US-Präsident Donald Trump zeigt mit dem Finger
AP/Evan Vucci
Nach Midterms

Trump zieht Bilanz nach Kongresswahlen

Nach den geschlagenen Midterms betrachtet sich US-Präsident Donald Trump ungeachtet des Verlustes des Repräsentantenhauses als Sieger. Bei einer Pressekonferenz gratulierte der US-Präsident am Mittwoch den Demokraten zum Wahlerfolg und ortete „gute Chancen“ für eine Kooperation, sparte aber auch nicht mit Drohungen. Am gleichen Tag gab Trump zudem das Ausscheiden von US-Justizminister Jeff Sessions bekannt.

Nur einen Tag nach den Kongresswahlen in den USA muss US-Justizminister Sessions seinen Posten in Trumps Regierung räumen. Er danke Sessions für seine Dienste und wünsche ihm alles Gute, schrieb Trump am Mittwochnachmittag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

In einem Brief erklärte Sessions, er reiche seinen Rücktritt auf Bitten des Präsidenten ein. Nach Darstellung Trumps soll Sessions’ Stabschef Matthew G. Whitaker den Posten des Justizministers nun vorübergehend ausüben, bis er einen Nachfolger benennen werde. Sessions ist schon vor längerer Zeit bei Trump in Ungnade gefallen. Trump hatte ihn in den vergangenen Monaten immer wieder kritisiert.

Lobende Worte fand Trump hingegen für die im Wahlkampf von ihm noch scharf attackierte demokratischen Fraktionsführerein Nancy Pelosi. „Sie hat lange und hart gearbeitet“, so Trump, der für den Senat zugleich einen historischen Sieg für sich und seine Republikaner im Senat reklamierte. Pelosi wiederum feierte die künftige Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus als tiefgreifenden Umbruch. Die verfassungsmäßigen Kontrollen und „Gegengewichte zur Trump-Regierung“ seien nun hergestellt, sagte sie in einer Ansprache am Wahlabend.

Zugleich bot sie Trump aber auch die Zusammenarbeit an. Es war dieses Angebot, das dem Präsidenten gefiel. Schon kurz nach ihrem Auftritt telefonierte er mit Pelosi. Auch wenn seine Republikaner ihre Mehrheit in der anderen Kongresskammer – dem Senat – verteidigen konnten, ist er nun auf starke Kooperation mit den Demokraten angewiesen, will er weitgehenden Stillstand in Washington vermeiden.

„Ich will diese Mauer“

Denn mit Blick auf die neuen Mehrheitsverhältnisse wird für Trump das Regieren nun dennoch schwieriger. Bei der Pressekonferenz im Weißen Haus suchte er mit einem Appell zu Einigkeit einen ersten Annäherungsversuch und rief die Demokraten zur Zusammenarbeit auf. Es sei Trump zufolge „jetzt an der Zeit für Mitglieder beider Parteien, sich zusammenzuschließen, die Parteilichkeit abzulegen und das amerikanische Wirtschaftswunder aufrechtzuerhalten“.

Trump sagte, Republikaner und Demokraten könnten die neue Konstellation nutzen, um gemeinsam etwas in der Infrastruktur und im Gesundheitssystem voranzubringen. Als Beispiele für eine mögliche überparteiliche Zusammenarbeit nannte Trump auch die Umweltpolitik und die von ihm angestrebte Mauer an der Grenze zu Mexiko. „Ich will diese Mauer“, sagte er. „Wir brauchen diese Mauer.“ Er werde dafür kämpfen und wolle nun schauen, was hier mit den Demokraten möglich sei.

„Kämpferische Haltung“ angedroht

Trump verband seinen Aufruf zur Einigkeit aber mit einer Drohung. Konkret warnte er die Demokraten davor, mit ihrer nun gewonnenen Mehrheit in der Kammer im US-Parlament Ermittlungen gegen ihn und seine Regierung einzuleiten. Der US-Präsident drohte für den Fall von Machtspielen Untersuchungen gegen die Demokraten unter anderem wegen durchgesickerter vertraulicher Informationen im Senat an und sagte, er würde dann eine „kämpferische Haltung“ einnehmen. „Sie können dieses Spiel spielen, aber wir können es besser spielen.“

Noch einige Sitze offen

Trumps Republikaner hatten bei den Wahlen am Dienstag ihre Kontrolle über das Repräsentantenhaus an die Demokraten verloren, ihre Mehrheit im Senat, der anderen Kammer des US-Parlaments, aber behauptet. Sie haben wie bisher 51 der 100 Sitze sicher. Es könnten noch mehr werden, weil außer in Florida und Mississippi auch die Rennen in Arizona und Montana am Mittwoch noch offen waren.

