Schild mit der Aufschrift „Kurz 2017“ am Tag der Nationalratswahl 2017
ORF.at/Roland Winkler
Nationalratswahl

Parteien sprengten Wahlkampfkostenlimit

ÖVP, FPÖ und SPÖ haben die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Mio. Euro bei der Nationalratswahl im vergangenen Jahr – wie erwartet – überschritten. ÖVP und FPÖ sprengten den Rahmen deutlich, wie aus Berichten der Parteien an den Rechnungshof (RH) hervorgeht. Die ÖVP hat knapp 13 Mio. Euro gemeldet, die FPÖ 10,7 Mio. Euro. Die SPÖ sprach nur von einer geringen Überschreitung – was FPÖ und ÖVP anzweifeln.

Seit 2012 gilt für alle Wahlen auf Bundesebene eine Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Mio. Euro pro Partei. Konkret besagt die Regelung, dass zwischen dem Stichtag der Wahl und dem Wahltag – 2017 waren das der 25. Juli und der 15. Oktober – keine Partei mehr als sieben Mio. Euro für Wahlwerbung ausgeben darf.

Bis ein Jahr nach der Wahl müssen die Parteien ihre Ausgaben von Wirtschaftsprüfern testieren lassen und an den RH melden. Bei Überschreitungen werden Strafzahlungen von zehn bis 20 Prozent des Überschreitungsbetrages fällig. Für die Verhängung zuständig ist der „Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat“ im Kanzleramt.

Strafzahlungen wahrscheinlich

Strafzahlungen dürften auch bei dieser Wahl anstehen. Die ÖVP meldete dem RH dieser Tage etwa die Summe von knapp 13 Mio. Euro als Wahlkampfkosten für den Nationalratswahlkampf 2017. Damit habe man rund 1,8 Mio. Euro mehr als bei der Nationalratswahl 2013 ausgegeben, hieß es aus der ÖVP-Parteizentrale gegenüber der APA.

„Der Wahlkampf 2017 war für die neue Volkspartei ein außergewöhnlicher Wahlkampf. Leider haben wir deutlich mehr ausgegeben, als die vorgesehene Obergrenze dafür ist. Wir werden selbstverständlich die volle Strafe begleichen“, sagte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer.

Der Wahlkampf dürfte die Partei damit noch einmal mehrere hunderttausend Euro bis eine Mio. Euro an Bußgeld kosten. Die Wahlkampfausgaben haben sich laut Nehammer neben dem hohen ÖVP-Engagement in Bund, Ländern und in der Partei „aus dem erhöhten Informationsbedarf infolge des untergriffigen Wahlkampfes“ ergeben. Die ÖVP sei aber im Gegensatz zu den Mitbewerbern zu 100 Prozent ehrlich und transparent, während etwa die SPÖ mutmaßliche Wahlkampfkosten in dubiosen Vereinen versteckt habe, so Nehammer.

FPÖ verweist auf Kostensteigerung

Der Koalitionspartner FPÖ hat 10,7 Mio. Euro an Wahlkampfkosten gemeldet. Auch den Freiheitlichen blüht damit eine Strafe von mehreren hunderttausend Euro. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky begründete die Überschreitung mit Kostensteigerungen bei Werbung und Wahlkampfdynamik. „Seit der damaligen Festsetzung der Obergrenze ist es bei der werblichen Darstellung zu einer Kostensteigerung von jenseits der 30 Prozent gekommen, was die Mehrausgaben zum Gutteil erklärt. Zusätzlich hat eine Dynamik in unserer Kampagne auch Mehrkosten verursacht“, so Vilimsky.

„Wir fordern trotzdem keine Anhebung der Obergrenze und werden uns beim nächsten Urnengang noch stärker am Riemen reißen und den Gürtel bei uns enger schnallen. Und im Unterschied zur SPÖ haben wir keine dubiosen Vereine und horrende Silberstein-Methoden und Kosten.“

SPÖ meldete nur geringe Überschreitung

Die SPÖ hat solche Kritik bereits im vergangenen Wahlkampf zurückgewiesen. Laut SPÖ-Parteizentrale hat man das Wahlkampfkostenlimit bei der vergangenen Nationalratswahl nur minimal überschritten. 7.383.429,95 Euro wurden den Angaben zufolge an den RH gemeldet. Der SPÖ droht damit eine Geldbuße im mittleren fünfstelligen Bereich.

