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Reuters/Yves Herman
Italiens Budget

EU-Kommission lehnt Entwurf ab

Die EU-Kommission hat in einem historisch einmaligen Vorgang die Haushaltspläne Italiens für das kommende Jahr zurückgewiesen. Die Regierung in Rom muss innerhalb von drei Wochen einen neuen Entwurf einreichen. Die Budgetpläne Italiens seien in keiner Weise mit europäischen Stabilitätsregeln vereinbar, hieß es seitens der Kommission.

„Wir sehen keine Alternative“, sagte der für den Euro zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis am Dienstag in Straßburg. Die Erfahrung habe wieder und wieder gezeigt, dass mehr Schulden nicht mehr Wachstum brächten, sagte der lettische Politiker. Er warnte die italienische Regierung davor, dass die Schulden auch künftige Generationen betreffen werden. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sagte, er bedauere wie das Kollegium, dass man diesen Beschluss getroffen habe. Aber „das wird niemanden überraschen“.

Die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechtspopulistischer Lega hatte am 15. Oktober einen Haushaltsentwurf nach Brüssel geschickt, der eine Ausweitung der Neuverschuldung auf 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung vorsieht – dreimal so viel wie von der Vorgängerregierung zugesagt.

Salvini: „Sie greifen ein Volk an“

Rom will damit Wahlversprechen finanzieren, etwa eine Art finanzielles Grundeinkommen und Steuererleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen. Trotz heftiger Kritik aus Brüssel und Nervosität auf den Finanzmärkten hält die Regierung an den Plänen fest.

Die Zurückweisung des Budgetplans durch die Kommission „ändert nichts“, sagte Italiens Vizeregierungschef Matteo Salvini am Dienstag bei einem Besuch in Brüssel. „Wir werden nicht zurückweichen“, fügte der Rechtspopulist hinzu. Salvini machte klar, dass er es auf eine Konfrontation mit der Kommission ankommen lassen wolle. „Sie greifen keine Regierung an, sondern ein Volk“, sagte Salvini mit Blick auf die EU-Kommission. „Dies wird die Italiener noch mehr verärgern – und dann beschweren sich Leute, dass die Zustimmung zur EU auf einen Tiefstand gefallen ist.“

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici und EU-Kommissar Valdis Dombrovskis
Reuters/Vincent Kessler
Die EU-Kommissare Moscovici (l) und Dombrovskis: „Wir sehen keine Alternative“

In Europa ist eine Neuverschuldung von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erlaubt. Damit soll die Stabilität der Gemeinschaftswährung gewährleistet werden. Italien weist aber einen enormen Schuldenberg von 2,3 Billionen Euro und mit mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung nach Griechenland die höchste Schuldenquote in Europa auf. Das ist das Verhältnis der Gesamtverschuldung zum BIP. Das Land ist daher verpflichtet, mittelfristig seine Schulden zu reduzieren.

Derzeit keine direkten Sanktionen möglich

Nach Eintreffen der korrigierten Haushaltspläne aus Rom hätte die EU-Kommission noch einmal drei Wochen Zeit, um ihre endgültige Meinung zu bilden. Direkte Sanktionsmöglichkeiten gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Die EU-Kommission könnte in einem weiteren Schritt ein offizielles Defizitverfahren gegen Italien einleiten.

An dessen Ende könnten die EU-Finanzminister theoretisch bei anhaltenden Verstößen gegen die Stabilitätsregeln finanzielle Sanktionen beschließen. Das scheint jedoch unwahrscheinlich. 2016 ließen die EU-Staaten etwa – allerdings unter etwas anderen Umständen – trotz erheblicher Verstöße Nachsicht mit Spanien und Portugal walten.