Ausgetrockneter Spiegelsee auf der Reiteralm
picturedesk.com/Martin Huber
Anhaltende Trockenheit

Banges Warten auf den Regen

Das Jahr ist bisher nicht nur ungewöhnlich heiß, sondern auch sehr trocken gewesen. In vielen Regionen gab es bis zu 50 Prozent weniger Niederschlag als im langjährigen Vergleich. Vor allem die Landwirtschaft leidet unter der anhaltenden Trockenheit, Bergseen trocknen aus, stellenweise ist sogar die Trinkwasserversorgung betroffen. Sollte die Trockenheit anhalten, könnte das bereits jetzt Auswirkungen auf nächstes Jahr haben.

Vor allem nördlich des Alpenhauptkamms ist die Situation dieses Jahr besonders gravierend. Von Jänner bis Oktober gab es in diesen Regionen eine „unterdurchschnittliche Niederschlagsmenge“, so Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) gegenüber ORF.at.

Besonders betroffen waren Oberösterreich, der Westen Niederösterreichs und Vorarlberg – dort gab es „um die 50 Prozent“ weniger Niederschlag als im langjährigen Mittel, dem Messzeitraum zwischen 1981 und 2010, so Orlik. Doch auch in Nordtirol sowie östlich des Wald- und Mostviertels gab es rund 20 bis 25 Prozent weniger Niederschlag.

Landwirtschaft leidet unter Trockenheit

Die Auswirkungen sind vor allem in der Landwirtschaft zu spüren: So führte die Trockenheit in Kombination mit der Hitze zu geringeren Erntemengen und idealen Bedingungen für die Ausbreitung von Schädlingen. Stellenweise führt die Trockenheit sogar zu Engpässen beim Trinkwasser. So mussten in Salzburg diese Woche für einige Bauernhöfe Notversorgungen eingerichtet werden, weil wegen der Dürre Hausbrunnen austrockneten – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Ausgetrockneten Flussbett in Salzburg
APA/Barbara Gindl
Trockene Böden haben den Großteil des Jahres nördlich des Alpenhauptkamms geprägt

Doch auch abseits der Landwirtschaft macht sich die Trockenheit bemerkbar. Ob staubige Waldwege bei Spaziergängen, ausgetrocknete Bergseen wie etwa der Spiegelsee auf der Reiteralm (Steiermark) oder die beeinträchtigte Schifffahrt auf dem Bodensee – das Wetter der vergangenen Monate hinterließ sichtbare Spuren.

Laut Orlik gab es nördlich des Alpenhauptkamms schon seit Februar wenig Niederschlag, im Juni und Juli war es „sehr, sehr trocken“. Anders war die Situation südlich des Alpenhauptkamms: Bis Mai gab es dort „deutlich mehr“ Niederschlag, erst Juni und Juli waren „eher trocken“, wie auch der September.

Auch Temperaturanstieg mitverantwortlich

Dieses Jahr habe es viele „Anomalien von Wetterlagen“ gegeben, Hochdruckwetterlagen hätten Tiefdruckgebiete „blockiert“, so Orlik. Darüber hinaus habe die Trockenheit auch einen „selbstverstärkenden Effekt“: Weil die Böden so trocken waren, habe der feuchte Nachschub gefehlt. Dieser ist für die Entstehung von Niederschlag mitverantwortlich.

Trockene Jahre seien „per se nichts Ungewöhnliches“, so der Klimatologe. Der Temperaturanstieg der vergangenen Zeit im Zuge der Klimakrise spielt dennoch eine Rolle. Man werde erst in „50 bis 60 Jahren“ sehen, ob das jetzt zu einem „normalen Sommer“ werde oder es sich um ein „Jahrhundertereignis“ gehandelt habe.

Später Regen entscheidend für 2019

Das Sommerhalbjahr war mit 15 Prozent weniger Niederschlag das trockenste Sommerhalbjahr seit 2003. Wie es jetzt weitergeht, hat zwar kaum noch Auswirkungen auf die Erträge dieses Jahres, doch für die Landwirtschaft sei schon für kommendes Jahr „wichtig, dass genug Bodenfeuchte angesammelt“ werde.

Dadurch, dass es jetzt kälter werde, gibt es weniger Verdunstung, die Feuchtigkeit bleibt damit im Boden zurück, was gut für die Landwirtschaft ist. Für die Statistik ist der Niederschlag in den kalten Monaten jedoch nicht so wichtig, da es insgesamt weniger Niederschlag gibt.

Deutschland steuert auf Ausnahmewert zu

In Deutschland ist die Situation unterdessen noch angespannter als hierzulande. Nach Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) könnte das Jahr eines der fünf trockensten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1884 werden. Rund 70 Prozent der Fläche Deutschlands seien derzeit von extremer Trockenheit betroffen, hieß es am Freitag.

„Was die Wärme angeht, fahren wir auf der Überholspur – was den Regen angeht, auf der Standspur“, sagte Agrarmeteorologe Hans Helmut Schmitt in Offenbach. 1947 sei „bisher das Maß aller Dinge“ gewesen. Auch 1921, 1976 und 1991 waren ungewöhnlich trockene Jahre. An welcher Stelle sich 2018 tatsächlich einreiht, steht erst Ende des Jahres fest.