Grünen-Bundessprecher Werner Kogler
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Kogler will kandidieren

Rückenwind für Grüne bei EU-Wahl erhofft

Bundessprecher Werner Kogler übernimmt eine weitere Rolle bei den gestrauchelten Grünen. Er bewirbt sich – zusätzlich zum Job als Parteichef – für die Spitzenkandidatur zur EU-Wahl. Michel Reimon, seit vier Jahren im EU-Parlament, verzichtete am Dienstag „aus persönlichen Gründen“.

Kogler und Reimon luden am Dienstag zu einer gemeinsamen Pressekonferenz in die Parteizentrale in Wien. „Ich bewerbe mich für die Spitzenkandidatur auf dem grünen Bundeskongress“, so Kogler. Beim Kongress am 17. November will er auch als grüner Bundessprecher antreten und dieses Amt dann für die zweijährige Funktionsperiode ausüben. Danach rechnet er mit einer Übergabe an einen Nachfolger.

Reimon hatte ursprünglich geplant, erneut als Spitzenkandidat ins Rennen zu gehen. Er habe mit Kogler lange darüber debattiert, sagte Reimon. Die Entscheidung sei ihm auch nicht leichtgefallen. Koglers Schritt bezeichnete Reimon als „wahnsinnig wichtige Lösung für uns“. Kogler sei "wohl unser bester und prominentester Mann“. Er selbst werde sich zwar im EU-Wahlkampf einbringen, aber nicht auf einem wählbaren Platz kandidieren. Die Gründe, nicht mehr an der Spitze anzutreten, hätten „sich im Sommer ergeben“, so Reimon. Dabei habe er „begonnen, darüber nachzudenken, in den nächsten Jahren doch weniger Zeit in Flugzeugen und Hotelzimmern und mehr mit den Menschen zu verbringen, die mir viel bedeuten“.

Scharfe Kritik an Ratspräsidentschaft

Kogler will bei der EU-Wahl mit dem Anspruch antreten, die Union zu verändern: „Wer Europa liebt, muss die Union verändern wollen, eigentlich radikal verbessern wollen“, sagte er. Den Fokus will er auf grüne Kernthemen wie Ökologie, gesunde Lebensmittel, aber auch auf soziale Fragen und die „Verteidigung von Demokratie und europäischen Werten“ legen. Scharfe Kritik übte er zudem an der österreichischen Ratspräsidentschaft.

Kogler bewirbt sich für grüne Spitzenkandidatur

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz erläuterten Kogler und Reimon ihre Pläne. Die Grünen hoffen auf Rückenwind durch die EU-Wahl.

Er attestierte ÖVP und FPÖ ein „Versagen“ beim Klimaschutz. Stattdessen konzentriere sich die Ratspräsidentschaft mit dem Motto „Ein Europa, das schützt“ nur auf ein Thema, nämlich die Migration, so Kogler. Auch die SPÖ stehe – trotz jüngster anderslautender Beteuerungen – „regelmäßig auf der falschen Seite in ökologischen Fragen“. Ein Wahlziel wollte Kogler nicht nennen. Auch zu seiner möglichen späteren Nachfolge auf Bundesebene hielt er sich bedeckt. Es würden jedenfalls bereits beim Bundeskongress neue Gesichter dabei sein, sagte er.

Rekordwert bei Wahl 2014

Bei der Nationalratswahl 2017 waren die Grünen mit nur 3,8 Prozent Stimmanteil aus dem Parlament geflogen. Der Wahlschlappe waren Streitereien mit einer Jugendorganisation und ein plötzlicher Obfrauwechsel vorhergegangen. Seither versucht Kogler als Bundessprecher den Neustart der Partei. Die Grünen sind im Parlament noch durch zwei Bundesräte vertreten. Zudem kämpft die Partei mit Schulden: Die Sanierung mit der Tilgung von rund fünf Millionen Euro an Verbindlichkeiten soll zwischen drei und fünf Jahre dauern.

Michel Reimon und Werner Kogler
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Reimon (l.) will aus privaten Gründen nicht mehr an wählbarer Stelle antreten und gibt an Kogler ab

Beim Bundeskongress sollen personelle Weichenstellungen erfolgen. Bei der EU-Wahl gilt eine Vierprozenthürde. Im Jahr 2014 erreichten die Grünen einen Rekordwert von 14,5 Prozent. Die neun Landesparteispitzen der Grünen sehen in Kogler den richtigen Kandidaten, um den Grünen bei der EU-Wahl Rückenwind zu verschaffen. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sie sich klar für seine Spitzenkandidatur aus. Man empfehle dem Bundeskongress, Kogler zu wählen, hieß es in der Aussendung. „Werner Kogler bringt sowohl die notwendige Erfahrung als auch die erforderliche ‚Kampfkraft‘ mit, um in dieser für die Grünen und für Europa so immens wichtigen Wahl bestehen zu können“, hieß es.

Nur SPÖ-Kandidat stand schon fest

Auch von SPÖ-Seite gab es Lob. Die SPÖ-Delegationsleiterin im EU-Parlament, Evelyn Regner, bezeichnete Kogler als „verlässlichen Partner“. Der FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky blickt der Nominierung Koglers „sehr gelassen“ entgegen.

Damit wagten sich die Grünen recht früh aus der Deckung, wer für sie ins Rennen um das EU-Parlament geht. Bisher deklarierte sich nur SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder, nachdem sich Christian Kern nach seinem Rücktritt als Parteichef zunächst selbst als Spitzenkandidat ins Rennen gebracht und wenig später wieder herausgenommen hatte.

Regierungsparteien warten noch ab

Die ÖVP will zunächst den EU-Ratsvorsitz hinter sich bringen und die Spitzenkandidatur voraussichtlich zu Jahresbeginn 2019 bekanntgeben. Ob es erneut der derzeitige Delegationsleiter Othmar Karas wird, ist noch offen.

Für die FPÖ tritt aller Voraussicht nach Harald Vilimsky als Spitzenkandidat an. Parteichef Heinz-Christian Strache hat sich bereits für den Generalsekretär als seinen Wunschkandidaten ausgesprochen. Die Parteigremien wollen im Frühjahr entscheiden. Vilimsky war auch 2014 Listenerster, nachdem Andreas Mölzer nach umstrittenen Aussagen zurückgetreten war.

Suche nach Köpfen läuft

Bei NEOS braucht es den bekannten Vorwahlprozess. Bis Anfang Februar kann sich jeder und jede für einen Listenplatz bewerben. Am 16. Februar folgt die Mitgliederversammlung, bei der sich die Kandidatinnen und Kandidaten vorstellen können. Dabei wird auch das Programm zur EU-Wahl beschlossen. Der Vorwahlprozess startet mit einer öffentlichen Onlinevorwahl, danach gibt es die Wahl im Erweiterten Vorstand, und am 9. März wird die endgültige Liste bei einer Mitgliederversammlung bestimmt.

Als mögliche Kandidatin wurde immer wieder Europasprecherin Claudia Gamon genannt, sie hat sich aber noch nicht deklariert. Fest steht, dass Angelika Mlinar nicht mehr antritt, sie gab ihren Rückzug bereits vor Monaten bekannt. Auch die Liste Pilz tritt an, mit wem, ist aber noch unbekannt. Das soll aber zeitnah entschieden werden, so Parteichefin Maria Stern.