Wahl im afghanischen Kandahar soll ausgesetzt werden

Die Parlamentswahl in der südafghanischen Provinz Kandahar wird nach dem tödlichen Anschlag auf den dortigen Polizeichef um eine Woche verschoben. Man folge damit der Empfehlung der Wahlkommission, teilte ein Sprecher des Präsidialamtes heute in Kabul mit. Die Wahl sollte ursprünglich wie im übrigen Land morgen stattfinden.

„Moralisch nicht in der Lage zu wählen“

Die Wahlkommission hatte kurz zuvor empfohlen, die Abstimmung auszusetzen, und das mit dem tödlichen Attentat auf den Polizeichef der Provinz, General Abdul Razeq, begründet. Ein Sprecher der unabhängigen Kommission sagte, die Menschen in Kandahar seien nach dem Anschlag „moralisch nicht in der Lage zu wählen“.

Razeq war eine der einflussreichsten politischen Figuren im ganzen Land und ein erbitterter Gegner der radikalislamischen Taliban. Diese hatten sich zu dem Anschlag gestern bekannt und auch zu einem Boykott der Abstimmung aufgerufen.

Taliban wollen Straßen sperren

Am Tag der Parlamentswahl wollen die Taliban größere und kleinere Straßen in ganz Afghanistan sperren. Das teilten die Extremisten heute in einer Erklärung mit. Gleichzeitig riefen sie alle Afghanen und Afghaninnen dazu auf, am Wahltag zu Hause zu bleiben.

Anfang Oktober hatten die Taliban bereits erklärt, sie würden alles tun, um die Wahl zu blockieren. Am Mittwoch riefen sie zudem alle Lehrer und Schulleiter auf, ihre Schulen nicht als Wahlbüros nutzen zu lassen, sollten sie nicht zu Schaden kommen wollen. Gestern wandten sie sich mit einer Mitteilung an Kleriker und an Älteste. Auch sie sollten alle Wahlaktivitäten verhindern, denn Wahlen seien eine Sünde und ein Verbrechen.

Morgen wird mit mehr als drei Jahren Verspätung das afghanische Parlament gewählt. Mehr als 2.500 Kandidaten ringen um 250 Sitze in der Wolesi Jirga (Haus des Volkes). Die Wahl war aufgrund von Verzögerungen bei der Wahlrechtsreform mehrere Male verschoben worden. Sie wird von großen Sicherheitsvorkehrungen begleitet.