Den Angaben zufolge wurde zuvor die Leiche eines 61-Jährigen in der norditalienischen Provinz Belluno geborgen. Dessen Auto war mit laufendem Motor und offenen Türen unweit eines Flusses gefunden worden, der wegen der schweren Niederschläge der vergangenen Tage über die Ufer getreten war. Es handelt sich um das zweite Todesopfer in der zur Region Venetien gehörenden Provinz.
Im benachbarten Südtirol starb ein Feuerwehrmann aus der Ortschaft St. Martin in Thurn beim Unwettereinsatz. Er wurde bei starkem Wind von einem Baum getroffen. In der Provinz Trient wurde eine Frau tot aufgefunden, die nach einem Erdrutsch in Dimaro als vermisst gemeldet worden war. Ihr Haus war von einer Mure weggerissen worden. Nur noch tot geborgen werden konnte ein Fischer, der infolge des starken Windes in den Levico-See gefallen war.
Zu den Opfern zählt auch ein 63-jähriger Kitesurfer, der am Strand von Catollica (Emilia-Romagna) gegen Felsen prallte. Nahe der ligurischen Hafenstadt Savona wurde eine Frau durch einen Fassadenteil tödlich verletzt. Im Umland von Rom und von Neapel starben am Montag vier Menschen durch umstürzende Bäume. Schon am Sonntag waren bei einem Erdrutsch in Kalabrien mindestens fünf Menschen gestorben.
Alle Häfen in Ligurien geschlossen
Wegen der Unwetter wurden in der nordwestlichen Region Ligurien alle Häfen geschlossen. Ankommende Schiffe müssten vor der Küste auf ein Ende des Sturmes warten, teilte Regionalpräsident Giovanni Totti am Montagabend in Genua mit. Acht bis zehn Meter hohe Wellen brachen sich an der Küste der italienischen Riviera. Auch der internationale Flughafen Cristoforo Colombo in Genua war bis zum Nachmittag geschlossen.
Alle Flüsse Norditaliens standen unter Beobachtung. Der Pegel des Po, des längsten Flusses Italiens, stieg infolge der Niederschläge innerhalb von 48 Stunden um fünf Meter. Nach extremer Dürre im September gilt ganz Norditalien als besonders von Überschwemmungen bedroht, weil der harte und ausgetrocknete Boden das Wasser nicht aufnimmt.
180 Personen sitzen auf Pass fest
Rund 180 Personen, darunter Urlaubende und Personal von Hotels, sitzen seit Samstag am Stilfserjoch fest. Wegen eines heftigen Schneesturms sind alle drei Zugangsstraßen zum Pass mit einer Höhe von 2.757 Metern unterbrochen, berichteten italienische Medien. Das Stilfserjoch ist der höchste Gebirgspass in Italien und der zweithöchste asphaltierte Gebirgspass der Alpen. Es verbindet Bormio im Veltlin (Lombardei) mit Prad im Vinschgau (Südtirol).
Im Veltlin kam es zu mehreren Erdrutschen. Auch die Veltliner Skiortschaft Santa Caterina Valfurva ist von der Außenwelt abgeschnitten, berichteten italienische Medien. Die Dolomiten-Bergortschaft Plodn/Sappada (Region Friaul-Julisch Venetien) ist seit Montagnachmittag ebenfalls vom Rest der Welt abgeschnitten. Eine zur Gemeinde führende Straße war wegen eines Erdrutsches unterbrochen, eine zweite wurde wegen der Gefahr einstürzender Bäume geschlossen. Die Stromversorgung wurde unterbrochen. Gebäude entlang des Flusses Piave wurden beschädigt.
Dutzende Jachten zerstört
In Venedig löste starker Schirokko-Wind in Zusammenspiel mit Hochwasser in der Lagune die als „Acqua Alta“ bekannten Überschwemmungen aus. Der Markusplatz stand unter Wasser. Am Dienstag wurde Hochwasser bis zu 1,1 Meter erwartet. Die Lage entschärfte sich jedoch allmählich.
Im Küstenort Rapallo rund 30 Kilometer südöstlich von Genua riss der Sturm Luxusjachten aus ihren Vertäuungen und ließ sie aufs Ufer krachen. Dutzende Jachten wurden zerstört. „Ein Damm, der den Hafen schützte, wurde zum Teil zerstört“, hieß es aus der Hafenstadt.
Chaos nach Sturmböen und Starkregen
Über 7.000-mal mussten die Feuerwehrmannschaften seit Montagvormittag in ganz Italien wegen der Unwetter ausrücken.
Der Landwirtschaftsverband Coldiretti klagte über Schäden in Millionenhöhe. In der Region um Brindisi fegte ein Tornado über das Land und zerstörte Olivenhaine. In Kalabrien traten Flüsse über die Ufer und überschwemmten Treibhäuser, in denen Gemüse angepflanzt wurde. Felder mit Orangenbäumen seien auf Sizilien überschwemmt worden. Umweltschutzverbände riefen die Regierung Conte zu entschiedenen Maßnahmen auf, um die Auswirkungen des Klimawandels auf Italien zu verringern.
Starkregen und Böen mit einer Windstärke von bis zu 180 km/h sorgten in weiten Teilen des Landes für schwere Verkehrsstörungen. Der Wetterdienst sagte für die nächsten Tage weiteren Regen vorher, doch dürfte sich die Lage im ganzen Land langsam wieder bessern.
Früher Wintereinbruch in Frankreich und Spanien
Frankreich wurde unterdessen von einem frühen Wintereinbruch überrascht. Im südfranzösischen Zentralmassiv blieben mehr als 2.000 Fahrzeuge im Schnee stecken, im Departement Haute-Loire verbrachten rund 950 Menschen die Nacht in Notunterkünften. Im Bahnhof von Lyon übernachteten Hunderte Passagiere in zwei Schnellzügen, deren Verbindungen ausgefallen waren. Insgesamt waren 195.000 Haushalte in Frankreich ohne Strom. Im Laufe des Tages dürfte der erste Schnee auch die Champagne, die Ardennen und den Osten der Ile de France erreichen.
Auch in Spanien stürzten heftiger Schneefall und Unwetter viele Regionen in Chaos. Auf Menorca harren seit 48 Stunde rund 30.000 Haushalte aufgrund eines Tornados am Wochenende ohne Strom aus. Im Nordwesten Spaniens sorgten arktische Luftmassen für einen ungewöhnlich frühen Wintereinbruch und weiße Landschaften. Für Dienstag gab der Wetterdienst AEMET für 24 der 50 Provinzen des Landes die Alarmstufe Orange oder Gelb aus.
Viele Straßen und Autobahnen waren in Asturien und Galicien wegen des Schnees unbefahrbar, eine wichtige Zugsverbindung ist seit Montag unterbrochen. Stürme hatten Bäume und Strommasten umgerissen. Zur Unterstützung der Räumarbeiten schickten die Streitkräfte rund 120 Angehörige der militärischen Nothilfeeinheit UME.