Zwei junge Frauen bejubeln das Midterm-Wahlergebnis
Reuters/Sarah Conard
Midterms

USA geteilt wie nie zuvor

Die Midterms in den USA beenden zwei Jahre absoluter Macht der Republikaner in Washington DC: Nach acht Jahren ist das Repräsentantenhaus wieder mehrheitlich demokratisch, die Republikaner bauen ihre Mehrheit im Senat aus und haben Donald Trump im Weißen Haus. Die Wahlnacht zeigt: Die Vereinigten Staaten von Amerika sind politisch geteilt wie wohl nie zuvor.

Vor allem der Unterschied zwischen Städten und dem Land dürfte sich noch vertieft haben, dazu auch die Kluft zwischen Frauen und Männern. Die Demokraten verdanken ihren Sieg im Repräsentantenhaus einer Umfrage zufolge vor allem Wählerinnen, jungen Leuten und Menschen hispanischer Abstammung. Nach einer Reuters/Ipsos-Umfrage votierten 55 Prozent der Wählerinnen für die Demokraten, vor vier Jahren waren es nur 49 Prozent.

Vielfältiger als je zuvor

Verärgert über Trumps oft abschätzigen Umgang mit Frauen, stellte sich zugleich eine Rekordzahl von Demokratinnen zur Wahl. Der neue Kongress wird den ersten Ergebnissen zufolge vielfältiger: Die palästinensischstämmige Rashida Tlaib aus Michigan und die aus Somalia stammende Ilhan Omar aus Minnesota ziehen als erste muslimische Frauen ein. Ihre Parteikollegin Alexandria Ocasio-Cortez wird mit 29 Jahren die jüngste Frau, die jemals in den Kongress gewählt wurde.

Grafik zu den Senatswahlen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: NY Times

Zu Siegern im Rennen um Senatsposten aufseiten der Demokraten zählen unter anderem auch der parteilose Senator Bernie Sanders, der meist mit den Demokraten stimmt. Auch die möglichen Präsidentschaftskandidatinnen Elizabeth Warren und Kirsten Gillibrand gehörten zu den Gewinnern.

Pelosi: „Neuer Tag für Amerika“

Die Demokraten werden damit erstmals seit acht Jahren im Repräsentantenhaus wieder das Sagen haben – und damit bei Gesetzesvorhaben ein gewichtiges Wort mitreden. Darüber hinaus können sie künftig Untersuchungen gegen den Präsidenten einleiten. „Dank euch wird morgen ein neuer Tag für Amerika anbrechen!“, kündigte die Fraktionschefin der siegreichen Demokraten, Nancy Pelosi, an. Ihre Partei werde den Präsidenten zügeln.

Für Trump dürfte das Regieren damit künftig schwerer werden. Ihre Mehrheit im Senat verteidigten die Republikaner aber.

Die demokratische Gouverneurskandidatin Stacey Abrams
APA/AFP/Getty Images/Jessica Mcgowan
Die Demokratin Abrams hofft noch, liegt aber zurück

Trump: „Riesiger Erfolg“

Weitere Steuersenkungen oder der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko dürften damit in weite Ferne gerückt sein. Als wahrscheinlich gelten auch weitere Ermittlungen zum Steuer- und Geschäftsgebaren des 72-jährigen Präsidenten sowie zum Vorwurf der Wahlkampfhilfe aus Russland. Trump twitterte dennoch zufrieden: „Riesiger Erfolg heute Nacht. Danke an alle.“

Besonders ermutigend dürfte für den Präsidenten sein, dass in den insgesamt 470 Rennen um Plätze im Repräsentantenhaus und im Senat vor allem Bewerber seiner Partei positiv abschnitten, die er selbst unterstützte. Allerdings waren im Senat die Voraussetzungen für die Republikaner auch günstig, weil bei den Zwischenwahlen, den Midterms, nur 35 von 100 Posten zur Wahl standen – und die meisten davon von Demokraten gehalten wurden. Darüber hinaus wurden alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus vergeben.

