geschossen und in der Kantine einen Sprengsatz gezündet haben. Dann habe er sich selbst umgebracht, teilte das staatliche Ermittlungskomitee mit. Seine Leiche sei in der Bibliothek der Schule gefunden worden, sagte Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow. Russische Medien veröffentlichten auch seinen Namen. Laut Medien befinden sich mehr als ein Dutzend Verletzte in kritischem Zustand.

Tödliche Schüsse

Aufnahmen aus einer Überwachungskamera zeigten demnach, wie ein mit einem Gewehr bewaffneter junger Mann an der Berufsschule ankommt. Die meisten Opfer waren jugendliche Schüler des berufsbildendenden Kollegs. Sie starben nach Angaben der Ermittler vor allem an Schusswunden. Die Bombe, die der Täter gezündet haben soll, war mit Metallteilen gespickt. Sicherheitskräfte fanden später einen zweiten, nicht explodierten Sprengsatz. Die Bombe sei unschädlich gemacht worden, meldeten mehrere russische Nachrichtenagenturen unter Berufung auf die Einsatzleitung.

Spezialeinsatzkräfte vor der Schule
Reuters/Ekaterina Kejzo/Courtesy of Kerch.FM
Ein Großaufgebot an Sicherheitskräften wurde zu der Schule geschickt

Die Schusswaffe soll sich der junge Mann vor einigen Wochen gekauft haben, eine entsprechende Genehmigung dafür konnte er laut Behörden vorweisen. Ein Mitschüler gab gegenüber Medien an, der junge Mann habe die Schule „wegen bösartiger Lehrer gehasst“. Rund 850 Schülerinnen und Schüler besuchen die Einrichtung.

Putin kündigt Untersuchung an

Auch Schuldirektorin Olga Grebennikowa sprach davon, dass vor der Explosion im Gebäude geschossen worden sei. Sie hatte die Schule kurz vor dem Vorfall verlassen. Im Internet kursierte ein Video, wie die erschütterte Frau dem Bildungsministerium der Krim telefonisch Bericht erstattet über das, was sie erfahren hat.

Schüler und Lehrer liefen in Panik aus dem Gebäude, als der Täter das Feuer eröffnete. „Alle sind gerannt. Ich habe gesehen, dass ein Mädchen auf dem Boden lag. Einem anderen Kind musste beim Laufen geholfen werden, weil es sich allein nicht mehr bewegen konnte. Die Wand war voller Blut. Viele haben geweint“, schilderte eine Schülerin die Vorgänge in der Schule.

Präsident Wladimir Putin sagte, es sei klar, dass in Kertsch ein Verbrechen geschehen sei. „Die Motive und der Hergang werden sorgsam untersucht“, sagte er im Fernsehen. Krim-Regierungschef Aksjonow sprach von einer „riesigen Tragödie“. Er rief eine dreitägige Staatstrauer in der Region aus.

Erste Bilder vom Tatort

Erste Videoaufnahmen zeigen Chaos und zahlreiche Einsatzkräfte am Tatort – einer Berufsschule im Osten der Halbinsel Krim.

Schwerster Amoklauf an einer Schule bisher

Auch Amokläufe an Schulen hat es in Russland schon gegeben, doch noch nie mit so schweren Folgen wie in Kertsch. Heuer im Jänner ereigneten sich innerhalb einer Woche gleich drei Vorfälle mit insgesamt rund zwei Dutzend verletzten Jugendlichen: Im sibirischen Ulan-Ude, im Gebiet Tscheljabinsk und in der Stadt Perm wurden sie von Mitschülern mit Messern bzw. einer Axt angegriffen.

Doch nach ersten Informationen über Schüsse an der Schule wurden ganz andere Erinnerungen wach: Am 1. September 2004 stürmten tschetschenische Terroristen die Schule der Stadt Beslan im Nordkaukasus und nahmen mehr als 1.100 Geiseln. Nach drei Tagen endete das Drama in einer missglückten Befreiungsaktion. In der stundenlangen Schießerei starben 331 Geiseln, darunter mehr als 180 Kinder.

Sicherheitsmaßnahmen verstärkt

Kertsch liegt ganz im Osten der Halbinsel. Von dort führen eine Fährverbindung und seit diesem Jahr auch eine Brücke auf das russische Festland. Nachdem zunächst Terroralarm ausgelöst worden war, wurden die Sicherheitsmaßnahmen an der Brücke verstärkt. Auch vor dem Schulgebäude fuhren gepanzerte Mannschaftstransporter auf.

Russland reagiert nervös auf alle Vorfälle auf der Krim, denn die Annexion der Halbinsel ist international nicht anerkannt. Die EU kritisiert sie als Bruch des Völkerrechts. Moskau fürchtet vor allem Unruhe unter den Krimtataren, die loyal zur Ukraine standen. Die Ukraine erhöhte ihrerseits die Sicherheit an den wenigen Übergängen von und zur Krim.