Bundesherrsoldaten bei Aufräumungsarbeiten
APA/Gert Eggenberger
Hochwasser im Süden

Hunderte Soldaten für Einsatz bereitgestellt

Aufgrund des drohenden Hochwassers in Kärnten und Osttirol hat das Bundesheer am Montag Hunderte Soldatinnen und Soldaten zum Einsatz bereitgestellt. In Kärnten wurden Zivilschutzwarnungen ausgesprochen, Muren gingen nieder und versperrten Straßen. In Südtirol wurde die höchste Alarmstufe Rot ausgerufen und die Bevölkerung aufgefordert, zu Hause zu bleiben.

Am Montagnachmittag wurden 200 Soldatinnen und Soldaten für einen eventuellen Assistenzeinsatz des Bundesheeres in Osttirol und weiteren Teilen Tirols bereitgestellt. „Wir haben alle Vorbereitungen getroffen, die für einen Hochwasser- oder Sturmeinsatz notwendig sind“, erklärte Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in einer Aussendung. Zuvor hatte das Bundesheer verkündet, insgesamt 400 Soldatinnen und Soldaten für mögliche Assistenzeinsätze in Kärnten und Tirol bereitzustellen.

Zivilschutzwarnungen ausgesprochen

Im Kärntner Lesachtal verschärfte sich am Montag die Lage zusehends. Durch Murenabgänge wurden Straßen verlegt, das Tal war vorerst von der Außenwelt abgeschnitten – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Auch in Möllbrücke verschärfte sich die Situation. Laut dem Bürgermeister der Ortschaft war damit zu rechnen, dass die Schutzwälle den Wassermassen nicht standhalten. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, sich nicht in Kellern und den Erdgeschoßen ihrer Häuser aufzuhalten. Im oberen Mölltal wurde vom Land am Abend eine Zivilschutzwarnung für Mörtschach ausgegeben. Wegen des orkanartigen Sturms sollten die Menschen zu Hause bleiben, hieß es. Auch im oberen Drautal wurde eine Zivilschutzwarnung ausgegeben.

Vorbereitungen auf Unwetter in Kärnten
ORF/Lisa Natmessnig
In Lavamünd in Kärnten wurden ein 300 Meter langer Erdwall aufgeschüttet und Häuser abgedichtet

Auch in der Kärntner Gemeinde Lavamünd gab es eine Warnung. Überschwemmungen im Ort wurden für die zweite Nachthälfte erwartet. Am Nachmittag war bereits der Ortsteil Drauspitz evakuiert worden, knapp 70 Menschen mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Straßensperren und geschlossene Schulen

Wegen des drohenden Hochwassers wurde die Drautal-Bundesstraße (B100) im Bezirk Spittal/Drau am Nachmittag von Möllbrücke bis zur Osttiroler Grenze für den Durchzugsverkehr gesperrt. Das gab die Polizei bekannt. Ziel- und Quellverkehr bleibt vorerst möglich. Um 17.00 Uhr wurde der Zugsverkehr zwischen Spittal und Lienz eingestellt.

Kärnten rüstet sich für schweres Unwetter

In Kärnten bereitet man sich auf Hochwasser und einen Orkansturm vor: Ein Tief über Genua soll in der kommenden Nacht große Regenmengen bringen.

Die Wettersituation hat auch Auswirkungen auf den Schulbetrieb in Kärnten und Osttirol. Schulen im Bezirk Spittal bleiben am Dienstag und Mittwoch geschlossen – das gab die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau am Montagvormittag bekannt. Auch die Schulkinder in Ferlach im Bezirk Klagenfurt-Land sowie alle Schülerinnen und Schüler in Osttirol haben am Dienstag schulfrei – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Warnung an Bevölkerung

Am meisten vom neuerlichen Unwetter betroffen sollen der ORF-Wetterredaktion zufolge Oberkärnten und die Karnischen Alpen sein. Die größten Regenmengen werden für den Plöckenpass und Kötschach-Mauthen im oberen Gailtal prognostiziert. Außerdem kann der stürmische Südwind in manche Täler durchgreifen, vereinzelt sind Böen um die 120 km/h möglich. Die starken Niederschläge sollen sich bis Dienstagmittag halten.



   Karte mit Lokalisierung der stärksten Niederschläge der letzten 48 Stunden
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/ZAMG

Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) gab außerdem eine Sturmwarnung für Tirol aus. Es sei mit Böen von bis zu 130 km/h zu rechnen.

In Südtirol wurde die höchste Alarmstufe Rot ausgerufen. Es handle sich um „eine Krise, die nicht nur große Gebiete erfasst, sondern sich stetig intensivieren kann“, teilte das Land in einer Aussendung mit. Insgesamt wurden die Feuerwehren zu 150 Einsätzen gerufen. Neben der Brennerautobahn (A22) und der Brennerstaatsstraße (SS 12) waren auch andere Verkehrsadern von Vermurungen betroffen. Auf der A22 wurden sechs Fahrzeuge von den Schlammmassen erfasst und ein Lenker leicht verletzt. Auch die Brennerbahnstrecke wurde zwischenzeitlich vorsichtshalber gesperrt – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Die Lienzer Bezirkshauptfrau, Olga Reisner, rief am Montagabend die Bevölkerung in Osttirol dazu auf, zu Hause zu bleiben. „Bitte bleiben Sie ab sofort zu Hause und lassen sie ihr Auto stehen“, so Reisner in einer Aussendung.