Prognose zur Sitzverteilung nach den Midterms-Wahlen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/NY Times

Wichtige Detailergebnisse

Trump und die Republikaner können den Erfolg im Senat für sich verbuchen. Und die von den Demokraten erhoffte „blaue Welle“ blieb ebenfalls aus. Die Freude der Demokraten über die Eroberung des Abgeordnetenhauses wurde zudem durch Einzelergebnisse getrübt.

Schmerzhaft ist vor allem die Niederlage im Gouverneursrennen in Florida. Der Demokrat Andrew Gillum, der mit einer explizit progressiven Agenda angetreten war, verlor knap gegen den Republikaner Ron De Santis, der sich zu Trump bekannte. Auch in Ohio verlor der Demokrat Richard Cordray gegen den Republikaner Mike Dewine das Gouverneursrennen. Beide Staaten werden aber 2020 bei der Präsidentschaftswahl zentrale Battleground-Staaten sein.

In Texas verlor Beto O’Rourke, der unter anderem Beschränkungen für Waffenverkäufe warb, gegen den republikanischen Amtsinhaber Ted Cruz das Rennen um den Senatssitz. O’Rourke hatte mehr als 60 Mio. Dollar an Spenden für seinen Wahlkampf US-weit gesammelt. Die Demokraten hatten Texas zu einer der zentralen Wahlarenen erklärt und gehofft, mit einem Erfolg im klassisch „roten“ Staat landesweit die Stimmung zu drehen.

In Georgia liegt die Demokratin Stacey Abrams, die die erste schwarze Gouverneurin in der US-Geschichte werden könnte, nach einem schmutzigen Wahlkampf hinter dem Republikaner Brian Kemp. Abrams hofft noch, sich in einen zweiten Wahlgang retten zu können.

Pfeifer über Trumps Jubel

Auf Twitter rühmt sich US-Präsident Donald Trump mit dem Erfolg der Kongresswahlen. Andreas Pfeifer, der außenpolitische Ressortleiter der ZIB, erklärt, ob der Tag für Trump tatsächlich so erfolgreich ist.

Abstimmung über Trump

Die traditionelle Abstimmung zur Hälfte der Amtszeit eines Präsidenten ist immer auch ein Referendum über dessen Politik. Bei Trump gilt das in besonderer Weise, weil er das Land so stark polarisiert hat. Der 72-Jährige war bis zum Schluss des Wahlkampfs im Dauereinsatz gewesen und hatte nach Ansicht vieler Wahlforscher erfolgreich seine Anhängerschaft mobilisiert.

Trump bezeichnete die Demokraten als Gefahr für das Land und warnte vor einer „Invasion“ von Migranten. Seine Gegner warfen ihm vor, gesellschaftliche Gräben zu vergrößern und das politische Klima zu vergiften.

Hohe Wahlbeteiligung

Ähnlich wie die Republikaner hatten es offenbar auch die Demokraten verstanden, große Teile ihrer Wählerschaft erfolgreich zu mobilisieren. Nicht zuletzt Trumps Amtsvorgänger Barack Obama hatte in den letzten Wahlkampftagen für die Kandidaten seiner Partei geworben. Die Wahlbeteiligung, traditionell gering, lag deutlich höher als vor vier Jahren. Der Sender CNN berichtete am Mittwoch, 113 Millionen Menschen hätten gewählt – das entspreche einer Quote von rund 48 Prozent. Bei den Zwischenwahlen vor vier Jahren gaben nur rund 83 Millionen US-Bürger und US-Bürgerinnen ihre Stimme ab, was einer Beteiligung von knapp 37 Prozent entsprach.

Wegen der vielen Zeitzonen in den USA hatte sich die Wahl über insgesamt 18 Stunden erstreckt. Bis das endgültige Ergebnis feststeht, wird es noch einige Tage dauern, weil beispielsweise in Kalifornien Briefwahlstimmen erst in den Tagen nach der Wahl gezählt werden.