Die Unwetter sorgen bereits seit Wochenbeginn für Chaos. Mittlerweile gibt es mindestens 20 Tote. Zuletzt starben eine 62-jährige deutsche Urlauberin und eine 87-jährige Italienerin auf der Insel Sardinien nach einem Blitzschlag. In Trient starb ein 34-Jähriger, der bereits vor vier Tagen ebenfalls von einem Blitz getroffen worden war.
Heikel ist die Lage in der nordöstlichen Region Venetien. Dort wurden bei einem schweren Sturm am Donnerstag Hunderte Bäume entwurzelt. „Es ist wie nach einem Erdbeben“, sagte der Gouverneur der Region, Luca Zaia. Teile der Dolomiten glichen einer Landschaft „wie auf dem Mond“. Die Baumstämme wurden bei mehreren Staudämmen angeschwemmt. 160.000 Menschen seien ohne Strom.
Zivilschutzchef Angelo Borrelli sprach am Samstag von einer „apokalyptischen Situation“ im Raum Belluno in Venetien. „Ganz Italien hat unter den Unwettern gelitten, doch im Raum von Belluno ist die Lage besonders schlimm“, sagte Borrelli bei einem Treffen mit Zaia. Acht kleine Berggemeinden seien noch isoliert.
100.000 Hektar Wald zerstört
„100.000 Hektar Wald sind durch Erdrutsche zerstört worden. Straßen müssen neu gebaut werden. Wir müssen sofort eingreifen, weil die Gefahr der Entvölkerung dieser Berggemeinden konkret ist“, sagte Zaia. 3.000 ehrenamtliche helfende Kräfte seien im Einsatz, um die Straßen nach Erdrutschen und Überschwemmungen zu säubern.
Venetiens Präsident Zaia telefonierte mit Premier Giuseppe Conte, der im Laufe der kommenden Woche erste Mittel für die betroffenen Gebiete zur Verfügung stellen will. Die Schäden in Venetien betragen eine Milliarde Euro, erklärte Zaia. Die Meteorologen rechneten für das Wochenende für die Region mit weiterem Sturm und Regen.
Flüsse unter Beobachtung
Die Pegel der Hochwasser führenden Flüsse Brenta und Piave werden unterdessen permanent beobachtet. Sorgen bereitet den Behörden in Bassano del Grappa die aus dem 16. Jahrhundert stammende Alpini-Brücke über den Fluss Brenta. Die überdachte Holzbrücke, 1569 nach Plänen des Architekten Andrea Palladio gebaut, ist laut Experten instabil. Die Fußgängerbrücke wird mit Hilfe von Sensoren kontrolliert.
Schwere Schäden wurden auch in der Provinz Udine gemeldet. Der Wald im Saisera-Tal in der Gemeinde Tarvis wurde zum Großteil zerstört. Der Sturm riss Schneisen in die Forste. Tausende Bäume seien entwurzelt, berichtete die Forstwirtschaft.
Jachten gesunken: Angst vor Ölschäden
Im ligurischen Luxusbadeort Rapallo wird befürchtet, dass Treibstoff aus den 211 Jachten, die bei den Unwettern am Montag zerstört wurden, ins Meer gelangen. Bei einem Helikopterflug der Küstenwache seien entsprechende Ölspuren im Meer entdeckt worden. Der Badeort Portofino ist auf dem Straßenweg weiterhin nicht erreichbar.
Die Schäden an der ligurischen Riviera wurden mit 20 Millionen Euro beziffert. Die Region soll auf einen Notfallfonds zurückgreifen können. Der Präsident Liguriens, Giovanni Toti, rief Urlaubende auf, die betroffenen Gemeinden nicht im Stich zu lassen. Der Ort Santa Margherita sei nach den Überschwemmungen für Besucher wieder zugänglich.
Schwere Unwetter auch im Süden
Auch weiter südlich gibt es Unwetter. Laut der Zeitung „Corriere della Sera“ blieben zuletzt auf Sizilien Schulen in Palermo, Trapani und Agrigento geschlossen. In mehreren Gemeinden gab es kein Trinkwasser. Mehrere Straßen waren unpassierbar. Der italienische Zivilschutz sprach von einer der komplexesten Wetterlagen der vergangenen 60 Jahre.