Der Landesforstdienst warnte zudem vor dem Betreten von Wäldern. Es bestehe Gefahr durch herabfallende Äste und umstürzende Bäume. Die stärksten Böen soll es zwischen Montagabend und Dienstagnacht geben – mehr dazu in tirol.ORF.at.

ÖBB-Strecke über Semmering unterbrochen

Auf der ÖBB-Strecke am Semmering gab es Montagabend vorübergehend kein Weiterkommen. Kurz nach 20.30 Uhr sei zwischen Eichberg und Breitenstein in Niederösterreich ein Railjet, der von Villach nach Wien unterwegs war, gegen einen umgeknickten Baum gefahren, berichtete ein Sprecher der ÖBB der APA. Personen seien dabei nicht zu Schaden gekommen. Über die Dauer der Streckenunterbrechung konnte man vorerst keine Angaben machen, die Züge würden die Sperre vorerst abwarten.

Auch in der Obersteiermark waren in den Abendstunden zahlreiche Feuerwehren wegen des durchziehenden Unwetters im Einsatz. Straßen mussten von umgefallenen Bäumen geräumt werden, ein Baum fiel auf ein geparktes Auto, wegen eines weiteren umgestürzten Baumes kam es zu einem Autounfall, bei dem eine Person leicht verletzt wurde. Auch Dächer wurden durch die Sturmböen beschädigt.

Wetter in Kärnten
Iris Hofmeister
Große Wassermengen gibt es im Wildfluss Tagliamento im italienischen Friaul, der an manchen Stellen oft trocken ist

Todesopfer in Italien

Schwer trafen die Unwetter am Montag Italien. Dort kamen sieben Menschen ums Leben. Wegen des starken Windes wurde die archäologische Stätte von Pompeji bei Neapel geschlossen. Touristen mussten aus Sicherheitsgründen das Areal verlassen. Das Gelände darf bis zur Besserung der Wetterlage nicht betreten werden, teilten die Behörden mit. Auch die Gegend rund um Rom war am Montag von heftigen Stürmen und Regenfällen betroffen. Die Schulen blieben auch am Dienstag in mehreren italienischen Regionen geschlossen.

Venedig stand nach den heftigen Regengüssen unter Wasser. Der Pegel in der Lagune der norditalienischen Stadt erreichte am Montag eine Höhe von 156 Zentimetern, wie das örtliche Gezeiten-Überwachungszentrum mitteilte. 70 Prozent der Stadt waren überschwemmt. Die Fährenverbindungen wurden unterbrochen. Wie bei „acqua alta“ üblich, legten die Behörden Holzstege aus, damit die Fußgänger weitgehend trockene Füße behalten konnten.

Die Dolomiten-Bergortschaft Plodn/Sappada, deutsche Sprachinsel in der Provinz Belluno, war am Montagnachmittag vom Rest der Welt abgeschnitten. Eine zur Gemeinde führende Straße war wegen eines Erdrutsches unterbrochen, eine zweite wurde wegen der Gefahr einstürzender Bäume geschlossen.

Vorbereitungen auf Unwetter in Venedig
APA/AFP/Miguel Medina
Auch Venedig stand aufgrund der Regenfälle unter Wasser

Slowenien wappnet sich für Hochwasser

Unterdessen bereitet sich auch Slowenien auf mögliche Überschwemmungen entlang der Drau vor. Berichten zufolge wird in der Nacht auf Dienstag an der slowenischen Grenze mit Durchflussmengen von 1.700 Kubikmetern pro Sekunde gerechnet, sagte Janez Polajnar von der slowenischen Umweltbehörde ARSO am Montag vor Journalistinnen und Journalisten. Noch besorgniserregender sind die Prognosen für Dienstagnachmittag: Dann wird in Dravograd ein Durchfluss von 1.900 bis 2.100 Kubikmeter erwartet. Nach slowenischen Messungen wäre das die zweithöchste Durchflussmenge in den vergangenen 90 Jahren.

In Maribor warnten die Behörden vor einem hohen Pegelstand der Drau. Sorgen bereitete der Staudamm in Melje, einem Stadtteil von Maribor, berichtete die Nachrichtenagentur STA. Im unteren Flusslauf der Drau, flussabwärts vom Staudamm in Markovci bei Ptuj, rechnete die Umweltbehörde mit Überschwemmungen bereits am Montagabend und in der Nacht auf Dienstag. Auch in den Gemeinden Dravograd und Vuzenica, wo die Drau von Österreich nach Slowenien fließt, ist der Katastrophenschutz in Bereitschaft, Sandsäcke werden bereitgestellt.