Kein Flüchtlingszentrum in Tunesien: „Sind kein Transitland“

Tunesien hat die Errichtung eines Flüchtlingszentrums für die EU-Staaten kategorisch ausgeschlossen. „Wir sind kein Transitland mehr“, sagte der tunesische Migrationsstaatssekretär Adel Jarboui heute vor österreichischen Journalisten und Journalistinnen in Wien auf mehrmalige Nachfrage. „Ich glaube nicht, dass so eine Plattform auch nur irgendeinen Vorteil hätte, weder für Tunesien noch für die EU“, betonte er.

Jarboui wies auch darauf hin, dass ein solcher Plan „nicht umsetzbar“ wäre, und erwähnte in diesem Zusammenhang die Aufnahme eines Flüchtlingsschiffs durch sein Land im August, nachdem dieses 14 Tage lang durch das Mittelmeer geirrt war. „Wir haben diese Leute willkommen geheißen, und ich war selbst auf dem Schiff, um sie dazu zu bewegen, nach Tunesien zu kommen. Sie haben das abgelehnt. Alle haben gesagt, dass sie nach Europa wollen. So eine Situation sollte sich nicht noch einmal wiederholen“, kritisierte der tunesische Staatssekretär.

Kritik an Einwanderungspolitik

Jarboui dankte den EU-Staaten für ihre Unterstützung, rief sie aber zu noch größerem Engagement und mehr Realismus in ihrer Migrationspolitik auf. So brauche es mehr Investitionen in Tunesien, um den Migrationsdruck insbesondere auf dem Land zu verringern. Außerdem kritisierte er die Einwanderungspolitik der EU-Staaten. „Oft werden Visaanträge abgelehnt, obwohl die Betroffenen alle Anforderungen erfüllt haben“, sagte er.

Die EU und ihre Mitgliedsstaaten sollten mehr legale Einwanderungswege öffnen, brachte Jarboui eine Neuauflage von Gastarbeiterabkommen ins Spiel. Länder wie Deutschland, die in den 1970er Jahren tunesische Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen aufgenommen hätten, brauchten auch heute „ausgebildete Arbeitskräfte“. Tunesien verfüge über viele junge Fachkräfte, die zum Wohlstand in Europa beitragen könnten, betonte er.

Spindelegger lobte Zusammenarbeit mit Tunis

Der Generaldirektor des in Wien ansässigen International Centre for Migration Policy Development (ICMPD), Michael Spindelegger, hob in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Jarboui ebenfalls die gute Kooperation mit Tunis hervor. Der Ex-Vizekanzler (ÖVP) erwähnte zahlreiche Projekte, die seine Organisation im Migrationsbereich in Nordafrika umsetze. So kümmere sich die ICMPD im Rahmen eines 55 Millionen Euro schweren EU-Programms um die Beschaffung von Ausrüstung zum Grenzschutz und sorge dann auch für eine Unterweisung der nationalen Beamten und Beamtinnen mit den Geräten.