Arbeiter zwischen zwei Öltanks
Reuters/Nick Oxford
„Härteste“ US-Sanktionen

Ölmarkt reagiert vorerst gelassen

Die zweite Runde der US-Sanktionen gegen den Iran sind am Montag in Kraft getreten. laut US-Außenminister Mike Pompeo sind es die „härtesten Sanktionen aller Zeiten“. Gerichtet sind sie unter anderem gegen die Ölindustrie. Fachleute gehen davon aus, dass die Preise steigen werden. Doch vorerst reagierte der Markt gelassen auf die Sanktionen.

Der Preis für Rohöl der Nordsee-Sorte Brent fiel in der Früh um 29 Cent auf 72,54 US-Dollar je Fass (159 Liter). Ähnlich verbilligten sich andere Ölsorten. Händler und Händlerinnen nannten als Grund, dass die USA befristete Ausnahmen für wichtige Ölabnehmer wie China und Indien akzeptierten. Hinzu kommt, dass die europäischen Staaten ihr Erdöl überwiegend aus anderen Quellen beziehen. Die Sanktionen traten um 6.00 Uhr MEZ in Kraft und sollen vor allem die Ölindustrie, den Finanzsektor sowie den Hafenverkehr des Iran lähmen.

Damit wollen die USA den Iran zwingen, das Atomabkommen von 2015 neu zu verhandeln, militärisch im Raketenbereich abzurüsten und seinen Einfluss im Nahen Osten aufzugeben. Während der Iran die Sanktionen als „Wirtschaftskrieg“ bezeichnete, dankte Israel den USA. „Mit einem einzelnen Schritt versetzen die USA der iranischen Verankerung in Syrien, Gaza, im Libanon, Irak und Jemen einen entscheidenden Schlag“, sagte der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman.

„Werden die Sanktionen brechen“

Der Iran erklärte, sich über die neuen Sanktionen hinwegsetzen zu wollen. „Amerika wollte die Ölverkäufe des Iran auf null kürzen. Aber wir werden unser Öl weiter verkaufen, (…) die Sanktionen brechen", sagte der iranische Präsident Hassan Rouhani. Gleichzeitig zeigte er sich zu Gesprächen mit US-Präsident Donald Trump bereit, sollte dieser die Sanktionen zurücknehmen. Trump hatte am 8. Mai eines seiner zentralen Wahlversprechen wahr gemacht und die internationale Atomvereinbarung mit dem Iran aufgekündigt. Damit machte er auch den Weg frei für die Wiedereinsetzung von Sanktionen.

Neue Wirtschaftssanktionen in Kraft

Internationalen Unternehmen, die weiter mit dem Iran Geschäfte machen, drohen die USA mit einer Sperre für den amerikanischen Markt.

Der iranische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gholamali Khoshroo, forderte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres in einem Brief zu einer „gemeinsamen Antwort“ auf das „unverantwortliche Verhalten“ der USA auf. Washington müsse für die „unrechtmäßigen Schritte“ zur Rechenschaft gezogen werden, hieß es darin. Die Sanktionen verstoßen laut Khoshroo auch gegen eine Resolution des Sicherheitsrats, der das internationale Atomabkommen mit dem Iran unterstützt habe.

Irans Präsident Hassan Rouhani bei einer Kabinettssitzung
APA/AFP/Iranian Presidency
Der iranische Präsident Rouhani kündigte nach Inkrafttreten der US-Sanktionen an, diese zu brechen

Aber nicht nur der Iran ist von den Sanktionen betroffen. Die USA wollen nämlich andere ausländische Unternehmen hart bestrafen, die sich ihren einseitig verhängten Iran-Sanktionen nicht beugen. Besonders abschreckend wirkt der angedrohte Verlust des Zugangs zum US-Finanzsystem und zur Abwicklung internationaler Geschäfte in US-Dollar. Von den Ölsanktionen bleiben allerdings acht Staaten übergangsweise ausgenommen, darunter zwei EU-Länder. Die USA würden Importe iranischen Öls durch Italien, Griechenland, die Türkei, China, Indien, Japan, Südkorea und Taiwan zunächst nicht bestrafen.

Die USA würden ihre Anstrengungen aber fortsetzen, alle Nationen dazu zu bringen, Ölimporte aus dem Iran ganz auf null zurückzufahren, sagte US-Außenminister Pompeo. Die EU-Staaten arbeiten aber schon an einer Zweckgesellschaft, die die Bezahlung von Iran-Geschäften ermöglichen soll, wenn sich private Banken wegen drohender US-Strafen verweigern. Die Zweckgesellschaft könnte zum Beispiel Tauschgeschäfte ermöglichen, bei denen kein Geld fließt. Wann sie loslegen kann, ist unklar. Aus EU-Kreisen hieß es, es gebe schwierige technische, rechtliche und auch politische Fragen zu klären.

Auswirkungen für Österreichs Unternehmen

Für österreichische Unternehmen würden die Modalitäten der US-Sanktionen „in erster Linie eine Klarstellung der Position der Vereinigten Staaten“ bedeuten, erklärte der Wirtschaftsdelegierte der WKÖ in Teheran, Christoph Grabmayr, schriftlich gegenüber ORF.at. Nun könnten die Unternehmen mit „größerer Genauigkeit“ abklären, „inwieweit sie von diesen betroffen sind und welche Schritte gesetzt werden müssen“, hieß es in der E-Mail weiter.

