Rainer Wimmer und Karl Dürtscher
APA/Herbert Neubauer
Metaller-KV

Warnstreiks ab Montag

Es hat sich bereits abgezeichnet: Ab Montag kommender Woche wird es Warnstreiks rund um den Metaller-KV geben. In den 1.200 Unternehmen der Metalltechnischen Industrie (FMMI) mit gut 130.000 Mitarbeitern werden dazu die zuletzt nur unterbrochenen Betriebsversammlungen wieder aufgenommen, hieß es Donnerstagnacht.

Genauer in die Karten, in welchen Unternehmen wann die Arbeit niedergelegt wird, wollten sich die Gewerkschaftsverhandler unter der Führung von Rainer Wimmer (Pro-Ge) und Karl Dürtscher (GPA-djp) aber nicht schauen lassen. APA-Informationen zufolge sollen sich die Warnstreiks in den FMMI-Betrieben zumindest bis Mittwoch hinziehen.

In den anderen fünf Teil-KV-Verhandlungen der Metaller mit rund 60.000 Mitarbeitern geht es unterdessen weiter. Hier sind laut Arbeitgeberseite für Montag, Dienstag und Mittwoch Gesprächsrunden angesetzt. Man werde gemeinsam den Druck erhöhen, so Wimmer und Dürtscher. „Wir werden den gemeinsamen KV (für alle Metaller der verschiedenen Unterbranchen mit insgesamt gut 190.000 Mitarbeitern, Anm.) mit ganzer Kraft verteidigen“, sagte Wimmer.

„Ein bisschen verarscht“

Man fühle sich von den Arbeitgebern, deren Vorgangsweise „absurd“ sei, auch „ein bisschen verarscht“, so die Gewerkschafter. Schon Erreichtes sei von den Arbeitgebern am Abend wieder „über den Haufen geworfen“ worden. Zu guter Letzt habe man noch telefonisch ein Angebot erhalten, das man einfach nicht ernst nehmen könne. Im Ö1-Morgenjournal sagte Wimmer am Freitag: „Wir sehen, dass die Arbeitgeber versuchen, uns zu spalten und auseinanderzutreiben. Das wird ihnen nicht gelingen.“

Insgesamt sechs KVs

Seit einigen Jahren werden die sechs Metaller-KVs einzeln verhandelt. Am Ergebnis orientierten sie sich bisher aber stets – bis auf minimale Details – gänzlich am Abschluss der Metalltechnischen Industrie.

Die Arbeitgeberseite zeigte sich vom Gesprächsabbruch ihrerseits „völlig überrascht“. Man habe ein „faires“ Angebot mit 2,7 Prozent Lohn-/Gehaltszuwachs vorgelegt. Samt Zugeständnissen im Rahmenrecht „wäre das Gesamtangebot bei mehr als drei Prozent gelegen“, so FMMI-Chefverhandler Christian Knill. Er glaubt, dass viele Arbeitnehmer mit dem Angebot zufrieden wären. Die Warnstreiks habe er aber ohnedies erwartet, sie seien vorgeplant gewesen.

Sollte es keine neuen Gespräche und stattdessen Kampfmaßnahmen der Gewerkschaften geben, überlegt der Fachverband den Mitgliedsbetrieben zu empfehlen, freiwillige Erhöhungen der Löhne und Gehälter in der Höhe von 2,7 Prozent rückwirkend per Anfang November durchzuführen, hieß es in einer Aussendung. Es werde heuer „in jedem Fall“ eine „faire“ Erhöhung mit Reallohngewinn geben, so der Fachverband.

Grafik zu Streiks in Österreich seit 1945
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/ÖGB

Ton deutlich verschärft

Das Gesprächsklima hatte sich schon im Vorfeld der Verhandlungsrunde, die Donnerstagmittag begann, deutlich verschlechtert. Die Arbeitergeberseite warf den Gewerkschaftern die Verbreitung von Halbwahrheiten und Verdrehungen vor. Bereits zuvor verkündete Knill, dass es nur dann zu einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen kommen könne, wenn sich die Gewerkschaft bewege.

Sollte das nicht passieren, würde man Kampfmaßnahmen vonseiten der Beschäftigten in Kauf nehmen. Die zurzeit heftig diskutierte Novelle des Arbeitszeitgesetzes hat Knill zufolge keinen unmittelbaren Einfluss auf „diesen“ KV, daher könne es auch keinerlei Gegenleistungen – wie von der Gewerkschaft gefordert – geben. Der neue KV sollte bereits ab 1. November gelten.

