Junge Frau sitzt mit einer Zigarette in einer Bar
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Ungarn

Keine Zigaretten für nächste Generation?

Ungarn prüft Maßnahmen, um komplett rauchfrei zu werden. Die Rede ist dabei nicht bloß von schärferen Sanktionen und staatlichen Entwöhnungsprogrammen für Raucherinner und Raucher. Vielmehr könnten den nächsten Generationen Zigaretten und andere Tabakwaren zur Gänze verboten werden.

Ungarn solle damit das erste rauchfreie Land der Welt werden, forderte Janos Lazar, Beauftragter des Ministerpräsidenten für Nichtraucherschutz. Lazar wolle erreichen, dass Bürgerinnen und Bürger, die nach dem 1. Jänner 2020 in Ungarn geboren werden, keine Tabakerzeugnisse kaufen dürfen, auch dann nicht, wenn sie das 18. Lebensjahr erreicht haben, berichtete das Internetportal der regierungsnahen Zeitung „Magyar Idök“.

Die Regierung würde erst dann reagieren, wenn Lazar seine konkreten Empfehlungen eingereicht hätte, hieß es dort am Freitag. Zur Erreichung des Zieles eines absoluten Rauchverbots solle im Bedarfsfall sogar das Grundgesetz modifiziert werden.

Landesweite Lungenuntersuchungen

Laut dem Vertrauten von Viktor Orban, Lazar, würde sich die Ankündigung nicht auf Menschen beziehen, die vor 2020 geboren wurden. Der Beauftragte wolle weiter – ähnlich dem Handyverbot – ein Rauchverbot in Kraftfahrzeugen durchsetzen. Außerdem wolle er die Verschärfung des Tabaktrafikgesetzes und damit eine starke Verringerung der vergebenen Lizenzen erreichen.

Janos Lazar

Der 43-jährige Abgeordnete war Fraktionschef der ungarischen Regierungspartei FIDESZ und bis vor Kurzem Kanzleiminister. Zeitweilig war er auch als Anwärter für die Nachfolge Viktor Orbans gehandelt worden. In Österreich sorgte er im März mit einem auf der Wiener Favoritenstraße gedrehten Anti-Migranten-Video für Wirbel.

Angestrebt werde weiters ein staatliches Entwöhnungsprogramm für die gegenwärtig zweieinhalb Millionen ungarischen Raucherinnen und Raucher. Lazar fordere auch landesweite Lungenuntersuchungen, bei deren Nichteinhaltung Arbeitnehmern höhere Versicherungsbeiträge drohen. In Ungarn gehen laut Eurostat 27 Prozent aller tödlichen Krebserkrankungen auf Lungenkrebs zurück – das sei der höchste Wert in der EU. Zum Vergleich: Österreich liegt laut Eurostat mit 19 Prozent unter dem EU-Durchschnitt von 21 Prozent.

Nichtraucherschutz stetig verschärft

Ungarn hat im Lauf der letzten Jahre ein generelles Rauchverbot in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf Flughäfen und in öffentlichen Gebäuden durchgesetzt. Seit 2010 ist das Rauchen auch auf Spielplätzen und in Unterführungen, seit 2011 an allen Budapester Haltestellen verboten. Anfang 2012 trat ein Gesetz in Kraft, welches das Rauchen in allen öffentlich zugänglichen Räumen, einschließlich des Gastgewerbes, ausnahmslos verbietet. Das Verbot gilt auch im Freien im Umkreis von fünf Metern vor dem Eingang der Einrichtungen.

Österreich geht anderen Weg

Anders die Situation in Österreich, wo die Regierung heuer das 2015 beschlossene generelle Rauchverbot in der Gastronomie, das ab 1. Mai 2018 wirksam hätte werden sollen, wieder zurücknahm. Das daraufhin gestartete Volksbegehren gegen diese Rücknahme „Don’t smoke“ unterschrieben 881.569 Menschen, verfehlte damit aber knapp Hürde von 900.000, ab der Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zugesagt hatte, eine bindende Volksbefragung abhalten zu wollen.

Bei Weitem hat das Volksbegehren die Hürde für die Behandlung im Parlament – 100.000 Unterschriften – überschritten. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Anliegen umgesetzt wird. Unter Verweis auf den bestehenden Koalitionspakt lehnt die Regierung eine Änderung der geltenden Regelung ab. Derzeit darf in Österreich in abgetrennten Gasträumen geraucht werden. Laut den Initiatoren des Volksbegehrens, Ärztekammer und Krebshilfe, raucht rund ein Viertel (24,3 Prozent) der Österreicherinnen und Österreicher.

Neben dem gekippten Gastrorauchverbot geht die Regierung auch bei der Tabaksteuer einen anderen Weg als Staaten, welche die Reduktion des Zigarettenkonsums auf ihre Fahnen geschrieben haben. Ab 2019 soll die Tabaksteuer nicht mehr erhöht werden, bestätigte das Finanzministerium im März. Die Tabaksteuer bringt dem Staat nach der Mineralölsteuer die zweithöchsten Verbrauchersteuereinnahmen. 78 Prozent des Zigarettenverkaufspreises entfallen auf die Tabak- und Mehrwertsteuer. Das Finanzministerium bezifferte die Tabaksteuereinnahmen des Vorjahres mit knapp 1,9 Milliarden Euro.