Wie viele österreichische Firmen derzeit im Iran aktiv sind, ist nicht bekannt. Laut dem Wirtschaftsdelegierten nahmen aber allein 2017 rund 900 heimische Unternehmen zu dem Außenwirtschaftscenter in der iranischen Hauptstadt Kontakt auf. Vor allem im Pharmabereich gebe es einige Lieferanten aus Österreich, die gute Geschäfte mit dem Iran machten. Dieser Bereich ist von den US-Sanktionen explizit ausgenommen. Allerdings stellt sich die Frage, wie künftig die Zahlungsabwicklung zu erfolgen hat.

„Rechtlich verpflichtend für österreichische Unternehmen sind weiterhin nur die Bestimmungen Österreichs, der EU und der Vereinten Nationen“, so der Wirtschaftsdelegierte. Allerdings bestehe ein Reputationsrisiko, wenn manche ausländische Geschäftspartner ihre Zusammenarbeit von der Einhaltung der Sanktionen abhängig machen. „Dafür besteht aber keine Rechtsgrundlage“, so Grabmayr.

Trumps Verbündeter als Nutznießer?

Dass der Ölpreis noch steigen wird, gilt unter Fachleuten als sicher. Der Iran exportierte im April, bevor Trump die Sanktionen ankündigte und Käufer abschreckte, rund 2,4 Millionen Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) pro Tag. Mittlerweile sind es Schätzungen zufolge noch 1,6 Millionen Barrel am Tag. Seit Ankündigung der Sanktionen war der Ölpreis stetig gestiegen – ein vorläufiges Hoch erreichte er Anfang Oktober bei über 85 Dollar (knapp 75 Euro) pro Barrel. Eine Rolle spielten dabei auch die Wirtschaftskrise in Venezuela, das als Lieferant fast komplett ausfällt. Seitdem ist der Ölpreis sogar wieder gefallen.

Grafik zur Wirtschaftslage im Iran
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/IWF/Iranische Zentralbank

Interessant ist dabei, dass Trump mehrfach deutlich gemacht hatte, dass er von seinem Verbündeten Saudi-Arabien, dem weltweit größten Produzenten, eine Steigerung der Ölexporte erwartet. Saudi-Arabien, das die Sanktionen begrüßt, ist nach Expertenangaben der einzige Produzent, der seine Förderung schnell und nennenswert erhöhen kann. Der Natixis-Analyst Joel Hancock sagte, „binnen 30 Tagen“ seien 300.000 Barrel mehr am Tag möglich. Derzeit fördert das Land unter elf Millionen Barrel am Tag, eine Steigerung auf zwölf Millionen Barrel pro Tag sei möglich, wenn man investiere.

US-Sanktionen gegen Iran in Kraft

Seit Montag sind US-Wirtschaftssanktionen gegen den Iran in Kraft, die vor allem die Ölindustrie treffen sollen. Die Regierung in Teheran will sich dagegen wehren.

Bereits im Juni hatte Trump mitgeteilt, er habe den saudischen König Salman um eine Erhöhung der saudi-arabischen Fördermenge um bis zu zwei Millionen Barrel gebeten. Der saudische Energieminister Chalid al-Falih sagte, Saudi-Arabien wolle sein Öl nicht als politische Waffe einsetzen. Allerdings mochte er nicht ausschließen, dass der Ölpreis wegen der Iran-Sanktionen auf über 100 Dollar pro Barrel steigt – also um etwa ein Drittel. Höhere Ölpreise dürften negative Auswirkungen auf die US-amerikanische und die globale Wirtschaft haben.

Experte: Iraner wollen Veränderung

Dass die USA durch ihr hartes Vorgehen gegen den Iran einen Regimewechsel bewirken wollen – so lautet zumindest der Vorwurf Teherans –, könnte nach Ansicht des deutschen Iran-Experten Cornelius Adebahr von der deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik in Berlin „genau das Gegenteil bewirken“. Druck von außen würden viele Iraner und Iranerinnen als negativ erleben. Ihre Regierung würden einige loswerden wollen, aber nicht durch äußeren Druck, sagte Adebahr im Ö1-Mittagsjournal – mehr dazu in oe1.ORF.at.

Passend dazu äußerte sich auch US-Finanzminister Steven Mnuchin am Montag. Die Islamische Republik werde so lange finanzieller Isolation und wirtschaftlicher Stagnation ausgesetzt sein, bis die Führung in Teheran ihr destabilisierendes Verhalten in der Region aufgebe, erklärte der US-Politiker. Dass als Datum für das Inkrafttreten der Wirtschaftssanktionen der Tag vor den US-Kongresswahlen gewählt wurde, kommt für Adebahr „nicht zufällig“, auch wenn US-Präsident Trump derzeit mehr Kapital aus anderen Themen – wie etwa der Migrationsbewegung aus Mittelamerika – schlage. Der Iran sei nur eines von mehreren Wahlkampfthemen.