Grünes Licht vom ÖGB für Streiks

Die Gewerkschaften hatten sich ihrerseits vom Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB) im Vorfeld das Okay für Streiks geholt. „Wenn es notwendig ist, werden wir zur Durchsetzung eines raschen und den ausgezeichneten wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Abschlusses gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen ergreifen“, so der Wortlaut der Resolution, die in den Betriebsversammlungen beschlossenen wurde. Insgesamt fanden österreichweit bis Donnerstag 350 Betriebsversammlungen statt – etwa bei BMW, Magna, MAN, Rosenbauer, Bosch und Teilen der voest.

Grafik zu Metaller-Lohnabschlüssen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Statistik Austria

Die Arbeitnehmer fordern ein Lohn-/Gehaltsplus von fünf Prozent oder mindestens 100 Euro mehr. Zudem werden umfangreiche Kompensationen für die neuen Arbeitszeitregeln wie langer Kündigungsschutz und hohe Zuschläge gefordert. Beides lehnten die Arbeitgebervertreter bis zuletzt vehement als „übertriebenes Forderungspaket“ ab. Die Arbeitgebervertreter wollen einen neuen KV für Arbeiter und Angestellte gemeinsam einleiten. Zudem wollen sie einen längerfristigen Abschluss – das wurde wiederum von den Gewerkschaftern ausgeschlossen.

Höhere Zuschläge für längere Arbeitszeiten

Auch die Arbeitszeitforderungen der Gewerkschaften wie zum Beispiel höhere Zuschläge und bezahlte Pausen bei langen Arbeitszeiten sowie ein Kündigungsschutz für jene, die Arbeitszeiten von täglich zwölf Stunden oder 60 Stunden pro Woche ablehnen, sind nach wie vor aufrecht. Im Vorjahr einigten sich die Sozialpartner auf drei Prozent mehr Lohn und Gehalt. Die Lehrlingsentschädigungen und Zulagen wurden ebenso um drei Prozent angehoben. Der Mindestlohn bzw. das Mindestgrundgehalt beträgt daher derzeit 1.848 Euro. Im Gegenzug wurde die Zeitkontovereinbarung verlängert.

Die KV-Verhandlungen der Metaller werden Jahr für Jahr zum Kräftemessen der Sozialpartner. Die Sozialpartnerschaft, die über lange Zeit international hoch gelobt worden ist, gerät in den vergangenen Jahren verstärkt unter Druck. Nach den Metallern, die zumeist den weiteren Kurs vorgeben, folgen traditionellerweise die Verhandlungen über die KV-Erhöhungen für die rund 500.000 Beschäftigten im Handel – doch auch hier gab es in der Runde am Donnerstag keinerlei Annäherung.

Gespräche zu Handels-KV „im Kreis gedreht“

Die Gespräche rund um den Handels-KV hätten sich „den ganzen Tag im Kreis gedreht“, sagte nach der Verhandlung Anita Palkovich, Chefverhandlerin der Arbeitnehmer. Peter Buchmüller, Chefverhandler der Arbeitgeber, stellte eine „eisige Stimmung“ fest. Die Gewerkschaft wird in den nächsten beiden Wochen in allen Bundesländern Betriebsrätekonferenzen abhalten, kündigte Palkovich an.

Am 20. November wird allerdings weiterverhandelt, und auch ein vierter Termin ist bereits vereinbart. Diese Termine „sollten wir als Sozialpartner im Handel auch noch gut nutzen“, so Palkovich. Es gibt noch keine Forderung der Arbeitnehmer, um wie viel die Gehälter steigen sollen. Palkovich begründete das damit, dass die Arbeitgeber zu den anderen, nicht auf das Geld bezogenen Wünschen „keine substanzielle Angebote“ gemacht hätten. Vorhandenen Vorschlägen fehle es an Verbindlichkeit und einer „ernsthaften Auseinandersetzung“, etwa zum schnelleren Erreichen einer sechsten Urlaubswoche.

Arbeitgeber „schwer irritiert“

Buchmüller zeigte sich „schwer irritiert“, dass es noch keine prozentuelle Forderung gibt. Er sieht von Arbeitgeberseite bei einigen nicht tarifären Punkten Gesprächsbereitschaft, insbesondere bei der Anrechnung von Karenzzeiten, der Bildungskarenz und der Viertagewoche. Die Arbeitgeber fordern, dass auch über ihre Forderungen wie eine längere Durchrechnungszeit gesprochen wird.

Der Zwölfstundentag steht bei den Gesprächen nicht im Zentrum, allerdings „poppt“ das Thema „immer wieder auf“, so Buchmüller. Er selbst ist offenbar kein Fan davon und wäre bereit, selber in Betriebe zu fahren, falls dort die Freiwilligkeit der Arbeitnehmer nicht respektiert werde. „Im Grunde wollen wir gar nicht, dass Mitarbeiter zwölf Stunden arbeiten, weil dann die Konzentration nachlässt“, so Buchmüller.