Mit ihrer gewonnenen Mehrheit im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten Untersuchungen gegen Trump bis hin zu einem Amtsenthebungsverfahren einleiten. Ein solches Verfahren muss Trump derzeit zwar nicht fürchten, weil das im Senat angesiedelt wäre und der mit einer Zweidrittelmehrheit darüber entscheiden müsste.

Die Demokraten könnten Trump und seine wichtigsten Mitarbeiter aber mit unangenehmen Aufgaben dauerhaft beschäftigen. Möglich ist auch, dass Untersuchungen für Trump unangenehme Ergebnisse ans Tageslicht bringen könnten. Unter anderem fordern die Demokraten seit Langem vergeblich, dass Trump seine Steuererklärungen veröffentlicht. Auch die Frage, ob Trumps Wahlkampflager beim Präsidentschaftswahlkampf 2016 geheime Absprachen mit Russland getroffen hatte, ist nicht abschließend geklärt.

Trump hat nach den US-Kongresswahlen versichert, die Russland-Ermittlungen nicht zu stoppen. „Ich könnte alle sofort feuern“, sagte Trump am Mittwoch über das Team von Sonderermittler Robert Mueller, das die mutmaßlichen russischen Einmischungen in den US-Wahlkampf 2016 untersucht. Er wolle die Ermittlungen aber aus „politischen“ Gründen nicht beenden. Er mache sich wegen der Untersuchung aber keinerlei Sorgen, „weil sie ein Schwindel ist“, sagte Trump. „Es gibt keine Absprachen.“

„Tut mir leid, Mia“

Trump zog es bei der Pressekonferenz vor, von einem Sieg seiner Partei zu sprechen, und sparte in diesem Zusammenhang nicht mit weiteren Vorwürfen gegen die Demokraten. Seine Partei habe diesen Sieg errungen, obwohl die Demokraten dank großzügiger Parteispenden im Wahlkampf einen finanziellen Vorteil gehabt hätten. Außerdem seien die Republikaner im Wahlkampf mit einer sehr „feindseligen Medienberichterstattung“ konfrontiert gewesen.

Eine Schelte gab es von Trump auch für die bei der Wahl unterlegenen Republikaner. Diese hätten seine Politik nicht ausreichend unterstützt und aus diesem Grund verloren. Als Beispiele nannte Trump neben dem republikanischen Kandidaten Mike Coffmann auch Mia Love, die ihm „keine Liebe gegeben“ und aus diesem Grund verloren habe, so Trump, der dazu noch sagte: „Tut mir leid, Mia.“

Coffman hatte seinen Sitz im Repräsentantenhaus an einen demokratischen Herausforderer verloren. In Loves Rennen wurde noch kein Sieger erklärt, die Chancen der Republikanerin sind aus Beobachtersicht allerdings nur noch gering.

Offener Disput mit CNN-Reporter

Mit neuerlichen Attacken blieb Trump auch im Verhältnis zu den Medien seiner bisherigen Linie treu. Bei der Pressekonferenz kam es dabei erneut zu einem Eklat. Trump zettelte auf offener Bühne einen Streit mit dem CNN-Reporter Jim Acosta an. „Sie sind eine furchtbare, unverschämte Person“, fuhr der Präsident den in den USA bekannten Reporter an. CNN müsse sich schämen, einen Menschen wie Acosta zu beschäftigen.

Acosta hatte zuvor Fragen zu den laufenden Russland-Untersuchungen gestellt. Mehrmals forderte Trump auch andere Journalisten auf, den Mund zu halten. Trump war bereits vor fast zwei Jahren in New York, noch vor seiner Amtseinführung, heftig mit Acosta aneinandergeraten, weil ihm dessen Fragen nicht gefallen hatten.

„Mike, möchtest du?“

Was seine weitere Amtszeit betrifft, will Trump unterdessen an seinen bisherigen Plänen zu Steuersenkungen festhalten. Zudem kündigte Trump ein weiteres Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un für Anfang 2019 an.

Trumps richtete seinen Blick aber auch schon auf eine zweite Amtszeit und kündigte eine neuerliche Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2020 an. Als er bei einer Pressekonferenz am Mittwoch gefragt wurde, ob er an Pence als seinem „Running Mate“ festhalten werde, erklärte Trump: „Nun, ich habe ihn das nicht gefragt, aber ich hoffe es.“ Der Präsident suchte anschließend im Publikum nach Pence und fragte ihn direkt. „Mike, möchtest du mein ‚Running Mate‘ sein?“ Pence stand auf und nickte. Trump erklärte, die Antwort auf die Frage sei Ja.