Umweltministerin Elisabeth Köstinger
ORF.at/Roland Winkler
Standortgesetz

NGOs sehen „Mauer des Schweigens“

Wegen des geplanten Standortgesetzes steht Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) weiter in der Kritik: Das Ministerium verweigere die Herausgabe detaillierter Stellungnahmen der eigenen Expertinnen und Experten, hieß es am Freitag. Es sei nur eine „weichgespülte“ Version veröffentlicht worden. Das Ministerium widersprach.

Durch das Standortentwicklungsgesetz sollen etwa künftig Großprojekte nach Ablauf einer Frist von zwölf Monaten automatisch genehmigt werden. „Das Umweltministerium weigert sich schon seit über zwei Monaten, die detaillierte Kritik der hausinternen Experten am umstrittenen Standortgesetz zu veröffentlichen. Dadurch wird eine umfassende öffentliche Debatte aus politischem Kalkül heraus untergraben“, kritisierten Mathias Huter, Generalsekretär des Forums Informationsfreiheit, und Hanna Simons, Leiterin Naturschutz beim WWF Österreich, am Freitag in einer Aussendung.

Entgegen ersten Angaben von August will das Ministerium auch keine formelle Stellungnahme zum Entwurf des Wirtschaftsministeriums abgegeben haben, sondern nur „fachliche Anmerkungen“. „Selbst diese werden jetzt nur in einer weichgespülten Form übermittelt, während die Originalaussagen unter Verschluss gehalten werden“, kritisierten die Umweltschützer.

Keine Stellungnahme abgegeben

Ein Sprecher von Ministerin Köstinger sagte auf Anfrage der APA, dass die Vorwürfe nicht nachvollziehbar seien. Einerseits habe man die „relevanten Elemente der Anmerkungen zum Standortentwicklungsgesetz zusammengefasst“ und sei damit auch deren Auskunftsbegehren fristgerecht nachgekommen. Andererseits werde das Standortentwicklungsgesetz überarbeitet, und man wisse noch nicht, was dabei herauskomme.

Der grundsätzliche Ansatz, UVP-Verfahren zu beschleunigen, sei richtig. Eine formelle Stellungnahme zum ersten Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes sei vom Umweltministerium nicht abgegeben worden, so der Sprecher von Köstinger. Es habe sich um „fachliche Anmerkungen“ gehandelt.

UVP-Pläne sind NGOs Dorn im Auge

Die NGOs kritisierten, dass sie nur „allgemeine Erläuterungen“ zum Gesetz bekommen hätten, welche Aspekte das Umweltministerium gegenüber dem Wirtschaftsministerium im August kritisiert hatte. Aber, so Simons vom WWF: „Selbst in dieser schöngefärbten Version werden die irreparablen Defizite des Standortgesetzes deutlich. Es dient einzig und allein dazu, den Umweltschutz auf allen Ebenen auszubremsen.“

Bei den geplanten Änderungen an der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) stießen mehrere Punkte auf scharfe Kritik: Ein Verein soll künftig aus mindestens hundert Mitgliedern bestehen müssen, damit er Partei im Verfahren sein kann, ein Verband soll mindestens fünf Mitgliedsvereine umfassen. Weiters soll vorgeschrieben werden: „Dem Antrag ist eine Liste der Mitglieder des Vereins mit Name und Anschrift der Mitglieder anzufügen.“ Köstinger bot hierbei an, dass diese Daten etwa durch Notare oder Wirtschaftsprüfer geprüft werden könnten, um zu verhindern, dass personenbezogene Daten an Regierungsorganisationen gehen.

Greenpeace sieht Rechtsunsicherheit

NEOS nannte dieses Vorhaben eine „NGO-Schikane“ und sah am Donnerstag darin einen Grund, die Zustimmung zum geplanten Staatsziel Wirtschaft zurückzuziehen. Dafür hätte die Regierung eine Verfassungsmehrheit gebraucht. Auch etliche NGOs liefen dagegen Sturm und forderten einen Krisengipfel.

Am Freitag warnte Greenpeace Unternehmen und Interessenvertretungen in einem offenen Brief vor den Folgen der UVP-Änderungen. Damit wären voraussichtlich etwa zwei Drittel der anerkannten Umweltschutzorganisationen in Österreich künftig von Umweltverfahren ausgeschlossen, so die Organisation. Das würde zu jahrelanger Rechtsunsicherheit führen und Projekte erst recht verzögern, oder diese könnten sogar rückwirkend aufgehoben werden – für Greenpeace ein „Bärendienst“.