Vilimsky und Nehammer zweifelten in Aussendungen an diesen Zahlen. „Die heute veröffentlichten Wahlkampfkosten der SPÖ sind mehr als unglaubwürdig. Unabhängige Analysen zeigen, dass die SPÖ weit über 7,4 Millionen für den Wahlkampf ausgegeben haben muss“, so Nehammer. Die SPÖ habe Vereinskonstruktionen genutzt. Bereits während des Wahlkampfs stand die SPÖ in der Kritik, Kosten an den Parlamentsklub ausgelagert zu haben. Wir fordern auch hier von der SPÖ und ihrer neuen Vorsitzenden (Pamela, Anm.) Rendi-Wagner volle Transparenz und Ehrlichkeit“, so Nehammer.

Vilimsky sagte, die SPÖ-Angaben seien ein „verspäteter Aprilscherz“: „Es ist aktuell völlig offen, wie viel die SPÖ über ihre diversen Vereinskonstruktionen an Kosten versteckt hat. Außerdem ist noch immer Verschlusssache, welche Gelder an die Hexenküche des Tal Silberstein geflossen sind“, so Vilimsky.

Drozda weist Vorwürfe zurück

In der SPÖ wies man die Kritik der Regierungsparteien zurück und wertete diese als Ablenkungsmanöver von den massiven Kostenüberschreitungen in den ÖVP-FPÖ-Wahlkämpfen. „Die Regierung hat 25 Mio. Euro ausgegeben, das ist eine absolute Rekordsumme. Das bringt unser demokratisches System in Richtung des US-amerikanischen“, sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda der APA. Es sollte aber um einen „Wettbewerb der besten Ideen und nicht um einen Wettbewerb der besten Sponsoren“ gehen. „Wenn wir unsere Demokratie nach der goldenen Regel organisieren, haben wir ein Problem.“

NEOS und Liste Pilz deutlich unter Grenze

NEOS und Liste Pilz blieben indes deutlich unter der Grenze. NEOS meldete 1.773.967 Euro ein. Über den Stichtag hinaus kommunizierten die Pinken schon vor Längerem die gesamten Wahlkampfkosten mit 2.649.195,70 Euro. Bei der Liste Pilz waren es laut Parteichefin Maria Stern in etwa 300.000 Euro an Wahlkampfkosten, die an den RH kommuniziert wurden. Eine Wählerstimme habe die Liste damit 1,50 Euro gekostet, und man habe alle Wahlkampfausgaben aus Spendengeldern finanziert, so Stern.

NEOS-Generalsekretär Nick Donig kritisierte die Überschreitung: Diese seien "ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Im Sport wird man für unerlaubtes Doping disqualifiziert, in der österreichischen Innenpolitik kommt man in die Regierung. Damit muss endlich Schluss sein“, so Donig. Die Lösung seien für die pinkfarbene Oppositionspartei drastischere Strafen. Die Partei fordere Strafen in der Höhe von 150 Prozent des Überschreitungsbetrages.

Zwölf Ausgabenkategorien

Das Parteiengesetz wertet als Ausgaben für Wahlwerbung „insbesondere“ (aber nicht ausschließlich) zwölf Ausgabenkategorien – darunter Plakate, Postwurfsendungen, Folder, Wahlkampfgeschenke, Inserate und Werbespots, aber auch die Ausgaben für Werbe- und Eventagenturen, zusätzliche Personalkosten sowie Ausgaben für Personenkomitees.

Die Kandidaten und Kandidatinnen selbst dürfen bis zu 15.000 Euro in den eigenen Wahlkampf stecken – alles darüber hinaus muss der Partei zugerechnet werden. An den RH gemeldet werden müssen die Wahlkampfkosten gemeinsam mit dem Rechenschaftsbericht der jeweiligen Partei.