Das FBI-Team von Mueller geht der Frage nach, ob es bei den mutmaßlich russischen Einflussversuchen auf die Präsidentschaftswahl 2016 geheime Absprachen zwischen Moskau und Trumps Wahlkampflager gab. Für Trump sind die Ermittlungen höchst unangenehm. Er geißelt sie regelmäßig als „Hexenjagd“.
Sessions hatte es sich in Zusammenhang mit den Untersuchungen mit Trump verscherzt. Als oberster Chefankläger wäre Sessions für die Aufsicht über die Mueller-Ermittlungen zuständig gewesen. Wegen eigener Befangenheit hatte er diese Rolle aber an seinen Stellvertreter Rod Rosenstein abgegeben.
Ablöse erwartet – aber nicht so schnell
Der Präsident hätte sich gewünscht, dass ihn sein Justizminister vor den Untersuchungen schützt: In der Vergangenheit drängte Trump Sessions sogar auf Twitter dazu, die Ermittlungen zu beenden, und griff den Minister immer wieder öffentlich an. Schon lange galt der Minister daher als Ablösekandidat – und es wurde erwartet, dass Trump ihn nach der Kongresswahl entlässt.
Mit dem ehemaligen Stabschef Whitaker installierte Trump nun vorübergehend einen Justizminister, der sich in der Vergangenheit kritisch über den Umfang der Russland-Untersuchung geäußert hat – jene Ermittlungen also, über die er nun die Aufsicht hat.
Whitaker schlug Vorgangsweise vor
In einem Beitrag für den Sender CNN schrieb Whitaker im vergangenen Jahr, dass es zu weit gehen würde, sollte Mueller die Finanzen von Trumps Familie unter die Lupe nehmen. Sollte das passieren, „würde es ernsthafte Bedenken aufwerfen, dass die Untersuchung des Sonderermittlers eine reine Hexenjagd ist“, sagte er. Trump hat die Ermittlungen immer wieder als „Hexenjagd“ bezeichnet.
Whitaker dachte zudem auf CNN laut darüber nach, wie man Muellers Ermittlung ein Ende setzen könnte. Er brachte ein Szenario ins Spiel, in dem Trump einen kommissarischen Justizminister ernennt, der das Budget des Sonderermittlers so zusammenstreicht, dass die Untersuchung zum Erliegen kommt. Als er das sagte, arbeitete er noch nicht für die Regierung. Erst zwei Monate später wurde er Sessions’ Stabschef.
Was macht der Kongress?
Wie sich Whitaker nun verhalten wird, ist unklar. Auch steht noch nicht fest, wie lange er das Ministerium überhaupt leiten wird. Trump hat angekündigt, den eigentlichen Nachfolger für Sessions „zu einem späteren Zeitpunkt“ bekanntgeben zu wollen. „Das ist ein Frontalangriff auf die Mueller-Untersuchung“, schrieb die Rechtsexpertin Susan Hennessey vom renommierten Brookings-Institut auf Twitter. Trump habe eine Gelegenheit gesehen und sie genutzt. Nun sei die Frage, ob der Kongress etwas unternehme.
Trumps Beraterin Kellyanne Conway verneinte am Donnerstag, dass es bei dem Wechsel um einen Befreiungsschlag in den Russland-Ermittlungen geht. Die Untersuchung von Sonderermittler Mueller gehe weiter, beteuerte sie. Die Beziehung zwischen Trump und Sessions sei schwierig gewesen. Der Abgang des Justizministers habe sich schon lange angedeutet, sagte sie.
Stellvertreter Rosenstein übergangen
Üblicherweise rückt bei einer Entlassung oder einem Rücktritt der Stellvertreter vorübergehend auf den Posten des Ministers auf. Rosenstein, der bisher die Aufsicht über die Ermittlungen hatte, war bei Trump ebenfalls zwischenzeitlich in Ungnade. Er sagte in einer Anhörung vor dem Senat, dass man einen Sonderermittler nicht ohne triftigen Grund feuern könne und dass er einen solchen Grund nicht gegeben sieht. Vor wenigen Wochen hieß es bereits, Rosenstein sei ebenfalls gefeuert, Trump dementierte das dann.
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Scharfe Kritik von Demokraten
Bei den Demokraten – allerdings auch bei einigen Republikanern – schrillen die Alarmglocken: „Niemand steht über dem Gesetz“, sagte der demokratische Senator Mark Warner. Jeder Versuch, sich in die Arbeit des Sonderermittlers einzumischen, wäre ein „grober Machtmissbrauch des Präsidenten“.
Die Nummer zwei der Partei im Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, betonte: Der US-Kongress müsse parteiübergreifend handeln, um Muellers Ermittlungen zu schützen. Der demokratische Abgeordnete Jerry Nadler sprach von einem „gefährlichen Moment für das Land“. Der Anführer der oppositionellen Demokraten im Senat, Chuck Schumer, rief Whitaker dazu auf, sich nicht in Muellers Ermittlungen einzumischen.
Auch bei den Republikanern regt sich erster Unmut: Der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat und neu gewählte Senator Mitt Romney warnte vor einer Einmischung in Muellers Arbeit. Die Untersuchung müsse „ungehindert“ zu Ende geführt werden, sagte der Politiker, der ein scharfer Kritiker Trumps ist.
„Ich könnte alle sofort feuern“
Am Mittwoch – kurz vor der Entlassung von Sessions – versicherte Trump noch, die Russland-Ermittlungen würden nicht gestoppt. „Ich könnte alle sofort feuern“, sagte er bei seiner Pressekonferenz zum Ausgang der Kongresswahl über das Team von Mueller. Er wolle die Ermittlungen aber nicht beenden, weil er das aus „politischen“ Gründen nicht gut finde. Er mache sich wegen der Untersuchung keinerlei Sorgen, „weil sie ein Schwindel ist“, sagte Trump. „Es gibt keine Absprachen.“
Die Untersuchungen des Sonderermittlers haben bisher zu Anklagen gegen vier frühere Trump-Mitarbeiter geführt, darunter gegen seinen ehemaligen Wahlkampfchef Paul Manafort und seinen kurzzeitigen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn.