Südtirols Landeshauptmann, Arno Kompatscher (SVP)
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Südtirol-Wahl

SVP verliert – Überraschung bei Platz zwei

Bei der Landtagswahl in Südtirol am Sonntag hat die regierende konservative SVP starke Verluste eingefahren, während die in Rom mitregierende rechtspopulistische Lega Nord kräftig zugelegt hat. Die Überraschung der Wahl ist aber Paul Köllensperger. Der Unternehmer, der vor fünf Jahren noch für die populistische Fünf-Sterne-Bewegung angetreten war, schaffte es aus dem Stand auf Platz zwei.

Nach Auswertung von 99 Prozent der Stimmen lag die SVP Montagfrüh nach Angaben der Wahlkommission bei 41,9 Prozent der Stimmen und damit klar unter dem Ergebnis von 2013 (45,7 Prozent). Nach dem Verlust der absoluten Mehrheit 2008 und der Mandatsmehrheit vor fünf Jahren war es der dritte Stimmverlust en suite. Köllensperger kam mit seiner für die Wahl neu gegründeten Liste mit 15,2 Prozent auf den zweiten Platz noch vor der rechtspopulistischen Lega Nord mit 11,1 Prozent (2013: 2,5 Prozent).

Für die SVP und deren Landeshauptmann Arno Kompatscher bedeutet das nur noch 15 der 35 Sitze statt bisher 17. Köllensperger zieht mit sechs Mandaten in den Landtag ein, die Lega Nord ist künftig mit vier Abgeordneten im Landtag vertreten.

PD nur noch mit einem Mandat

Die Grünen lagen bei 6,8 Prozent und verloren damit fast zwei Prozentpunkte. Ihre drei Mandate konnten sie aber halten. Die bisher in Bozen mitregierende sozialdemokratische Partito Democratico (PD) rutschte auf 3,8 Prozent ab (2013: 6,7). Das bedeutet nur noch ein statt zuletzt zwei Mandate. Der Gang in die Opposition dürfte damit besiegelt sein. Erhebliche Verluste gab es auch bei den deutschsprachigen Rechtsparteien, den Freiheitlichen und der Süd-Tiroler Freiheit.

Grafik:    Stimmenanteile und Sitze im Landtag, Veränderung zu 2013
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Freiheitliche stürzen ab

Die Freiheitlichen sackten von 17,9 auf 6,2 Prozent ab und verloren damit beinahe zwei Drittel ihrer Wähler. Auch die Süd-Tiroler Freiheit musste Verluste hinnehmen – wenngleich geringere: Nach 7,2 Prozent im Jahr 2013 erreichte die Partei diesmal 6,0 Prozent.

Während die Süd-Tiroler Freiheit damit eines ihrer drei Mandate verliert, müssen die Freiheitlichen vier ihrer sechs Sitze abgeben. Den Einzug in den Landtag schafften mit jeweils einem Mandat auch die Fünf-Sterne-Bewegung (2,4 Prozent) und die neofaschistische Gruppierung L’Alto Adige nel cuore Fratelli D’Italia uniti (1,7 Prozent).

Kompatscher: Verluste „schmerzen“

Kompatscher bezeichnete das Abschneiden seiner Partei Montagfrüh trotz der Verluste als „gutes Ergebnis“. Das „primäre Wahlziel“, ein Resultat über 40 Prozent einzufahren, sei gelungen, sagte Kompatscher bei einer Pressekonferenz am Parteisitz der SVP in Bozen.

Die Stimmenverluste würden aber zweifelsohne „schmerzen“. „Es herrscht Genugtuung, nicht Zufriedenheit“, betonte Kompatscher und begründete das damit, dass die Südtiroler Volkspartei ihre „Ausnahmestellung“ als Partei der Mitte europaweit verteidigt habe.

„Südtirol hat die Mitte gehalten“, beurteilte der Landeschef das Wahlergebnis, in dem sich seiner Ansicht nach keine Radikalisierung widerspiegle. In puncto Koalitionen wollten sich indes weder Kompatscher noch SVP-Chef Philipp Achammer festlegen. Man werde nun in „Orientierungsgespräche“ mit anderen Parteien treten.

Arno Kompatscher und Philipp Achammer (SVP) nach der Landtagswahl in Bozen
APA/EXPA/Johann Groder
Trotz klarer Verluste sieht Kompatscher die SVP weiter in einer „Ausnahmestellung“

Köllensperger rechnet mit SVP-Lega-Koalition

Köllensperger zeigte sich vom Ergebnis erfreut, wollte aber das Endergebnis abwarten. Er rechnet eigenen Angaben zufolge damit, dass die SVP mit der Lega Nord koalieren wird. Der italienische Innenminister und Chef der Lega, Matteo Salvini, sprach von „unglaublichen Zahlen aus Südtirol“. „Für mich ist es eine Ehre, mit Mut und Entschlossenheit weiterhin den Weg des Wandels zu gehen“, so Salvini. Der Lega-Chef hatte in den vergangenen Tagen eine intensive Wahlkampftour in Trentino-Südtirol geführt.

Grafik zeigt eine Landkarte mit Südtirol
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Dilemma für SVP

Die SVP steht nach der Wahl auch in Hinsicht auf die im Mai 2019 anstehende EU-Parlamentswahl vor einem strategischen Dilemma. Nur italienweit aktive Parteien können laut Wahlrecht antreten. Regionalparteien müssen sich daher einer anderen Partei anschließen. Meist ging die SVP ein Bündnis mit einer Zentrumspartei ein – zuletzt etwa mit den Sozialdemokraten. Diese sind allerdings zu schwach – und auch in Italien in der Opposition.

Sollte es tatsächlich eine Koalition mit der Lega geben, bleibt die Frage, was die SVP bei der EU-Wahl tut. Auf EU-Ebene sei eine Verbindung mit der „antieuropäischen Lega Nord“ nur schwer vorstellbar, meinte jedenfalls der Politologe Günther Pallaver von der Uni Innsbruck gegenüber ORF.at im Vorfeld der Wahl.

Insgesamt wurden 35 Sitze im Landtag neu vergeben. Um die Mandate ritterten insgesamt 14 Listen mit zusammen 420 Kandidatinnen und Kandidaten. Als die wichtigsten Themen im Wahlkampf galten Verkehr, bezahlbares Wohnen und Migration. 424.184 Wahlberechtigte waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.