Horst Seehofer
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Nach großem Druck

Seehofer kündigt Rücktritte an

Auch wenn das bayrische Kabinett erst am Montag vereidigt werden soll, ist Horst Seehofers Zukunft bereits geklärt. Knapp einen Monat nach der schweren CSU-Pleite bei der Landtagswahl und unter großem Druck der eigenen Parteibasis kündigte der CSU-Chef am Sonntag seinen Rücktritt an. Außerdem will er sein Amt als Innenminister abgeben – jedenfalls noch vor Ende der laufenden Legislaturperiode.

Eine entsprechende persönliche Erklärung gab Seehofer am Montag bei einem Besuch in Bautzen ab. Nach eigenen Worten hat er nicht vor, das Amt des Innenministers aufzugeben. „Ich bin Bundesinnenminister und werde das Amt weiter ausüben“, sagte er. Das Amt des CSU-Vorsitzenden werde er aber niederlegen.

Seehofer hatte am Sonntag mit der engsten CSU-Führung über seine persönliche Zukunft beraten. Im Anschluss hieß es von Teilnehmern, er wolle zu Jahresbeginn als CSU-Chef und Innenminister abtreten.

„Jahr der Erneuerung“

Es könnte im Jänner oder Februar einen Sonderparteitag mit einer Neuwahl des CSU-Vorsitzenden geben. Einen konkreten Zeitpunkt, an dem er das Ministeramt abgeben will, ließ Seehofer noch offen. „2019 wird das Jahr der Erneuerung für die CSU“, sagte Seehofer laut Teilnehmenden.

Der 69-Jährige gibt damit den Weg für die Wahl eines Nachfolgers als CSU-Vorsitzender an einem Sonderparteitag Anfang des kommenden Jahres frei, wie die dpa übereinstimmend aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Als mit Abstand aussichtsreichster Nachfolgekandidat für den CSU-Chefposten gilt inzwischen der alte und neue bayrische Ministerpräsident Markus Söder. Der 51-Jährige würde Seehofer dann schon zum zweiten Mal beerben, nachdem er im März den Posten des Regierungschefs in dem deutschen Bundesland von ihm übernommen hatte.

Rücktritt erwartet

Mit einem Rücktritt Seehofers als CSU-Chef wurde in den vergangenen Wochen zunehmend gerechnet. Als vorrangig galt zunächst die Bildung einer Regierung in Bayern, wo die CSU nach dem Verlust der absoluten Mehrheit nun auf einen Koalitionspartner angewiesen ist.

Der Koalitionsvertrag mit den Freien Wählern ist unterschrieben, Söder als Ministerpräsident wiedergewählt und vereidigt. Am Montag soll noch das Kabinett benannt werden. Seehofer kündigte in der Sitzung an, sich nach der Vereidigung „im Laufe der Woche“ konkret zu seiner Zukunft erklären zu wollen. Zuvor ließ CSU-Europapolitiker Manfred Weber im deutschen Fernsehen offen, ob er gegebenenfalls Seehofer nachfolgen möchte. „Wir haben einen amtierenden Parteivorsitzenden“, antwortete er auf eine entsprechende Frage in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“.

Weber sprach aber davon, dass Seehofer „in der nächsten Woche“ seine Position öffentlich darlegen werde, wie es nach den Stimmeinbußen von über zehn Prozentpunkten bei der bayrischen Landtagswahl mit der CSU inhaltlich und personell weitergehen soll. „Dann werden wir weitersehen“, sagte Weber, der gerade zum Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl gewählt wurde.

Absturz der CSU

Die CSU war bei der Landtagswahl am 14. Oktober auf nur noch 37,2 Prozent abgestürzt. Weite Teile der Partei machen dafür vor allem Seehofer verantwortlich. Angekreidet werden ihm ein übermäßig harter Kurs gegenüber Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die Hauptverantwortung für zwei Regierungskrisen, sein „Rücktritt vom Rücktritt“ im Streit über die Flüchtlingspolitik im vergangenen Sommer und der Fall des inzwischen abgelösten Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen.

Markus Söder
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Söder gilt als vielversprechender Nachfolgekandidat für den CSU-Chefposten

Schon nach der CSU-Pleite bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr hatte sich Seehofer nur deshalb als Parteichef halten können, weil er nach langen Querelen bereit war, das Ministerpräsidentenamt an Söder abzugeben. Auch damals handelte Seehofer aber letztlich nur unter großem internen Druck, insbesondere der CSU-Landtagsfraktion.

Parallel zur Regierungsbildung war der parteiinterne Druck auf Seehofer immer stärker geworden. Immer mehr Bezirks- und Kreisverbände, immer mehr Abgeordnete und Landräte wandten sich zuletzt von ihm ab und forderten – einmal mehr, einmal weniger direkt – Seehofers Rücktritt und einen Sonderparteitag mit Neuwahlen. Befeuert und beschleunigt wurde die Debatte durch die Ankündigung Merkels, den CDU-Vorsitz im Dezember abzugeben.