Ärzte ohne Grenzen kritisiert Kurz scharf

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat nach Ansicht der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen die Grenze zwischen Kritik und Diffamierung klar überschritten. Das sagte Margaretha Maleh, Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen Österreich, heute in einer Pressekonferenz in Wien.

Von Politikern „angegriffen wie nie“

Die Organisation werde zunehmend kriminalisiert und von Politikern „angegriffen wie nie zuvor“, sagte Maleh. „Als Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen will ich ganz klar sagen, dass wir nicht mit Schleppern zusammenarbeiten.“ Mit Kurz’ Vorwurf erreiche die Kriminalisierung ein neues Ausmaß, das man nicht akzeptiere. Es sei an der Zeit, stattdessen nachhaltige Lösungen für die Lage am Mittelmeer und in Libyen voranzutreiben.

Margaretha Maleh, Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen
APA/Anniev Kosta

Kurz hatte NGOs in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vorgeworfen, „das klare Ziel“ der 28 Staats- und Regierungschefs in Europa zu konterkarieren. „Und das nicht nur mit dem Ziel, Leben zu retten, sondern gemeinsam mit den Schleppern Menschen nach Mitteleuropa zu bringen“, sagte er. Konkret nannte er das Schiff „Aquarius 2“, das gemeinsam von Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee betrieben wird.

NGO: Müssen Staaten an ihre Pflicht erinnern

Die Organisation forderte die österreichische Regierung sowie die anderen europäischen Staaten dazu auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Es sei bezeichnend, dass die Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen 28 EU-Staaten daran erinnern müsse, was ihre internationalen völkerrechtlichen Verpflichtungen seien, sagte Marcus Bachmann, humanitärer Berater der Organisation in Österreich.

Bachmann nahm Bezug auf eine Aussage von Kurz, der in dem Interview gesagt hatte: „Wenn nicht europäische Schiffe retten, sondern libysche oder ägyptische, stellen sich komplexe Rechtsfragen gar nicht erst.“ Bachmann fragte, ob das bedeute, der Kanzler wolle sich menschenrechtlichen Fragen nicht mehr stellen, und nannte die Aussage eine „De-facto-Aushebelung internationaler und völkerrechtlicher Verpflichtungen“.