Entwurzelte Bäume schwimmen in einem Stausee bei Belluno, im Nordosten von Italien
AP/Vigili del Fuoco
Blitztote, schwere Schäden

Unwetterlage in Italien bleibt prekär

In Italien herrschen nach wie vor Starkregen und Sturm. Besonders prekär war die Lage am Samstag im Norden des Landes, aber auch im Süden herrscht Alarmstimmung. Seit Freitag starben drei Menschen nach einem Blitzschlag, zwei davon auf Sardinien. Im Raum Belluno war von einer „apokalyptische Situation“ die Rede. In Ligurien fürchtet man unterdessen Ölaustritt aus beschädigten Jachten.

Die Unwetter sorgen bereits seit Wochenbeginn für Chaos. Mittlerweile gibt es mindestens 20 Tote. Zuletzt starben eine 62-jährige deutsche Urlauberin und eine 87-jährige Italienerin auf der Insel Sardinien nach einem Blitzschlag. In Trient starb ein 34-Jähriger, der bereits vor vier Tagen ebenfalls von einem Blitz getroffen worden war.

Heikel ist die Lage in der nordöstlichen Region Venetien. Dort wurden bei einem schweren Sturm am Donnerstag Hunderte Bäume entwurzelt. „Es ist wie nach einem Erdbeben“, sagte der Gouverneur der Region, Luca Zaia. Teile der Dolomiten glichen einer Landschaft „wie auf dem Mond“. Die Baumstämme wurden bei mehreren Staudämmen angeschwemmt. 160.000 Menschen seien ohne Strom.

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Entwurzelte Bäume schwimmen in einem Fluss bei Belluno, im Nordosten von Italien
AP/Vigili del Fuoco
In der Region Belluno wurden Tausende Bäume entwurzelt und weggeschwemmt
Entwurzelte Bäume bei Belluno, im Nordosten von Italien
AP/Vigili del Fuoco
Schwerer Sturm riss Schneisen in die Wälder
Touristen gehen auf einem improvisierten Steg über das Wasser am Marcusplatz in Venedig
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Bereits Anfang der Woche hatte es etwa in Venedig schwere Überschwemmungen gegeben
Touristen waten durch das Wasser am Marcusplatz in Venedig
AP/Luca Bruno
Unter anderem stand der Markusplatz unter Wasser
Wasser steht vor dem Colosseum in Rom
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Auch in Rom hatten Unwetter gewütet und für schwere Schäden gesorgt. In der Hauptstadt hat sich die Wetterlage mittlerweile beruhigt.
Boote liegen beschädigt im Hafen von Rapallo, in Norditalien
AP/Antonio Calanni
In Ligurien wurden über 200 Jachten beschädigt, darunter auch ein Schiff von Ex-Premier Silvio Berlusconi

Zivilschutzchef Angelo Borrelli sprach am Samstag von einer „apokalyptischen Situation“ im Raum Belluno in Venetien. „Ganz Italien hat unter den Unwettern gelitten, doch im Raum von Belluno ist die Lage besonders schlimm“, sagte Borrelli bei einem Treffen mit Zaia. Acht kleine Berggemeinden seien noch isoliert.

100.000 Hektar Wald zerstört

„100.000 Hektar Wald sind durch Erdrutsche zerstört worden. Straßen müssen neu gebaut werden. Wir müssen sofort eingreifen, weil die Gefahr der Entvölkerung dieser Berggemeinden konkret ist“, sagte Zaia. 3.000 ehrenamtliche helfende Kräfte seien im Einsatz, um die Straßen nach Erdrutschen und Überschwemmungen zu säubern.

Venetiens Präsident Zaia telefonierte mit Premier Giuseppe Conte, der im Laufe der kommenden Woche erste Mittel für die betroffenen Gebiete zur Verfügung stellen will. Die Schäden in Venetien betragen eine Milliarde Euro, erklärte Zaia. Die Meteorologen rechneten für das Wochenende für die Region mit weiterem Sturm und Regen.

Flüsse unter Beobachtung

Die Pegel der Hochwasser führenden Flüsse Brenta und Piave werden unterdessen permanent beobachtet. Sorgen bereitet den Behörden in Bassano del Grappa die aus dem 16. Jahrhundert stammende Alpini-Brücke über den Fluss Brenta. Die überdachte Holzbrücke, 1569 nach Plänen des Architekten Andrea Palladio gebaut, ist laut Experten instabil. Die Fußgängerbrücke wird mit Hilfe von Sensoren kontrolliert.

Schwere Schäden wurden auch in der Provinz Udine gemeldet. Der Wald im Saisera-Tal in der Gemeinde Tarvis wurde zum Großteil zerstört. Der Sturm riss Schneisen in die Forste. Tausende Bäume seien entwurzelt, berichtete die Forstwirtschaft.

Jachten gesunken: Angst vor Ölschäden

Im ligurischen Luxusbadeort Rapallo wird befürchtet, dass Treibstoff aus den 211 Jachten, die bei den Unwettern am Montag zerstört wurden, ins Meer gelangen. Bei einem Helikopterflug der Küstenwache seien entsprechende Ölspuren im Meer entdeckt worden. Der Badeort Portofino ist auf dem Straßenweg weiterhin nicht erreichbar.

Boote liegen beschädigt im Hafen von Rapallo, in Norditalien
APA/AFP/Marco Bertorello
Der Sturm hinterließ in Jachthäfen Chaos

Die Schäden an der ligurischen Riviera wurden mit 20 Millionen Euro beziffert. Die Region soll auf einen Notfallfonds zurückgreifen können. Der Präsident Liguriens, Giovanni Toti, rief Urlaubende auf, die betroffenen Gemeinden nicht im Stich zu lassen. Der Ort Santa Margherita sei nach den Überschwemmungen für Besucher wieder zugänglich.

Schwere Unwetter auch im Süden

Auch weiter südlich gibt es Unwetter. Laut der Zeitung „Corriere della Sera“ blieben zuletzt auf Sizilien Schulen in Palermo, Trapani und Agrigento geschlossen. In mehreren Gemeinden gab es kein Trinkwasser. Mehrere Straßen waren unpassierbar. Der italienische Zivilschutz sprach von einer der komplexesten Wetterlagen der vergangenen 60 Jahre.