Italiens Premier Giuseppe Conte
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Neuverschuldung

Italien bleibt in EU-Budgetstreit hart

Die italienische Regierung hält an ihrem umstrittenen Budgetplan fest. In einem Brief an die EU-Kommission räumte sie zwar ein, dass der Entwurf nicht dem EU-Stabilitätspakt entspreche, dennoch sei der von Italiens bewusst gesetzte Schritt „hart, aber nötig“. Die EU-Kommission berät am Dienstag über das weitere Vorgehen.

Der Budgetentwurf für 2019 bleibe unverändert, sagte Ministerpräsident Giuseppe Conte am Montag in Rom, allerdings werde seine Regierung die selbst gesetzte Grenze von 2,4 Prozent bei der Neuverschuldung auf keinen Fall überschreiten, sicherte er zu. Italiens Regierung sei überzeugt, dass durch das überzogene Budget Investitionen und Wachstum erzeugt würden, so Finanzminister Giovanni Tria in dem Brief an die Kommission.

Austritt aus EU kein Thema

„Wir sind keine Horde Hitzköpfe, die in die Regierung gekommen sind“, sagte der parteilose Conte weiter. Ohne die Maßnahmen, die im Haushaltsentwurf enthalten seien, würde Italien in eine Rezession rutschen. Falls die EU-Kommission den Budgetentwurf zurückweisen sollte, „setzen wir uns an einen Tisch und überlegen wir gemeinsam“, so Conte.

Italiens Innenminister Salvini und Ministerpräsident Conte
Reuters/Remo Casilli
Conte und sein Vize Salvini wollen Brüssel die Stirn bieten

Ein Austritt Italiens stehe bei all dem nicht zur Debatte, sagte der Ministerpräsident weiter. Hart zeigte sich Vizepremier und Innenminister Salvini. Falls die Kommission den Entwurf ablehne, werde man „keinen halben Zentimeter“ von den Schuldenplänen abweichen, so der Chef der rechtspopulistischen Regierungspartei Lega.

Conte kontert Kurz

Conte kritisierte zudem die jüngsten Aussagen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu Italiens Budgetplänen. Diese seien „unvorsichtig“. Wenn man sich an EU-Regeln halten wolle, müsse das für alle gelten. „In der jetzigen Phase ist ein Dialog zwischen der EU-Kommission und der italienischen Regierung über den Budgetplan im Gange. Wenn jemand anderer sich einschaltet, respektiert er die Regeln nicht“, so Contes Replik auf die scharfe Kritik von Kurz.

Kurz wiederholte am Montag seine Kritik. Österreich sei nicht bereit, für die Schulden anderer Staaten geradezustehen, während diese Staaten die Verunsicherung der Märkte bewusst in Kauf nehmen würden, sagte er in einer Stellungnahme. Er fordere „eine Rückkehr zur Vernunft“.

Ökonomen skeptisch

Ökonomen sehen die Pläne Italiens skeptisch, unter anderem, weil die Wachstumsannahmen der Regierung als recht optimistisch gelten. Zur Finanzierung kostspieliger sozialpolitischer Wahlversprechen plant die Regierung 2019 eine deutlich höhere Neuverschuldung als von der Vorgängerregierung in Aussicht gestellt.

In dem Brief wollte Italien zusätzliche Informationen an die für die Haushaltsüberwachung in Europa zuständige Kommission übermitteln. Ein Kommissionssprecher bestätigte am Montag den Erhalt des Briefs, den Inhalt wollte er nicht weiter kommentieren. Die EU-Kommission werde am Dienstag über den Fortgang des Budgetstreits mit Italien entscheiden, kündigte er an. Eine Zurückweisung wäre ein Novum in der EU, seit diese Möglichkeit 2013 eingeführt wurde.

Brüssel wegen Neuverschuldung besorgt

Die Kommission hatte den Haushaltsplan aus Rom bereits mehrfach scharf kritisiert. Sie wirft der aus Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung gebildeten Regierung in Rom gravierende Verstöße gegen EU-Regeln vor.

Brüssel ist besorgt, da Italien bereits auf einem Schuldenberg von mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sitzt, der weiter wachsen könnte. Italiens Gesamtverschuldung ist die zweithöchste in der Euro-Zone nach Griechenland. Die aktuellen Haushaltspläne stellten kein Risiko für Italien und andere Länder in der EU dar, schrieb Tria in dem Brief weiter.

Moscovici: Brüssel will keine Krise

EU-Währungskommissar Pierre Moscovici versuchte zuvor noch die Wogen zu beruhigen und positive Signale nach Rom zu senden. Die Kommission wolle keine Krise mit Italien wegen der Haushaltspläne, sagte Moscovici dem Radiosender France Inter. Allerdings habe die EU immer noch Fragen und erwarte Antworten. Das strukturelle Defizit Italiens sei zu hoch.

Vizeministerpräsident Luigi di Maio zufolge ist die italienische Regierung dazu bereit, mit den EU-Behörden zu beraten. Die Regierung habe nicht die Absicht, die Euro-Zone zu verlassen, sagte auch er. Allerdings pochte er ebenfalls auf den Budgetentwurf. „Es gibt keinen Plan B. Es gibt nur einen Plan A, um diesen Budgetentwurf umzusetzen“, so Di Maio. Im Jänner werde seine Bewegung zudem ein Manifest für ein neues Europa vorlegen.

Märkte erholten sich leicht

Im Vorfeld der Stellungnahme erholten sich Italiens Anleihen etwas. Am Freitagabend hatte die US-Ratingagentur Moody’s ihre Note für die Kreditwürdigkeit Italiens herabgestuft. Sie liegt damit nur noch eine Stufe über Ramschstatus. Der Ratingausblick wurde jedoch als „stabil“ eingestuft. Damit droht zunächst keine weitere Herabstufung.

Bei einer weiteren Herabstufung durch Ratingagenturen und das Abrutschen in den „Junk“-Status sind institutionelle Anleger wie große Pensionsfonds automatisch dazu verpflichtet, die von ihnen gehaltenen Anleihen zu verkaufen. Das könnte, so die Befürchtungen, im schlimmsten Fall eine neue Vertrauenskrise im Euro-Raum auslösen.