Arbeiter beim Schweißen
ORF.at/Sonja Ryzienski
Metaller

Lostag für KV-Verhandlungen

Die Fronten zwischen Industrie und Beschäftigten sind im Vorfeld der letzten und entscheidenden Verhandlungsrunde für den Metaller-KV am Donnerstag verhärtet: Während die Gewerkschaften mit Streiks drohen, beschuldigt die Arbeitgeberseite jene, wie Populisten zu agieren. Eine Einigung erscheint fraglich – die Lage dürfte sich weiter zuspitzen.

Mit dem Vorwurf der Verbreitung von Halbwahrheiten und Verdrehungen schärfte der Chefverhandler des größten Metallverbands, der Metalltechnischen Industrie, Christian Knill, am Mittwoch die Kritik der Arbeitgeberseite noch einmal nach. Den Funktionären warf er auch vor, Betriebe aus der Fahrzeug- und Stahlindustrie in „Geiselhaft“ zu nehmen – diese hätten Versammlungen in branchenfremden Betrieben abgehalten. „Das heurige Theater ist einzigartig und ein Tiefpunkt in der sozialpartnerschaftlichen Tradition der Gewerkschaften“, sagte Knill am Mittwoch.

Er unterstrich auch einmal mehr, Betriebe nicht „unvernünftig“ belasten zu wollen. Bereits zuvor verkündete Knill, dass es nur dann zu einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen kommen könne, wenn sich die Gewerkschaft bewege. Sollte das nicht passieren, würde man Kampfmaßnahmen vonseiten der Beschäftigten in Kauf nehmen. Die zurzeit heftig diskutierte Novelle des Arbeitszeitgesetzes hat Knill zufolge keinen unmittelbaren Einfluss auf „diesen“ KV, daher könne es auch keinerlei Gegenleistungen – wie von der Gewerkschaft gefordert – geben. Der neue KV sollte bereits ab 1. November gelten.

Gewerkschaft verschärft Gangart

Die Gewerkschaften versuchen ihrerseits mit der Androhung von Warnstreiks den Druck auf die Industrie zu erhöhen. „Wenn es notwendig ist, werden wir zur Durchsetzung eines raschen und den ausgezeichneten wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Abschlusses gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen ergreifen“, hieß es im Wortlaut in der von den Betriebsversammlungen beschlossenen Resolution am Dienstag. Das Okay vom Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB) gibt es schon – gestreikt werden könnte laut Ö1-Morgenjournal ab der kommenden Woche. Streikdrohungen sind – ebenso wie Betriebsversammlungen – im Zuge der Verhandlungen Usus.

Das große Verhandlungsteam wird sich am Donnerstagnachmittag zur fünften Verhandlungsrunde in der ÖGB-Zentrale treffen. Die eigentlichen Verhandlungen sollen aber in einem Wiener Hotel stattfinden und könnten bis in die Nacht dauern. Insgesamt fanden österreichweit bis Donnerstag 350 Betriebsversammlungen statt – etwa bei BMW, Magna, MAN, Rosenbauer, Bosch und Teilen der voest. Darin wurden die Beschäftigten unter anderem über den Stand der Verhandlungen informiert.

Lohnerhöhung: Zwei vs. fünf Prozent

Die Forderungen der Gewerkschaft sind bekannt: Fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt bzw. mindestens 100 Euro mehr im Monat sollen für die 192.000 Beschäftigten der Metallindustrie herausschauen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe würde mit einem Lohn- und Gehaltsplus von fünf Prozent nicht gefährdet, sagte Pro-Ge-Chef Rainer Wimmer, Vorsitzender der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), im September. Man befinde sich „in der besten wirtschaftlichen Lage seit der Krise, seit zehn Jahren“, hieß es damals.

Den Arbeitgebern ist das zu viel. Sie bieten gut zwei Prozent Inflationsausgleich plus einen Anteil an der Produktivitätssteigerung, die sie mit 0,7 Prozent taxieren. „Ihr Forderungspaket ist derart abgehoben, dass wir es keinesfalls akzeptieren können“, so Knill. Die Arbeitnehmer verwiesen zuvor auf die mehr als sechsprozentige Produktivitätsteigerung in der Metallindustrie.

Grafik zu den Metaller-Abschlüssen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Statistik Austria

Auch die Arbeitszeitforderungen der Gewerkschaften wie zum Beispiel höhere Zuschläge und bezahlte Pausen bei langen Arbeitszeiten sowie ein Kündigungsschutz für jene, die Arbeitszeiten von täglich zwölf Stunden oder 60 Stunden pro Woche ablehnen, sind trotz Kritik von Arbeitgeberseite nach wie vor aufrecht. Im Vorjahr einigten sich die Sozialpartner auf drei Prozent mehr Lohn und Gehalt. Die Lehrlingsentschädigungen und Zulagen wurden ebenso um drei Prozent angehoben. Der Mindestlohn bzw. das Mindestgrundgehalt beträgt daher derzeit 1.848 Euro. Im Gegenzug wurde die Zeitkontovereinbarung verlängert.

Knill: Betriebe sollen nicht überfordert werden

Die Metalltechnische Industrie verweist darauf, dass sie mit über 1.200 Unternehmen aus den Industriezweigen Maschinenbau, Anlagenbau, Stahlbau, Metallwaren und Gießerei als eine der stärksten Branchen Österreichs gilt und zu 85 Prozent aus Familienbetrieben zu besteht.

Die KV-Verhandlungen der Metaller werden Jahr für Jahr zum Kräftemessen der Sozialpartner. Die Sozialpartnerschaft, die über lange Zeit international hoch gelobt worden ist, gerät in den vergangenen Jahren verstärkt unter Druck. Abgesehen von den jährlichen Streiks sah auch die Regierung deren ausbleibenden Kompromiss zum Zwölfstundentag als unwesentlich an.

Nach den Metallern, die zumeist den weiteren Kurs vorgeben, folgen traditionellerweise die Verhandlungen über die KV-Erhöhungen für die rund 500.000 Beschäftigten im Handel – für jene findet am Donnerstag bereits die zweite Runde der Verhandlungen statt.