Mann steht auf Plakat
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Blasphemie-Urteil in Pakistan

Sorge um freigesprochene Christin wächst

Nach dem Freispruch der wegen Blasphemie verurteilten Christin Asia Bibi in Pakistan ist die Zukunft der 51-Jährigen weiter unsicher. Nach Massenprotesten von Islamisten hatte die Regierung diesen am Samstag gestattet, Berufung gegen die Entscheidung einzulegen, und zugesagt, Bibi am Verlassen des Landes zu hindern. Sie befindet sich offenbar weiter im Gefängnis. Ihr Ehemann bat nun um Asyl – er fürchte um das Leben seiner Frau.

„Wir sind nirgendwo sicher“, sagte Bibis Ehemann Ashiq Masih bereits am Samstag der Deutschen Welle. Über die britische BBC bat er nun westliche Staaten um Asyl. „Ich bitte die Premierministerin des Vereinigten Königreichs, uns zu helfen und uns, soweit möglich, Freiheit zu gewähren“, sagte Masih laut dem britischen Sender BBC in einer Videobotschaft heute. In dem Video habe er auch Kanada und die USA um Hilfe gebeten, hieß es.

Bibi war am Mittwoch nach acht Jahren in der Todeszelle vom obersten Gericht in Islamabad freigesprochen worden. Dieses hatte entschieden, dass die Vorwürfe gegen sie auf schwacher rechtlicher Grundlage stünden und es keinen Grund gebe, sie zu bestrafen. Daraufhin hatte die radikalislamische Gruppe Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) landesweite Straßenproteste organisiert.

Fundamentalisten legten Städte lahm

Diese endeten nach einem Abkommen der TLP mit der Regierung. Islamabad wolle einen Revisionsantrag gegen die Entscheidung des obersten Gerichts zulassen und Bibi am Verlassen des Landes hindern. Die Demonstranten entfernten daraufhin am Samstag die Barrikaden in den großen Städten.

Proteste in Pakistan
AP/Fareed Khan
Die Islamisten von TLP sind für ihre Blockadeaktionen bekannt

Pakistans Informationsminister Fawad Chaudry sagte der BBC, das Abkommen mit den Islamisten sei notwendig gewesen, „um die Situation gewaltlos zu lösen“. Sicherheitsvorkehrung zum Schutz Bibis seien erhöht worden. Ihr Leben sei nicht in Gefahr. Die Proteste hatten das Land am Mittwoch drei Tage lang lahmgelegt. Aus Angst vor Ausschreitungen blieben landesweit Schulen geschlossen und Straßen menschenleer. Die Regierung entsandte Soldaten zum Schutz von Amtsgebäuden in die größeren Städte des Landes.

Anwalt verließ Land

Bibis Ehemann sagte der Deutschen Welle, das Abkommen habe ihn erschauern lassen. Dazu hätte es nie kommen dürfen. „Meine Familie hat Angst, meine Verwandten haben Angst, und auch meine Freunde haben Angst“, sagte Masih dem Sender. Pakistanische Medien hatten in den vergangenen Tagen gemutmaßt, Bibi könne das Land bereits verlassen haben.

Asia Noreen (Bibi)
APA/AFP/DGPR Punjab
Asia Bibi nach ihrer Verurteilung zum Tode 2010

Unterdessen berichtete die Zeitung „Express Tribune“, dass Bibis Anwalt Saiful Malook Pakistan bereits verlassen habe, da er um sein Leben und das seiner Familie fürchte. Er werde aber zurückkehren, um Bibi vor Gericht zu verteidigen, wenn das Militär ihm Sicherheit gewähre. Er kritisierte die Regierung: „Sie können nicht einmal ein Urteil des obersten Gerichts des Landes umsetzen.“

Der Christin Bibi war vorgeworfen worden, sich bei einem Streit mit muslimischen Frauen in ihrem Dorf abfällig über den Propheten Mohammed geäußert zu haben. Die fünffache Mutter war 2009 festgenommen und im Jahr darauf nach einem umstrittenen Blasphemiegesetz in dem vorwiegend muslimischen Land zum Tode verurteilt worden. 2014 wurde das Todesurteil bestätigt.

Blasphemiegesetze als Einschüchterung

Blasphemie gilt in Pakistan als Kapitalverbrechen. In der Praxis werden unter Blasphemie nur verächtliche Äußerungen und Taten gegen den Islam, den Koran und den Propheten Mohammed verstanden, so die katholische Nachrichtenagentur KNA am Mittwoch. 2011 wurde der liberale Gouverneur von Pakistans größter Provinz Punjab erschossen, weil er Bibi verteidigt und die Blasphemiegesetze kritisiert hatte.

Kritiker sagen, gerade mit Hilfe der Blasphemiegesetze seien Angehörige anderer Religionen in der Vergangenheit von Muslimen eingeschüchtert worden. Die Gerichte, aber auch das Parlament und das Militär des Landes hatten sich in der Vergangenheit gescheut, Entscheidungen zu treffen, die gewalttätige islamistische Gruppen erzürnen könnten. Beobachter gingen davon aus, dass die Proteste zunächst weitergehen werden.