Präsident Donald Trump
APA/AFP/Saul Loeb
„Interessenkonflikte“

Druck auf Trump im Fall Khashoggi steigt

In der Causa um den verschwundenen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi (Dschamal Chaschukdschi) gerät nicht nur Saudi-Arabien, sondern auch US-Präsident Donald Trump zunehmend unter Druck. US-Demokraten forderten Trump nun in einem offenen Brief auf, seine Firmenbeziehungen zu Saudi-Arabien offenzulegen.

In dem am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Brief warnten demokratische Senatoren und Senatorinnen, darunter Tom Udall, Cory Booker, Elizabeth Warren und Richard Blumenthal, vor möglichen „Interessenkonflikten“. Zwar führen seit Trumps Amtsantritt Anfang 2017 seine Söhne Donald Jr. und Eric die Firmengruppe. Doch Trump hatte seine Anteile behalten.

Entsprechend müssten Trump und auch seine Söhne „Dokumente zu Finanztransfers vom Königreich Saudi-Arabien an die Trump Organization aus den vergangenen zehn Jahren offenlegen“, hieß es in dem Brief. Zudem fordern die Demokraten Informationen zu Verhandlungen über mögliche Geschäfte des Trump-Imperiums mit Saudi-Arabien und über mögliche Geschenke saudi-arabischer Staatsbürger an Trump. Erst vor wenigen Tagen hatten 22 Senatoren und Senatorinnen über die Parteigrenzen hinweg Trump aufgefordert, Sanktionen gegen Saudi-Arabien zu prüfen.

„Keine finanziellen Interessen in Saudi-Arabien“

Noch im Wahlkampf hatte Trump mit seinen guten Geschäftsbeziehungen nach Saudi-Arabien geprahlt. Saudi-Araber würden ihm für „40 Millionen Dollar, 50 Millionen Dollar“ Wohnungen abkaufen. Erst am Dienstag hatte er verlautbart, dass er „keine finanziellen Interessen in Saudi-Arabien“ habe.

Präsident Donald Trump in Saudi Arabien
AP/Evan Vucci
Trump bei einer Willkommenszeremonie im saudischen Riad im Mai vergangenen Jahres

Der Journalist und Regierungskritiker Khashoggi ist seit Anfang Oktober verschwunden. Er betrat das saudische Konsulat in Istanbul, um Papiere für seine bevorstehende Hochzeit zu organisieren, und verschwand. Türkische Behörden vermuten, dass er im Konsulat von einem aus Saudi-Arabien angereisten Spezialkommando getötet wurde. Mehrere Medien zitierten aus mutmaßlichen Audioaufnahmen, die offenbar grausame Details zeigten bis zur Enthauptung Khashoggis.

Zweifel an Riads Dementi

Riad dementierte bisher offiziell, involviert gewesen zu sein. Die „New York Times“ („NYT“) veröffentlichte allerdings am Dienstag Recherchen, wonach unter den von den türkischen Behörden ausgemachten 15 Verdächtigen ein großer Teil dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman nahestehen.

Laut „New York Times“ sind die US-Geheimdienste zunehmend davon überzeugt, dass Salman etwas mit dem Verschwinden des Journalisten zu tun hatte. Denn es stünden auch Mitschnitte saudi-arabischer Beamter zur Verfügung, die über die Festnahme Khashoggis diskutiert hätten, berichtete die Zeitung unter Berufung auf US- und europäische Geheimdienstkreise. Darüber hinaus sei es höchst unwahrscheinlich, dass ein Einsatz der saudischen Geheimdienste ohne Wissen des Kronprinzen hätte durchgeführt werden können.

Die türkische Zeitung „Sabah“ zeigte am Donnerstag Bilder aus Überwachungskameras, wonach ein Mann, der in der Entourage von Kronprinz Salman gereist war, das saudische Konsulat in Istanbul betrat, noch bevor Khashoggi das Gebäude betrat. Dem Bericht zufolge verließ der Mann das Gebäude nach einiger Zeit wieder, checkte aus seinem Hotel aus und verließ die Türkei noch am selben Tag.

Trump reagiert widersprüchlich

Trumps Reaktionen im Fall Khashoggi sind allerdings widersprüchlich. Einmal drohte er Riad mit einer „schweren Strafe“, sollte sich zeigen, dass es in den Fall verwickelt ist. Dann pochte er auf die Unschuldsvermutung für das saudische Königshaus und strich die Partnerschaft mit dem Land hervor, mit dem die USA einen 110 Milliarden Dollar schweren Rüstungsdeal geschlossen haben.

Am Mittwoch wiederum bestritt Trump, Riad für ein mögliches Verbrechen „Deckung geben“ zu wollen: „Überhaupt nicht, ich will nur herausfinden, was passiert“, sagte Trump gegenüber Journalisten. Er erwarte, dass bis Ende der Woche geklärt sei, was mit Khashoggi geschah. US-Außenminister Mike Pompeo, den Trump am Dienstag nach Riad geschickt hatte, kehrte mit der Absichtserklärung von Saudi-Arabien nach Hause zurück, eine „gründliche, vollständige und transparente“ Untersuchung durchzuführen.

Die Ermittlungen in der Türkei laufen jedenfalls auf Hochtouren. Türkische Ermittler durchsuchten am Mittwoch die Residenz des saudi-arabischen Konsuls in Istanbul – und zum zweiten Mal auch das Konsulat selbst.

Khashoggi oder Chaschukdschi?

Bei der Transkription arabischer Namen gibt es im Wesentlichen zwei journalistische Schulen: Eine versucht, den Namen mit Hilfe des Englischen wiederzugeben, die andere, mit Hilfe des Deutschen. ORF.at hat sich schon vor Jahren für die zweite Variante entschieden und ist um größtmögliche Konsistenz dabei bemüht. In einigen Fällen löst das allerdings Irritationen aus, vor allem, wenn Namen nur in der englischsprachigen Transkription bekannt sind. In diesem Sinn verwendet ORF.at ab sofort ebenfalls die Schreibweise Jamal Khashoggi.

Zahlreiche Absagen für „Wüsten-Davos“

Die mögliche Verwicklung Riads in die Causa Khashoggi schlägt sich auch auf die wirtschaftlichen Beziehungen Riads nieder. Zahlreiche namhafte Wirtschaftsvertreter haben ihre Teilnahme an der großen Wirtschaftskonferenz „Future Investment Initiative“, auch „Wüsten-Davos“ genannt, abgesagt. Inzwischen will auch US-Finanzminister Steven Mnuchin seine Teilnahme überdenken und noch am Donnerstag eine Entscheidung treffen. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, verschob bereits eine geplante Nahost-Reise, die sie auch nach Saudi-Arabien geführt hätte.

Khashoggi-Artikel veröffentlicht

Die „Washington Post“, für die Khashoggi als Kolumnist tätig war, veröffentlichte indes den mutmaßlich letzten Artikel des Journalisten. Darin hebt er die Bedeutung einer freien Presse für die arabische Welt hervor. „Die arabische Welt sieht sich ihrer eigenen Version eines Eisernen Vorhangs gegenüber, der aber nicht von äußeren Akteuren auferlegt wurde, sondern von inneren Kräften, die nach Macht streben“, heißt es in dem Kommentar. „Die arabische Welt braucht eine moderne Version der alten transnationalen Medien, damit ihre Bürger über weltweite Ereignisse informiert sein können.“