Der Skandal um Dividendensteuertricks („Cum-Ex“) betrifft mehr europäische Länder als bisher bekannt und hat für weitere internationale Finanzkonzerne ein juridisches Nachspiel. Das ist das Ergebnis einer europaweiten Medienkooperation unter der Leitung des Recherchezentrums Correctiv, an der sich auch die Nachrichtenagentur Reuters beteiligte.
Die „Cum-Ex-Files“ offenbaren, dass die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen nicht nur in Deutschland, Dänemark und Österreich geschädigt wurden, sondern auch in Belgien und Norwegen. Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft im deutschen Köln nach Reuters-Informationen im Juni ein Ermittlungsverfahren gegen die spanische Großbank Santander eröffnet.
Sie soll als Leerverkäufer in Zusammenhang mit „Cum-Ex“-Geschäften aufgetreten sein. Auch das australische Geldhaus Macquarie ist ins Fadenkreuz der Ermittler geraten. Die Bank selbst hält die Geschäfte von 2011 für legal. Ein Sprecher von Santander wollte sich nicht dazu äußern, ob die Bank „Cum-Ex“-Geschäfte als unrechtmäßig einstuft.
Keine Daten aus Österreich
Bei „Cum-Ex“ ließen sich Anleger die einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mit Hilfe ihrer Bank mindestens zweimal erstatten. Dadurch sind dem Fiskus in Deutschland nach Angaben des Finanzministeriums mehr als fünf Milliarden Euro entgangen, bevor die Gesetzeslücke 2012 geschlossen wurde. Europaweit summiert sich der Schaden auf über 55 Milliarden Euro, wenn man weitere undurchsichtige Steuerkonstruktionen hinzuzählt.
In Österreich wollte in einer Anfrage an Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) Bruno Rossmann von der Liste Pilz wissen, wie hoch der potenzielle Schaden für Österreich durch Steuerbetrug bei „Cum-Ex“-Geschäften mittlerweile ist. Zuvor hatte auch der Rechnungshof (RH) mangels vorhandener Daten keine Quantifizierung vorgenommen.
Vom Finanzministerium wurde im September weiterhin keine Gesamtschadenssumme genannt. Rossmann sprach von einer „Verschleierung potenzieller Schäden aus Cum-Ex-Geschäften“, die „schlichtweg skandalös“ sei. Das Finanzministerium hat laut dem Rechnungshof jahrelang bessere Kontrollen zu „Cum-Ex“-Geschäften verabsäumt, bei denen womöglich zu Unrecht Steuerrückzahlungen zur KESt auf Dividenden kassiert wurden.